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Die zerbrochene Krone

Die zerbrochene Krone

Titel: Die zerbrochene Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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gleiche sagten, mußte es stimmen. Ein weiterer sehr nützlicher Nebeneffekt des Gedämpftseins, einer, von dem niemand sonst wußte, war der, daß die Drei Eide sie nicht mehr hielten. Sie konnten jetzt ungehindert lügen.
    Arglist und Täuschung überall. Das Lager war wie ein stinkender Sumpf, in dem im Nebel unbemerkt seltsame Gewächse gediehen. Vielleicht war es überall so, wo sich Aes Sedai zusammenschlossen. Nach dreitausend Jahren Intrigen, wie notwendig auch immer sie gewesen sein mochten, war es kaum verwunderlich, daß das Ränkeschmieden zur zweiten Natur der meisten Schwestern geworden und für die anderen kaum erwähnenswert war. Wahrhaft schrecklich war, daß sie allmählich Spaß an all diesen Intrigen fanden. Nicht zu ihrem eigenen Nutzen, aber als Geduldspiel. Sie wollte lieber nicht wissen, was das über sie besagte. Nun, sie war eine Aes Sedai, was auch immer die anderen dachten, und sie mußte das Schlechte daran genauso hinnehmen wie das Gute.
    »Moghedien ist entkommen«, fuhr sie ohne innezuhalten fort. »Ein Mann hat ihr das A'dam abgenommen. Ein Mann, der die Macht lenken kann. Ich denke, einer von ihnen hat die Halskette entfernt. Ich habe es in ihrem Zelt nicht mehr gesehen. Vielleicht könnten wir es mit Hilfe des Armbands finden, aber wenn nicht, weiß ich nicht weiter.«
    Das nahm ihnen alle Kraft. Leanes Beine gaben nach, und sie sank auf den Stuhl, den Chesa manchmal benutzte. Siuan ließ sich langsam auf dem Bett nieder, den Rücken sehr gerade gehalten, die Hände regungslos auf den Knien. Egwene bemerkte unpassenderweise, daß kleine blaue Blumen in tairenischem Muster um den Saum ihres Gewandes gestickt waren. Weitere Stickereien zogen sich adrett über das Oberteil. Wenn man es auf eine Weise betrachtete, bedeutete es sicherlich nur eine kleine Veränderung, daß sie neuerdings auf ihr Äußeres achtete und ihre Kleidung nicht nur passend, sondern auch hübsch sein sollte - sie verfiel niemals in Extreme -, aber auf andere Weise besehen, wirkte es genauso drastisch wie ihr veränderter Gesichtsausdruck. Und rätselhaft. Siuan ärgerte sich über die Veränderungen und widerstand ihnen. Bis auf diese.
    Leane hieß die Veränderungen nach wahrer Aes-Sedai-Art willkommen. Da sie wieder jung zu sein schien - Egwene hatte eine Gelbe verwundert ausrufen hören, daß beide absolut in gebärfähigem Alter zu sein schienen -, hätte sie genausogut niemals die Behüterin der Chronik sein und niemals ein anderes Gesicht bekommen können. Die reine Vorstellung des Praktischen und Wirkungsvollen wurde zum Ideal einer trägen und verlockenden Domanifrau. Sogar ihr Reitgewand war im Stil ihres Geburtslandes geschnitten, obwohl der fast durchsichtig scheinende, hellgrüne Seidenstoff für die Reise auf staubigen Straßen sehr unpraktisch war. Als man ihr sagte, daß das Dämpfen alle Bindungen und Verbindungen zunichte gemacht hatte, wählte Leane über eine Rückkehr zur Blauen Ajah die Grüne Ajah. Normalerweise wechselte man die Ajahs nicht, aber es war auch noch niemals zuvor jemand gedämpft und dann wieder Geheilt worden. Siuan war sofort in die Blaue Ajah zurückgekehrt und hatte über die unsinnige Notwendigkeit gemurrt, ›um die Aufnahme flehen und bitten zu müssen‹, wie es formell hieß.
    »Oh, Licht!« keuchte Leane, während sie sich erheblich weniger anmutig als üblich auf einen Stuhl sinken ließ. »Wir hätten sie gleich am ersten Tag ihrer Verurteilung zuführen sollen. Nichts, was wir von ihr erfahren haben, ist es wert, sie wieder auf die Welt loszulassen. Nichts!« Ihre Worte verdeutlichten ihr Entsetzen, da sie sonst nicht das Offensichtliche feststellte. Ihr Verstand war nicht träge geworden, wie auch immer ihr äußerliches Benehmen wirkte. Domani-Frauen wirkten vielleicht nach außen hin träge und verführerisch, aber sie waren noch immer überall als die härtesten Händler bekannt.
    »Blut und verdammte...! Wir hätten sie bewachen lassen sollen«, grollte Siuan.
    Egwene wölbte die Augenbrauen. Siuan mußte genauso erschüttert sein wie Leane. »Durch wen, Siuan? Durch Faolain? Durch Theodrin? Sie wissen nicht einmal, daß ihr beide zu meiner Gemeinschaft gehört.« Eine Gemeinschaft? Fünf Frauen. Und Faolain und Theodrin waren wohl kaum eifrige Anhängerinnen - besonders Faolain nicht. Nynaeve und Elayne gehörten natürlich auch dazu, und sicherlich auch Birgitte, auch wenn sie keine Aes Sedai war, aber sie waren weit fort. List und Geschicklichkeit waren

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