Die zerbrochene Krone
sich die anderen beiden oder eine der überlebenden Frauen aufhielten. Moraine hatte auch Lanfear getötet oder sie hatten einander getötet, aber alle anderen Frauen lebten noch, soweit jedermann wußte, Vergiß die Frauen. Es mußte ein Mann gewesen sein. Wer? Es waren schon vor langer Zeit Pläne für den Fall geschmiedet worden, daß einer der Verlorenen das Lager angriffe. Keine der hiesigen Schwestern konnte allein einem der Verlorenen trotzen, aber es war eine andere Sache, wenn sie sich zu Kreisen zusammenschlossen. Jeder Verlorene, der ihr Lager betrat, würde rings um sich herum Kreise entstehen sehen. Oder sie. Wenn sie erkannten, wer derjenige war. Die Verlorenen zeigten aus irgendeinem Grund keinerlei Anzeichen von Alterung. Vielleicht hing es mit der Verbindung mit dem Dunklen König zusammen...
Es war verwirrend. Sie mußte anfangen, klar zu denken. »Chesa?«
»...ausseht, als sollte Euer Kopf massiert werden, damit die Schmerzen vergehen, ist was ... ist was... Ja, Mutter?«
»Sucht Siuan und Leane. Sagt ihnen, sie sollen zu mir kommen. Aber niemand darf es erfahren.«
Chesa vollführte grinsend einen Hofknicks und hastete hinaus. Sie konnte es kaum vermeiden, die Strömungen um Egwene zu bemerken, aber sie empfand all diese Verschwörungen und Pläne als Spaß. Nicht daß sie eingeweiht gewesen wäre. Egwene zweifelte nicht an ihrer Treue, aber Chesas Ansicht über das, was aufregend war, könnte sich vielleicht ändern, wenn sie die Tiefen jener wirbelnden Strömungen kennenlernen würde.
Egwene entzündete mit Hilfe der Macht die Öllampen im Zelt, blies die Laterne aus und stellte sie vorsichtig in eine Ecke. Vielleicht mußte sie klar denken, aber sie fühlte sich, als stolpere sie in Dunkelheit umher.
KAPITEL 9
Zwei Silberhechte
Egwene saß in ihrem Sessel, einer der wenigen richtigen Sessel im Lager mit ein wenig einfacher Schnitzerei, ausreichend geräumig und bequem, daß sie nur geringe Schuld deswegen empfand, dafür wertvollen Wagenplatz zu opfern. Sie saß da und versuchte, ihre Gedanken zu sammeln, als Siuan den Zelteingang beiseite schob und das Zelt geduckt betrat. Siuan war nicht glücklich.
»Warum, im Licht, seid Ihr davongelaufen?« Ihre Stimme hatte sich nicht verändert wie ihr Gesichtsausdruck, und sie schalt üblicherweise auch mit den Besten, selbst wenn dies in respektvollem Tonfall geschah. In mühsam respektvoll gehaltenem Tonfall. »Sheriam hat mich wie eine Fliege beiseite gefegt.« Der überraschend zarte Mund verzog sich verbittert. »Sie war fast genauso schnell fort wie Ihr. Habt Ihr nicht bemerkt, daß sie sich Euch ausgeliefert hat? Gewiß tut sie das. Sie, und Anaiya und Morvrin und sie alle.«
Bei ihren letzten Worten betrat Leane das Zelt. Eine große, gertenschlanke Frau, deren kupferfarbenes Gesicht genauso jugendlich wirkte wie das Siuans, die aber in Wahrheit ebenfalls alt genug war, Egwenes Mutter sein zu können. Leane warf einen Blick zu Siuan und hob dann die Hände, soweit das Zeltdach es zuließ. »Mutter, dies ist ein törichtes Risiko.« Ihre dunklen Augen verloren ihre Verträumtheit und blitzten auf, aber ihre Stimme klang träge, selbst wenn sie verärgert war. Sie hatte nur einmal munter geklungen. »Wenn jemand Siuan und mich so zusammen sieht...«
»Es kümmert mich nicht, wenn das ganze Lager erfährt daß Eure Zankerei Schwindel ist«, unterbrach Egwene sie scharf, während sie eine schwache Barriere gegen Lauscher um sie drei wob. Mit der Zeit könnte sie durchdrungen werden, aber nicht, ohne daß es bemerkt würde, nicht solange sie das Gewebe festhielt, anstatt es abzubinden.
Sie sorgte sich, und vielleicht hätte sie nicht beide herbeirufen sollen, aber ihr erster halbwegs zusammenhängender Gedanke war gewesen, die beiden Schwestern zu rufen, denen sie vertrauen konnte. Niemand im Lager vermutete etwas. Jedermann wußte, daß die frühere Amyrlin und ihre ehemalige Behüterin einander genauso sehr verabscheuten, wie Siuan es verabscheute, ihre Nachfolgerin unterweisen zu müssen. Sollte irgendeine Schwester die Wahrheit aufdecken, könnte es sehr wohl geschehen, daß sie lange Zeit Buße tun müßten, und keine leichte Buße - Aes Sedai mochten es noch weniger als andere Menschen, zum Narren gehalten zu werden; sogar Könige hatten dafür bezahlen müssen -, aber derweil schlug sich ihre vorgebliche Feindseligkeit in einem gewissen Einfluß auf die anderen Schwestern, einschließlich der Sitzenden, nieder. Wenn sie beide das
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