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Die zerbrochene Krone

Die zerbrochene Krone

Titel: Die zerbrochene Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Mutter, wenn Ihr verzeiht - in Lord Brynes Lager ist ein Mann... Wer hat schließlich schon einmal von einem Grünen ohne auch nur einen einzigen Behüter gehört?« Da sie plötzlich schneller sprach, hätte man glauben können, sie wollte zu einem Geliebten. Wenn Egwene bedachte, was sie über Grüne gehört hatte, bestand vielleicht gar kein solch großer Unterschied.
    Bei den Zelten war inzwischen auch das letzte Feuer mit Erde erstickt worden. Niemand riskierte einen Flächenbrand, wenn das Land zundertrocken war. Einige wenige Rauchfäden stiegen im Mondlicht träge von Stellen auf, wo nicht genug Erde aufgehäuft worden war. In einem Zelt murmelte ein Mann im Schlaf etwas, und hier und dort drang ein Husten oder Schnarchen hervor, aber ansonsten lag das Lager still und ruhig da. Egwene war überrascht, als jemand aus den Schatten vor ihr heraustrat, besonders da es jemand mit dem einfachen weißen Gewand einer Novizin war.
    »Mutter, ich muß mit Euch sprechen.«
    »Nicola?« Egwene hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, sich Namen und Gesichter aller Novizinnen einzuprägen, was keine einfache Aufgabe war, wenn man bedachte, daß Schwestern die ganze Heerstraße entlang nach Mädchen und jungen Frauen suchten, die lernen konnten. Obwohl die aktive Suche schlecht angesehen war - der Brauch forderte, daß das Mädchen fragen mußte oder daß man wartete, bis sie zur Burg kam -, wurden im Lager jetzt zehnmal so viele Novizinnen ausgebildet, wie die Weiße Burg in Jahren aufgenommen hatte. Nicola war jedoch eine derjenigen, an die man sich erinnern mußte, auch weil Egwene häufig genug bemerkt hatte, daß die junge Frau sie ansah. »Tiana wäre nicht erfreut, wenn sie Euch so spät noch wach fände.« Tiana Noselle war die Herrin der Novizinnen und gleichermaßen für eine tröstliche Schulter, wenn eine Novizin Kummer hatte, wie für eine unnachgiebige Haltung bekannt wenn es um Regeln ging.
    Die andere Frau regte sich, als wollte sie davoneilen, richtete sich aber dann gerade auf. Schweiß glänzte auf ihren Wangen. In der Dunkelheit war es kühler, als es am Tage gewesen war, aber niemand würde es als kühl bezeichnen, und der einfache Trick, Hitze oder Kälte zu ignorieren, wurde erst gelehrt, wenn man die Stola trug. »Ich weiß, daß ich zuerst Tiana Sedai hätte bitten sollen, Euch aufsuchen zu dürfen, Mutter, aber sie hätte niemals zugelassen, daß sich eine Novizin dem Amyrlin-Sitz nähert.«
    »Worüber wollt Ihr mit mir sprechen, Kind?« fragte Egwene. Die Frau war mindestens sechs oder sieben Jahre älter als sie, aber dies war die angemessene Anrede für eine Novizin.
    Nicola machte sich an ihrem Rock zu schaffen und trat dann näher. Große Augen begegneten Egwenes Blick vielleicht offener, als es bei einer Novizin hätte der Fall sein sollen. »Mutter, ich möchte so viel wie möglich lernen.« Sie zupfte an ihrem Gewand, aber ihre Stimme klang kühl und beherrscht und einer Aes Sedai angemessen. »Ich möchte nicht behaupten, sie hielten mich zurück, aber ich bin sicher, daß ich stärker werden kann, als sie sagen. Ich weiß einfach, daß ich es kann. Ihr wurdet niemals zurückgehalten, Mutter. Niemand hat jemals so schnell soviel Kraft erlangt wie Ihr. Ich möchte nur die gleiche Chance erhalten.«
    Eine Bewegung in den Schatten hinter Nicola erwies sich als eine weitere Frau mit verschwitztem Gesicht, in einem Kurzmantel und weiter Hose und mit einem Bogen. Ihr Haar hing ihr, mit sechs Bändern zum Zopf geflochten, bis auf die Taille herab, und sie trug Stiefel mit hohen Absätzen.
    Nicola Baumhügel und Areina Nermasiv bildeten ein merkwürdiges Freundespaar. Wie viele der älteren Novizinnen - es wurden jetzt auch Frauen geprüft, die fast zehn Jahre älter waren als Egwene, obwohl viele Schwestern murrten, sie seien zehn Jahre zu alt, um die Disziplin der Novizin zu erlernen -, wie viele jener älteren Frauen war Nicola, allen Berichten nach, begierig darauf zu lernen, und sie besaß ein Potential, das unter den lebenden Aes Sedai nur von dem Nynaeves, Elaynes und Egwenes selbst übertroffen wurde. Tatsächlich machte Nicola offensichtlich große Fortschritte, häufig in dem Umfang, daß ihre Lehrer sie zurückhalten mußten. Einige behaupteten, sie hätte begonnen, Gewebe aufzunehmen, als kenne sie sie bereits. Nicht nur das, sie zeigte bereits zwei Talente, obwohl die Fähigkeit, Ta'veren zu ›sehen‹ geringer war, während das Haupttalent, das Vorhersagen, sich auf eine Art zeigte,

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