Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer
vergegenwärtigte er sich, und denkt wahrscheinlich nicht darüber nach, welche Wirkung sie auf das andere Geschlecht hat. Zumal auf eine so verkorkste Seele wie dich. Er widerstand dem Drang aufzuspringen und vor ihr zu fliehen und murmelte lediglich ein »Tut mir leid«.
Während sie schmunzelnd die Wunde zu reinigen begann, knüpfte sie an das vorherige Gespräch an. »Mein Mann ist zwar auf Barnea geboren, doch seine Mutter gehörte wie ich dem Gartenvolk an. Es liegt uns im Blut, alle Gaben der Natur dankbar anzunehmen.«
Bohan schnaubte. »Ihr meint, sie auszubeuten.«
Sie drehte sich zu ihm um und ihr Ton kühlte spürbar ab. »Ihr solltet lieber nicht von Euch auf andere schließen.«
»Auf meinem Gut gab’s auch Wollmäuse«, erwähnte Taramis, um das Gespräch wieder in geordnetere Bahnen zu lenken.
Ihr eisiger Blick wandte sich ihm zu und taute merklich auf. »Denkt Ihr, es wäre Euch möglich, für einen Moment den Mund zu halten? Das würde mir die Arbeit erleichtern.«
»Entschuldigt.«
Sie fuhr mit dem Reinigen der Wunde fort. »Die flauschigen Tierchen sind bisher übrigens kaum in Gefangenschaft gehalten und noch nie gezüchtet worden. Mein Mann und ich haben herausgefunden, was sie brauchen, um zufrieden zu sein und ihren Schatz mit uns zu teilen. Die Wolle der Mäuse ist leichter und weicher als die irgendeines anderen Geschöpfs. Trotzdem hält sie schön warm und schützt bei Wind und Regen.«
»Klingt nach einem gewinnbringenden Geschäft …«
»Still jetzt!«, sagte sie streng, lächelte aber gleich wieder und nickte. »Das war es. Wir haben sogar die Kirries beliefert. König Jarmuth hat uns als Zeichen seiner Wertschätzung das Ei eines Donnerkeils geschenkt. Inzwischen ist das Tier fast ausgewachsen. Zoldan und ich hatten auf der Geflügelten Streitaxt mit unserer Mannschaft kürzlich die erste Lieferung überbracht.«
»Wollt Ihr damit sagen, Ihr kennt den Weg nach Malon?«, platzte er ungeachtet ihrer Ermahnungen heraus.
Sie lehnte sich mit einem Stöhnen zurück. »Ihr seid schlimmer als ein krankes Kind.«
»Verzeiht, aber Ihr überrascht mich immer wieder, Ischáh. Die Kirries sind Freibeuter. Ihr Überleben hängt von der Verschwiegenheit ab. Kaum jemand, der größer als fünf Fuß ist, weiß, auf welcher Bahn ihre Insel durch den Weltenozean zieht.«
»Ihr müsst deutlich mehr als sechs Fuß messen und seid ebenfalls nach Karka gelangt«, merkte Bohan an. »Stimmt es, dass Ihr dazu einen Kirrie bestochen habt?«
»Bei Bier und Wein werden viele Legenden geboren«, antwortete Taramis ausweichend. Selbst wenn die Tatsachen verdreht waren, wusste dieser geheimnisvolle Fremde doch erstaunlich viel über ihn. Es wurde allmählich Zeit, ihm auf den Zahn zu fühlen. »Da wir schon beim Gerede sind. Was ist denn dran an dieser Sache mit Ogs Spionen? Warum verfolgen sie Euch? Und aus welchem Grund sollten sie an mir interessiert sein?«
Bohan hob die Augenbrauen. »Könnt Ihr Euch das nicht denken?«
»Mir ist jetzt nicht nach Rätselspielen. Ihr wolltet ein lauschiges Plätzchen zum Reden. Hier sind wir also. Nun sprecht!«
»Man merkt Euch den Kommandanten der Tempelgarde noch an, so wie Ihr zur Sache geht«, antwortete der Donnerreiter amüsiert. Sein Blick wanderte zu dem grellen Spalt in den Fensterläden und seine Stimme bekam einen düsteren Klang. »Ihr kennt ja das Sprichwort: ›Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.‹ Auf den jungen König von Komana trifft das jedenfalls zu. Seine Mutter Lebesi soll davon geträumt haben, über die Welt zu herrschen. Ihr fetter Zögling schickt sich gerade an, den Plan zu verwirklichen. Dazu ist ihm jedes Mittel recht.«
Taramis betastete seine geschwollene Unterlippe. Der Schmerz vertrieb das Erinnerungsbild einer davontreibenden Scholle, auf der seine Frau und sein Sohn festsaßen. »Was genau meint Ihr damit?«
»Zurzeit bröckeln überall in Berith Inseln auseinander und man sagt, die Bruchstücke trieben allesamt nach Komana.«
»Das Gleiche hat Kulkan behauptet. Mir fällt es nur schwer, es auch zu glauben. Die Weisen von Luxania sagen, seit dem großen Weltenbruch sei die Scherbenwelt sehr fragil geworden. Wenn zu viele Inseln oder Schollenteile ihre angestammten Bahnen verlassen und sich irgendwo anders zusammenballen, dann muss das empfindliche Gleichgewicht früher oder später darunter leiden. Im schlimmsten Fall zerplatzt irgendwann die ganze Aura. Das wäre das Ende allen Lebens. Würde dies der König
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