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Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Titel: Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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für seine Treue gegenüber Shúria keine Gefahr dar. Reizte ein Mann seine Liebste etwa zur Eifersucht, nur weil er das Spiegelbild des Sternenhimmels in einem kühlen Bergsee bewunderte?
    Sicher fühlt Bohan ähnlich, dachte Taramis, als der Schatten des Recken neben ihm erschien. Er blickte nach links.
    Bohan grinste.
    Taramis zuckte mit den Schultern. Was ist?
    Der Donnerreiter deutete mit dem Kopf vielsagend in Richtung Ischáh. Sein Grinsen zog sich bizarr in die Breite. Sie gefällt dir, oder?
    Der Stabträger schnaubte unwillig.
    Ischáh hatte gerade ihre Hand auf das Treppengeländer gelegt und drehte sich zu ihnen um. »Habt Ihr etwas gesagt, Herr Taramis?«
    »Ich … äh … nein, nein.« Er hüstelte. »Die Luft hier ist so staubig.«
    Sie nickte, wandte sich wieder den Stufen zu und stieg leichtfüßig ins nächste Stockwerk hinauf.
    Taramis und Bohan folgten ihr.
    Die obere Etage war eher ein Arbeits- und Wohnzimmer als ein Warenspeicher. Zwar standen auch hier einige Kisten und Truhen an den Wänden, doch sie teilten sich den Platz mit Regalen, zwei Betten, einem Tisch, mehreren Stühlen und einem Kamin.
    »Früher wohnten Zoldan und ich im Kontor«, erklärte Ischáh. Sie öffnete einen Spaltbreit die Flügel eines Fensterladens. Ein schmaler Streifen Sonnenlicht fiel in die Kammer. Draußen sah man die Stadtmauer. Die Ganesin spähte kurz hinaus und wandte sich dann wieder ihren Gästen zu. »Jetzt ist es nicht mehr ganz so dunkel. Bitte macht es Euch bequem.«
    »Euer Mann hieß also Zoldan?«, sagte Taramis, während er den Gurt ablegte, an dem ein passables, gut austariertes Langschwert hing. Seine zwei Kampfgenossen hatten ihn dazu genötigt, es einem der Mordbuben im Hof des Goldenen Salamanders abzunehmen. In hinreichendem Abstand zu den beiden setzte er sich auf einen Hocker. Er hoffte, Ischáh werde noch etwas mehr von sich preisgeben. Sie hatte ihm einen Donnerkeil in Aussicht gestellt. Das waren schnelle und ausdauernde Tiere, wie geschaffen für die Suche nach Shúria und Ari. Doch durfte er sich ihr überhaupt anvertrauen? Und schwerer noch als sie war für ihn der Donnerreiter einzuschätzen.
    Bohan ließ sich auf einen Stuhl fallen, der unter seinem Gewicht verdächtig ächzte.
    »Wir hatten einen halben Tagesritt außerhalb der Stadt eine Wollmauszucht«, antwortete Ischáh. Sie trat zu einem Regal und entnahm ihm verschiedene Gegenstände.
    »Woll-maus-?«, wiederholte Bohan stirnrunzelnd, ohne das ihm offenbar fremde Wort ganz über die Lippen zu bringen. »Seit wann kann man Mäuse scheren? Ihr macht gewiss einen Scherz.«
    »Keineswegs, mein Herr. Unsere kleinen Nager sind äußerst ergiebige Wolllieferanten – gemessen an ihrer geringen Größe.« Mit einer Flasche und sauberen Leinentüchern begab sich Ischáh wieder zum Tisch und schnappte sich ihren Hocker.
    »Das ist ja verrückt!«
    »Sie ist Ganesin«, warf Taramis ein. Jetzt glaubte er zu wissen, was er unten im Lager gerochen hatte: Wollmausfell. Als er die junge Witwe mit einem Mal auf sich zukommen sah, versteifte er sich. Was hatte sie vor …?
    Sie stellte ihren Hocker vor dem seinen ab und nahm breitbeinig darauf Platz. Die mitgebrachten Leinentücher ließ sie in ihren weiten Rock fallen und zog den Korken aus der Flasche. Wahrscheinlich sah sie im Blick ihres Gegenübers die Panik lodern, denn sie erklärte in dem beruhigend-nüchternen Tonfall einer Heilerin: »Entspannt Euch, Herr Taramis. Ich will mir nur Eure Lippe ansehen. Beugt Euch ein wenig zu mir vor und haltet still. Dies hier ist Weinessig – zur Reinigung der Wunde. Sollte ich nähen müssen, sage ich Euch vorher Bescheid.«
    Sein Herz pochte wild. Nicht der Schmerz von Nadelstichen schreckte ihn, zumal es schien, als habe Ischáh dergleichen schon öfter getan. Es war einmal mehr ihre Nähe, die ihn nervös machte. Als sie sich zu ihm vorbeugte, fiel sein Blick ohne sein Zutun nach unten, auf ihre festen …
    »Seht Ihr mir in den Ausschnitt, Herr Taramis?«
    »Ich … äh … nein! Das würde ich niemals tun. Ich bin verheiratet.«
    »Das hält verhinderte Lüstlinge gewöhnlich nicht davon zurück, mit den Augen zu naschen.«
    »Ich bin aber gar kein … verhinderter Lüstling! «, verteidigte er sich mit hinreichend glaubhafter Entrüstung. War er denn daran schuld, wenn sie ihm ständig auf die Pelle rückte? Tat sie das mit Absicht? Ihre unbefangene Natürlichkeit sprach eher für das Gegenteil. Sie ist gerade erst Witwe geworden,

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