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Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Titel: Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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hatte man von einer ungepflasterten Gasse aus. Sie war so schmal, dass ein normal gewachsener Mensch sie mit abgespreizten Armen nicht durchschreiten konnte. Die Ganesin hatte ihre zwei Begleiter auf verschlungenen Wegen dorthin geführt. Niemand war ihnen gefolgt, keiner hatte sie beachtet – so hoffte Taramis wenigstens.
    Sein Ippo fühlte sich erkennbar unwohl zwischen den eng stehenden Häusern. Als Ischáh endlich vor einem Türbogen stehen blieb, scharrte es unruhig mit den Vordertatzen und stupste seinem Herrn in den Rücken, als wolle es ihn zum Weitergehen nötigen. Taramis tätschelte Allons Hals und fragte sich, was sie wohl hinter der eisenbeschlagenen Tür erwartete.
    »Zur eigenen Sicherheit habe ich nach der Ermordung meines Mannes sofort das Schild entfernt«, erklärte Ischáh. Ihr war sein suchender Blick also nicht entgangen. Sie lehnte ihren Bogen an den Türpfosten und begann an einem Stein in der Hauswand zu ruckeln, bis sie ihn ganz herausziehen konnte. Dahinter hatte sie einen schweren Eisenschlüssel versteckt, den sie nun aus dem Loch nahm, ehe sie es wieder sorgfältig mit dem Ziegel verschloss. Danach öffnete sie die Tür und deutete in das dunkle Innere des Gebäudes. »Nehmt Euer Zweihorn mit hinein. Drinnen ist genug Platz.«
    »Mir wäre lieber, Ihr ginget voran«, sagte Taramis. Er spürte, wie sich Allon innerlich gegen die Finsternis des Hauses sträubte, eine Abneigung, die er nach den jüngsten Erlebnissen gut nachempfinden konnte.
    Ischáh kräuselte die Lippen. »Weder bin ich Kulkan, noch will ich Euch in eine Falle locken. Aber meinetwegen.« Sie trat durch die Tür, hängte Pfeilköcher und Bogen an ein Hakenbrett zur Rechten und klatschte in die Hände. Über ihren Handflächen erschien eine orangerote Flamme, nur wenig größer als die einer Kerze. Seltsamerweise schien ihr die Hitze nichts anzuhaben.
    Taramis zupfte sacht an dem Seelenband, das sich seit der letzten Nacht zwischen ihm und Allon entspann. Noch war es ein zartes Gebilde, doch es gelang ihm dennoch, dem Hengst die Angst zu nehmen. Gemeinsam betraten sie das Haus.
    Bohan folgte ihnen. Seine graublauen Augen waren auf Ischáhs Hände gerichtet, die aneinandergelegt eine Schale formten, über der die Flammenzunge tanzte. »Ihr seid eine Feuerbändigerin«, sagte er. Seine Bemerkung ließ nicht erkennen, ob sie als Frage oder Feststellung gemeint war.
    »Eher ein Feuermädchen, das mit Flämmchen spielt und sich doch nie die Finger verbrennt«, antwortete sie bescheiden. Während sie sprach, griff sie nach einer tönernen Lampe, die auf einer Kiste stand, und steckte das Öl darin in Brand. Danach legte sie die Hände wie zwei Muschelschalen aneinander und löschte so das eigene Licht.
    Die Luft im Kontor war trocken. Es roch nach Staub, Kräutern und etwas Fremdem, das Taramis nicht eindeutig bestimmen konnte. Er nahm eine leicht ölige Note wahr, wie sie gelegentlich von Wolle verströmt wurde. Neugierig sah er sich um.
    Der Raum maß etwa sechs mal zehn Schritte und in der Höhe anderthalb Mannlängen. An der Decke zogen sich schwarzbraune Balken entlang. Der Fußboden war mit breiten Bohlen ausgelegt. Darauf standen ungefähr vier Dutzend in Sacktuch verschnürte Ballen, dazu noch zahlreiche Kisten und Fässer. An der gegenüberliegenden Wand führte eine hölzerne Treppe in das Obergeschoss.
    »Gehen wir hinauf. Dort haben wir auch mehr Licht«, schlug Ischáh vor.
    Taramis deutete auf sein Ippo. »Ich möchte Allon ungern allein im Dunkeln zurücklassen. Er hat wahrscheinlich nie zuvor ein Dach über dem Kopf gehabt.«
    Die Ganesin trat zu dem Hengst, legte ihm ihre Hand zwischen die Hörner und schloss die Augen. Führte sie ein stilles Zwiegespräch mit ihm? Jedenfalls beruhigte sich der geflügelte Schatten merklich.
    »Jetzt wird Euer Freund unbeschwert auf uns warten«, erklärte sie kurz darauf und schenkte Taramis ein bezauberndes Lächeln. Ehe ihm die Berührung ihrer Blicke neues Unbehagen bereiten konnte, machte sie sich mit ihrer Lampe an die Durchquerung des Lagers.
    Er lief hinterher. Erst nach einigen Schritten wurde ihm bewusst, dass er sie dabei unentwegt anstarrte. Obwohl ihn die Angehörigen des Gartenvolkes auf der Heiligen Insel schon manches Mal zum Staunen gebracht hatten, faszinierte ihn diese außergewöhnliche Frau. Sie erschien ihm wie die Verkörperung der ganesischen Naturverbundenheit. Damit bekam ihre Anmut und Schönheit in seinen Augen etwas Reines. Nein, Ischáh stellte

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