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Die Zerbrochene Kette - 6

Die Zerbrochene Kette - 6

Titel: Die Zerbrochene Kette - 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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zu berühren – eine intime Geste, die nur einem Liebhaber erlaubt war. Magda war es peinlich. Leise bat sie: »Nicht, Piedro.« Sie benutzte absichtlich seinen darkovanischen Namen, um ihn daran zu erinnern, wo sie sich befanden. Doch das rief genau die entgegengesetzte Wirkung hervor; es stellte die alte Intimität wieder her.
Er sagte: »Margali« und sprach ihren darkovanischen Namen wie ein Kosewort aus. Magda merkte, daß Jaelles Blick auf ihnen ruhte, und ließ seine Hand fallen, als habe sie sie verbrannt. So betraten sie die Große Halle Seite an Seite, aber nicht zusammen.
Das Mittwinterfeuer brannte in dem großen Kamin, und Dom Gabriel, Herr von Ardais, stand davor. Er war ein großer, soldatischer Mann mit ergrauendem rötlichem Haar, in Grün und Scharlach gekleidet. Jaelle verbeugte sich förmlich vor ihm; er umarmte sie kurz als Verwandte und berührte ihre Wange mit seinen Lippen.
»Ich freue mich, daß es dir gut genug geht, um dich uns anzuschließen, Jaelle. Ein gutes Jahr und viel Glück.«
»Ich danke dir für deine Gastfreundlichkeit, Onkel, in meinem und meiner Freunde Namen«, erwiderte Jaelle und ging weiter, um sich herzlich von Rohana drücken zu lassen und ihre Cousins und ihre Cousine zu begrüßen. Magda und Peter standen vor dem Ardais-Lord; er beugte sich über Magdas Hand und begegnete ihrem Blick mit einem verwirrten, freundlichen Lächeln. Magda fiel ein, was Jaelle gesagt hatte: »Er wird alles freundlich behandeln, was zu Rohana gehört – Schoßhunde, Freie Amazonen und sogar Terraner…!« Sie meinte, Jaelle habe ihn ungerecht beurteilt. Schon dem Druck seiner Hand war anzumerken, daß er ein anständiger und guter Mann war, wenn auch den Vorurteilen seiner Kaste etwas zu stark verhaftet und ohne viel Phantasie. Jedenfalls, wenn Rohana ihn liebte und ihm gehorchte, mußte er mehr gute Eigenschaften haben, als Jaelle in ihm sah.
»Willkommen, mestra, als Freundin meiner Verwandten. Einen angenehmen Festtag und ein glückliches Jahr.«
Magda erinnerte sich an die Neujahrsgrüße ihrer Kindheit in Caer Donn und antwortete: »Mein Jahr wird erhellt sein durch die Erinnerung an Eure Gastfreundschaft. Möge das Feuer Eures Herdes niemals kalt werden, Lord Ardais.« Die Verwirrung in seinen Augen wuchs. Offenbar weiß er, daß wir Terraner sind. Überrascht es ihn, daß wir uns mit normaler Höflichkeit benehmen können? Sie fragte sich, ob der Herr von Ardais wirklich glaubte, eine Rasse, die fähig war, ein galaxisweites Imperium zu schaffen, bestehe aus lauter unwissenden Flegeln ohne Sinn für gute Manieren…
Lady Alida, die an einem der langen Tische saß, hob den Kopf, sah Magda an und winkte. Magda fiel nichts ein, wie sie die Einladung auf höfliche Weise ablehnen konnte. Die Comyn-Dame trug ein Festgewand aus hellem Blau; ihr rotgoldenes Haar war tief im Nacken aufgesteckt. Sie bat Magda durch eine Handbewegung, sich neben sie zu setzen, und wieder fühlte Magda das Prikkeln einer »Ahnung«. Alida war eine Comyn-Dame, eine Leronis und mit Psi-Kraft begabt. Die Spur davon, die Jaelle besaß, hatte Magda entlarvt. Wie brachte sie es fertig, sich nicht zu verraten?
Eine Zeitlang beanspruchten die Delikatessen auf dem Tisch die Aufmerksamkeit aller: eine klare Suppe, in der goldene Stücke köstlicher Pilze schwammen, kleine warme Vorspeisen der verschiedensten Art, Gewürzbrot in allen möglichen ornamentalen Formen, vergoldet und dekoriert. Aber als sie abgeräumt wurden und die Diener – sie trugen ihre Feiertagskleidung und nahmen an dem Festschmaus teil – die Hauptgänge hereinbrachten, wandte Alida sich Magda zu. »Solange Eure geschworene Schwester krank war und Eure Fürsorge brauchte, wollte ich Euch nicht von ihrer Seite wegrufen, mestra. Nun geht es ihr jedoch wieder gut.« Sie sah zu Jaelle hin, die lachend zwischen Peter und ihrem Cousin saß und sie offensichtlich wegen ihrer Ähnlichkeit neckte. »Ich möchte gern ein Wort mit Euch reden. Seid Ihr niemals auf Laran getestet worden, Margali?«
»Nein. Nie.«
»Aber bestimmt wart Ihr Euch Eures angeborenen Talents bewußt, nicht wahr?«
»Nein«, antwortete Magda wiederum. Die hohe blasse Stirn der Dame furchte sich leicht.
»Aber bestimmt… wie Ihr wißt, erwacht die Gabe normalerweise in der Pubertät. Hattet Ihr keine Ahnung von Eurem Talent? Oder wurdet Ihr so früh unter die Freien Amazonen gesteckt, daß Ihr keinen Test verlangt habt?«
Das wäre ein guter Ausweg gewesen, nur konnte die Lüge zu leicht

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