Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zerbrochene Kette - 6

Die Zerbrochene Kette - 6

Titel: Die Zerbrochene Kette - 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
Vom Netzwerk:
Söldnerin oder Leibwache.« Unbehaglich verlagerte Jaelle ihr Gewicht. »Ich erinnere mich an fast gar nichts mehr, seit du mir die Jacke aufgeschnitten hast.«
»Ich werde es dir erzählen, nachdem ich deine Wunde versorgt habe«, versprach Magda. Jaelles Fieber war so hoch gewesen, daß Magda eine Infektion befürchtete. Wenigstens hatte die Wunde nicht nachgeblutet, aber ihre Ränder sahen scheußlich aus. Vergiftet? Jaelle sagte: »Ich habe Karalla-Puder in meinen Satteltaschen; er verhindert, daß die Wunde sich vorzeitig schließt, wenn noch Eiter darunter sitzt.« Nach ihren Anweisungen bestäubte Magda die Wunde mit dem grauen Zeug, bevor sie sie frisch verband. Jaelle war blaß und erschöpft, doch geistig klar. Sie aß mit Magdas Hilfe etwas von der Trockenfleischsuppe und trank noch einmal Tee.
»Du hast sie beide getötet? Das überrascht mich!« »Mich hat es auch überrascht«, gestand Magda. Jaelle betastete schon wieder den Verband auf ihrem Gesicht. »Ich bin keine von denen, die ihre Narben zur Schau stellen und stolz darauf sind, doch vielleicht muß ich so tun, als sei ich es. Besser narbenbedeckt als tot – oder blind! Camilla hat mir einmal erzählt, manche Männer fänden Messernarben bei einer Frau unwiderstehlich.« Müde ließ sie sich gegen die zusammengerollte Satteltasche unter ihrem Kopf sinken. »An der Wunde bin ich selbst schuld, wirklich. Gwennis und sogar die alte Camilla hätten beide zurückgeschlagen, ohne einen Kratzer abzubekommen.«
Sie schloß die Augen und schlief wieder ein. Den ganzen Tag wurde sie nicht mehr richtig wach, aber das Fie ber kehrte nicht zurück. Magda hatte wenig zu tun, nachdem sie sich um die Tiere gekümmert hatte. Sie dachte daran, die toten Räuber zu begraben. Das war je doch eine Arbeit, die weit über ihre Kraft ging. Immer blieb sie in Jaelles Nähe, falls das verwundete Mädchen etwas brauchte. Der Verband auf Jaelles Gesicht bekümmerte Magda sehr. Sie war schön! In der Terranischen Zone könnte man sie operieren; hier wird sie diese gräßliche Narbe vermutlich bis zu ihrem Tod tragen müssen.
Von neuem kam ihr der Gedanke, daß sie nun, wo Jaelle auf dem Weg der Besserung war, fortgehen könne, ohne den Tod des Mädchens auf ihr Gewissen zu laden. Doch mittlerweile war das eine ganz abstrakte Überle gung geworden.
Am nächsten Tag konnte Jaelle aufstehen und ein bißchen umhergehen. Vorsichtig bewegte sie ihren Arm. Sie fluchte über die Schmerzen, aber sie bewegte ihn trotzdem. »Ich will nicht, daß die Muskeln steif werden und der Arm seine Kraft verliert«, antwortete sie gereizt auf Magdas Warnung, die Wunde könne aufreißen. »Ich weiß schon, was ich tue.« Jetzt, da ihr Bewußtsein nicht länger durch Schock und Erschöpfung getrübt war, spürte sie große Schmerzen, und das machte sie nervös und unruhig. Am späten Nachmittag erwachte Magda aus einem kurzen Schlaf und überraschte Jaelle dabei, daß sie sie anstarrte, als versuche sie, sich an etwas zu erinnern. Fällt ihr wieder ein, daß sie glaubte, ich würde sie töten? Mit Entsetzen dachte Magda an den Augenblick zurück, als sie vor der am Boden liegenden Jaelle gestanden hatte, selbst noch nicht sicher, was sie beabsichtigte. Jaelle war so still gewesen wie ein verwundetes Tier, das den Todesstreich des Jägers erwartet…
Schließlich sagte Jaelle leise: »Ich hatte nicht damit gerechnet, daß du bei mir bleiben würdest, Margali. Ich weiß, du hast unseren Eid unwillig geleistet. Es ist üblich, daß Eidesmutter und Eidestochter Geschenke austauschen. Du hast mir mein Leben geschenkt.«
»Nicht doch!« Magda ertrug es nicht, an ihre Unschlüssigkeit erinnert zu werden. Sie stand auf, verließ die Hütte und blickte zu den niedrigen grauen Wolken empor, die schwer von Schnee waren. Mittwinter war nur noch ein paar Tage entfernt, und dann würde Peter Haldane das Opfer der Fehde zwischen Rumal di Scarp und dem Ardais-Clan werden und einen schrecklichen Tod erleiden. Magda lehnte sich an die Außenwand der Hütte und überließ sich hilflosem, verzweifeltem Weinen.
Nach langer Zeit spürte sie eine leichte Berührung an ihrem Arm. Jaelle stand da, sehr blaß und besorgt.
»Ist er dir so teuer – der Verwandte, den du auslösen wolltest?«
Magda, die um Beherrschung rang, konnte nur den Kopf schütteln und sagen: »Es ist nicht alle in das.«
»Dann erzähle mir, was es ist, meine Schwester.« Jaelle nahm Magdas Hand. »Bleib nicht hier draußen in der Kälte.«
Mehr

Weitere Kostenlose Bücher