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Die Zerbrochene Kette - 6

Die Zerbrochene Kette - 6

Titel: Die Zerbrochene Kette - 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Comyn-Söhne nach Nevarsin ins Kloster geschickt, um dort Lesen und Schreiben zu lernen und etwas über unsere Geschichte zu hören. Er ist Rohanas Pflegesohn; ich habe ihn, seit er drei Jahre alt war, nur ein einziges Mal gesehen.«
Interesse vortäuschend, erkundigte Magda sich nach der Art der Mission.
»Die Mönche in Nevarsin bewahren Aufzeichnungen von vielem Wissen, das anderswo seit dem Zeitalter des Chaos verlorengegangen ist. Frauen wollen sie nicht unterrichten, und es ist uns nicht einmal erlaubt, im Gästehaus zu wohnen, aber es steht uns frei, ihre Bibliothek zu benutzen. Unsere besten Schreiberinnen kopieren Stückchen für Stückchen die Bücher über Anatomie und Chirurgie sowie die über Geburtshilfe und Frauenkrankheiten – Bücher, bei denen man glauben sollte, sie würden sie uns gern schenken, weil die Mönche doch keine Verwendung dafür haben. Es dürfen immer nur zwei Schreiberinnen gleichzeitig dort sein. Rayna und Sherna werden zwei Frauen ablösen, die ein halbes Jahr dort waren. Gwennis soll für sie im Dorf den Haushalt führen, und Camilla wird die anderen heimbegleiten.«
Magda spielte mit einem Napf Pulverbrei herum. Sie war neugierig, stellte jedoch keine Fragen mehr. Es ging ihr gegen den Strich, einer Frau, die sie vielleicht umbringen mußte, Freundschaft vorzuheucheln.
Bald darauf ritten die anderen Frauen weg und ließen Magda und Jaelle allein zurück. Als sie die Pferde sattelten, entdeckte Jaelle, daß ihres ein loses Hufeisen hatte.
»Wenn ich das nur gemerkt hätte, bevor Gwennis fortritt«, sagte sie. »Sie ist zwar keine Schmiedin, aber ich habe schon gesehen, daß sie Notreparaturen ausgeführt hat. Nun, dann müssen wir eben im nächsten Dorf anhalten. Sieh dir das an!« Sie reichte das Hufeisen Magda, die dastand und es auf der Hand wog, während Jaelle sich bückte, um den Huf des Pferdes zu untersuchen.
Jetzt könnte ich sie bewußtlos schlagen und fliehen…
Sie wartete zu lange. Jaelle drehte sich um, streckte die Hand nach dem Hufeisen aus und ließ es in ihre Satteltasche fallen.
Es war ein heller, fast wolkenloser Morgen, und es wehte ein scharfer, kalter Wind. Jaelle sog prüfend die Luft ein und wollte, gerade in den Sattel steigen – da hörte Magda wildes Gebrüll. Zwei Männer stürmten mit gezückten Messern aus dem Wald auf sie los. Magda erkannte zwei der Räuber von heute nacht, den schwarzhaarigen Anführer und den großen Mann mit dem Schnauzbart, den Jaelle verwundet hatte. Magda schrie eine Warnung; Jaelle, schon halb im Sattel, fuhr herum. Dann kämpfte sie mit dem Pferd als Rückendeckung. Die beiden Männer verbargen sie beinahe vor Magdas Augen. Magda dachte: Lauf! Fliehe jetzt, sie ersparen dir die Mühe, sie zu töten…
Doch schon hatte sie ihr eigenes Messer gezogen und rannte hinüber. Der Schwarzhaarige drehte sich um. Sein Messer riß Magda den Arm auf. Der Schmerz brannte wie Feuer. Sie stieß ihm ihr eigenes Messer tief in die Brust, fühlte, wie es von einem Knochen abglitt. Der Räuber fiel stöhnend zu Boden. Jaelle kämpfte noch mit dem anderen. Magda sah, daß sie eine lange, blutende Wunde auf der Wange hatte. Dann schrie Jaelle in Todesangst auf, als sich das Messer des Räubers auf ihre Brust niedersenkte. Sie fiel, und in diesem Augenblick stieß Magda ihr Messer dem Mann in den Rücken.
Mit einem harten Pfeifen entwich die Luft aus Lungen, die schon nicht mehr atmeten. Langsam, mit einem Gefühl von Übelkeit zog Magda das Messer aus der Leiche.
Seitdem Training vor zehn Jahren habe ich nie mehr gegen irgendwen gekämpft. Jetzt habe ich einen Mann getötet und einen zweiten verwundet. Jaelle lag bewußtlos im Schnee, beinahe unter der Leiche des Schnauzbartes. Ist sie tot? Der Gedanke brachte Magda keine Erleichterung, sondern furchtbaren Schmerz. Sie hat letzte Nacht für mich gekämpft. Und ich hätte sie verraten…
Jaelle regte sich, und Magda erkannte, daß Jaelles Leben immer noch zwischen ihr und ihrer Mission stand.
Sie hielt das blutige Messer in der Hand, mit dem sie den
Räuber getötet hatte. Jaelles Blick wanderte zu dem
Messer hin. Sie lag still und sah ohne ein Wort zu Magda
auf. Plötzlich wurde Magda klar, daß sie niemanden kalten Blutes töten konnte, und vor allem konnte sie diese
Frau nicht töten, die verwundet und hilflos im Schnee zu
ihren Füßen lag.
Welchen Wert hat Peters Leben, wenn ich es mit dem
Tod eines anderen Menschen erkaufe? Ich will ihn durch
eine ehrliche Tat retten, wenn ich kann,

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