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Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Titel: Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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aus.
    »Flieg, Allon!«, keuchte Taramis, als ihm sein Bewusstsein entschwand. »Flieg zu Shúria!«

Epilog
    D as Gasthaus zum mageren Drachen war gerammelt voll. Der Wirt verdankte dem Aufstand der Tiere das beste Geschäft der Saison. Auf der Flucht vor den vermeintlich tollwütigen Bestien hatten die Menschen in hellen Scharen bei ihm Schutz gesucht. Seitdem spülten sie sich die Angst aus dem Leib.
    Kaum jemand beachtete den Mann im Pilgerhemd, der gerade die Tür der Schankstube aufgestoßen hatte. Er hielt einen langen, lederumhüllten Stab in der Hand, war von oben bis unten staubbedeckt und wirkte auch sonst ziemlich mitgenommen. Nur wer genau hinsah, wunderte sich vielleicht, warum sein Gewand trotz der Schmutzschicht im einfallenden Abendlicht so seltsam schillerte. Dass er wankte, so als habe er bereits gehörig einen über den Durst getrunken, war hier eher die Regel als die Ausnahme. Er reckte den Hals, als suche er irgendjemanden – eine rührend hilflose Geste. Plötzlich hallte ein Schrei durch die Stube.
    »Taramis!« Es war eine dunkelhaarige, auffallend schöne Frau, ziemlich weit hinten im Raum, die im Kreis anderer Gefährten schon seit einer ganzen Weile auf einem Stuhl gestanden hatte – auch dies war im Mageren Drachen ein durchaus alltäglicher Anblick. Ein etwa zehnjähriger Junge stimmte mit lautem »Papa! Papa!« in ihr Gekreische ein.
    Der Pilger reckte seinen Stab in die Höhe, winkte damit und brüllte: »Shúria!«
    »Das ist der schwarze Reiter«, rief plötzlich jemand.
    Taramis erstarrte. Ist das jetzt gut oder schlecht?
    Um es kurz zu machen: Es war gut.
    Die Nachricht von einem Retter auf einem fliegenden Rappen hatte sich wie ein Lauffeuer in der Stadt ausgebreitet, noch bevor der Staub des eingestürzten Dagontempels ganz zu Boden gesunken war. Taramis hinkte – in des Wortes eigenem Sinn – der frohen Botschaft etwas hinterher, weil er nach seiner Landung wie tot vom Ippo gerutscht war, sich dabei das Knie angestoßen hatte und infolge einer etwa halbstündigen Ohnmacht ins Hintertreffen geraten war. Der Vorgang hatte sich im Garten eines noblen Stadthauses abgespielt, in dem der vom Himmel gefallene Reiter zunächst für alle Wiederbelebungsversuche unerreichbar geblieben war, da sein knurrender Rappe niemanden an ihn heranließ. Erst durch kunstgerechtes Verspritzen von Wasser über eine größere Entfernung war es dem Gärtner der Herrschaften gelungen, den Toten ins Leben zurückzurufen. So bekam der Auferweckungstag für diese Hausgemeinschaft eine völlig neue Bedeutung.
    Im Schankraum des Mageren Drachen begrüßte man den Retter von Komana mit frenetischem Jubel. Shúrias anhaltendes Schreien schuf dem Helden eine Gasse, durch die er seinen Lieben entgegenwanken konnte. Als sich Vater, Mutter und Sohn in die Arme fielen, schloss sich der Korridor sofort wieder und es wurde weitergejubelt.
    Seine Gefährten hatten es weniger leicht, sich zu der wiedervereinten Familie durchzukämpfen. Jagur bewährte sich dabei als »Gassenhauer«: Unterhalb des Blickhorizonts der dicht gedrängten Gäste verteilte er Tritte gegen Schienbeine und Kniekehlen, die sich als wirkungsvolles Räumungsmittel bewährten. Bald konnten auch der Kirrie, Ischáh, ihre Schwester Siath, Keter, Reibun, Selvya und ihr zukünftiger Gemahl Peridas den Freund begrüßen.
    Der junge Leibgardist schlug vor, doch am besten in sein Haus umzuziehen. Dort sei man hinreichend sicher, falls mit den Rebellen bei der Machtübernahme die Pferde durchgingen.
    Wenig später saßen die Gefährten bei erlesenem Wein und köstlichen Speisen im begrünten Innenhof eines ruhigen Stadthauses. Peridas lebte in gut situierten Verhältnissen, und so mangelte es ihm nicht an Platz. Aller Augen hingen an Taramis’ Lippen. Rechts hielt er Shúria im Arm und links Ari, während er von seinem Kampf gegen Gaal berichtete. Anschließend erzählten Ischáh und die anderen, wie es ihnen ergangen war.
    Die Freude über das alles in allem doch noch gute Ende blieb indes verhalten. Jeder litt unter den Verlusten der letzten Tage und Wochen, entweder, weil er unmittelbar betroffen war oder aus Mitgefühl für die Freunde. Shúria trauerte um ihren Vater, Ischáh um ihren Zoldan sowie drei ihrer Männer und Ari um den schneeweißen Obin. Was aus den übrigen Tieren des Gehöfts geworden war, wusste niemand.
    Im Verlauf des Abends – Ari war schon eingeschlafen und die anderen sprachen gerade über die Zukunft – lehnte sich Shúria

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