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Die Zerbrochene Kette - 6

Die Zerbrochene Kette - 6

Titel: Die Zerbrochene Kette - 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Jaelles wegen, die mit ihrer unverheilten Wunde erst recht nicht in der Kälte bleiben durfte, ließ Magda sich ins Innere führen. Jaelle stolperte und fiel schwer gegen sie. Magda fing sie auf und half ihr auf eine der Steinbänke.
»Nun erzähle es mir, Schwester.«
Magda wehrte traurig ab: »Ich habe dir alles erzählt.«
»Aber diesmal«, drängte Jaelle, »wirst du die Wahrheit sagen, nicht wahr? Ich verstehe dich nicht, Margali. Als du den Eid ablegtest, hast du gelogen und auch wie der nicht gelogen. Du sagtest die Wahrheit; du sagtest die Unwahrheit. Sogar dein Name – es ist dein Name; du hast einen anderen Namen. Erzähle es mir.« Magda ließ sich überrumpeln. »Woher weißt du das?« »Ich bin als Comyn-Tochter geboren«, erwiderte Jaelle, »ich habe etwas Laran.« So wie Jaelle es benutzte, kannte Magda das Wort nicht; für gewöhnlich bedeutete es Gabe oder Talent. »Ich bin nicht darin ausgebildet worden, mein Laran richtig anzuwenden. Lady Rohana – sie ist mit meiner Mutter verwandt – hätte mich gern zur Ausbildung in einen Turm geschickt. Aber ich wollte nicht zu diesen Leuten. Deshalb ist meine Gabe erratisch. Ich kann sie nicht benutzen, wenn ich gern möchte, und dann wieder drängt sie sich mir gegen meinen Willen auf. So war es, als du den Eid sprachst. Ich spürte in meinem Inneren, daß du nach zwei verschiedenen Richtungen gezerrt wurdest und große Angst hattest… so viel Angst war nicht notwendig. Und auch jetzt kann ich deine Gedanken lesen, wenn auch nur undeutlich, Margali – falls das dein Name ist. Du bist durch deinen Eid gebunden, ich aber auch. Ich bin verpflichtet, dich nie mals zu verletzen oder zu verraten. Erzähle es mir, meine Schwester!«
Magda sagte müde: »Ich bin in Caer Donn geboren. Mein wirklicher Name – der Name, den meine Eltern mir gaben – ist Magdalen Lorne, aber die darkovanischen Kinder, mit denen ich spielte, konnten diesen Namen nicht aussprechen. Sie nannten mich Margali, und das ist ebenso mein Name wie der andere.«
»Die… die darkovanischen Kinder?« flüsterte Jaelle, und ihre Augen wurden groß und beinahe ängstlich. »Was bist du dann?«
»Ich bin… ich bin…« Magda blieben die Worte in der Kehle stecken. Dies war eine Grundregel: Du darfst einem Außenseiter niemals sagen, wer du bist. Niemals. Jaelle ist kein Außenseiter. Sie ist meine geschworene Schwester. Plötzlich war kein Konflikt mehr vorhanden. Der Klumpen in Magdas Kehle löste sich auf, und ihr war, als hole sie zum erstenmal, seit sie vor einigen Nächten diese Unterkunft betreten hatte, wieder frei Atem. Sie berichtete, ohne zu stocken: »Meine Mutter und mein Vater waren Terraner, Bürger des Imperiums. Ich bin Darkovanerin, geboren in Caer Donn, aber ich bin Agentin des Nachrichtendienstes und Linguistik-Expertin für das Imperium, und ich arbeite von Thendara aus.« Langsam nickte Jaelle. »Also das ist es«, bemerkte sie endlich. »Ich habe einiges über die Terraner gehört. Eine von uns aus dem Gildenhaus in Thendara, eine emmasca, die sich als Mann ausgeben kann – das können sie alle, aber viele von ihnen wollen nicht –, mischte sich unter die Arbeiter, die den Raumhafen bauen, und sie hat uns von deinem Volk erzählt. Ich wußte nicht, daß die Terraner, außer ihrer Gestalt nach, menschlich sind.«
Magda lächelte über diese Art, es auszudrücken. »Die Aufzeichnungen des Imperiums sagen, daß Darkovaner und Terraner in ferner Vergangenheit ein und derselben Rasse angehörten.«
»Weiß Lady Rohana, daß du Terranan bist?« »Ja – sie hat mich im Raumhafen kennengelernt.« »Das erklärt, warum du dich an sie wenden mußtest«, dachte Jaelle laut. »Ist dein Verwandter ebenfalls Terraner?«
»Ja, aber Rumal di Scarp nahm ihn gefangen, weil er zufällig Ähnlichkeit mit Lady Rohanas Sohn hat.«
»Er sieht aus wie Kyril? Das macht ihn mir nicht gerade sympathisch«, meinte Jaelle. »Ich liebe Rohana sehr, Kyril dagegen – nun, das ist jetzt Nebensache. Du liebst diesen Mann so sehr? Ist er dein Liebhaber?«
Magda antwortete langsam: »Nein, obwohl wir für einige Zeit…« – sie zögerte, benutzte das darkovanische Wort – »… Freipartner waren. Aber es ist mehr als das. Wir waren wie Kinder zueinander, und er hat sonst nie manden. Für meine Vorgesetzten in Thendara ist er… ersetzbar. Deshalb übernahm ich die Aufgabe, ihn vor Tod und Folter zu retten.«
Jaelle biß sich stirnrunzelnd auf die Lippe; die Finger zupften an dem Verband ihrer Wange.

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