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Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Titel: Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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sie auf einer dünn besiedelten Scholle nicht weit von Barnea gesammelt hatte. Die übrige Mannschaft war inzwischen ausgeschwärmt, um zu jagen und die Wasserfässer zu füllen. In den Tagen danach hatte er sich ab und zu Reibuns Harpune ausgeliehen, um ebenfalls zur Verpflegung der neuen Kameraden mit beizutragen.
    »Taramis?«
    Erschrocken fuhr er herum. In seiner Versunkenheit hatte er gar nicht bemerkt, wie die Ganesin hinter ihn getreten war. »Ischáh! Geh sofort wieder in die Kapsel, sonst erstickst du noch.«
    Sie lächelte. »Ich habe gelernt, meinen Luftvorrat einzuschätzen. Trotzdem danke ich dir, dass du so um mein Wohl besorgt bist.«
    Er wich ihrem Blick aus und starrte demonstrativ aufs Meer hinaus. Ständig brachte sie ihn in Verlegenheit. Wie schafft sie das nur? »Ich bleibe lieber noch eine Weile draußen. Hier ist der einzige Platz auf deinem Packesel, wo es mir nicht zu eng ist.«
    »Das Herzland der Kirries liegt unmittelbar vor uns. Ich möchte nicht, dass du im Freien bist, wenn uns die Nesseln der Qicks umschwirren.«
    Überrascht wandte er sich um und suchte am Horizont nach der lebendigen Wolke aus Abermillionen von Quallenwesen. Doch nirgends war eine Spur davon auszumachen. »Ich sehe keinen Schwarm.«
    »Das wird sich gleich ändern. Komm jetzt bitte. Mir wird allmählich schwummerig im Kopf.«
    »Dann geh endlich in die Luftschleuse, Ischáh!«
    »Nur, wenn du mitkommst.«
    Er stöhnte. »Also gut. Aber du gehst vor.«
    Die Ganesin lief zu der vorderen Luke. Die Kammer darunter war von der übrigen Kiemenkapsel durch ein Kristallschott abgeriegelt. So konnte man im Ätherischen Meer aussteigen, ohne jedes Mal den gesamten Luftvorrat zu verlieren. Um sich nicht zusammen mit Ischáh in die enge Schleuse zwängen zu müssen, wartete Taramis, bis sie in die Hauptkapsel gewechselt war. Danach folgte er ihr.
    Der Reiseraum war im vorderen Bereich etwa sieben Fuß breit und so niedrig, dass man unter der Kristallkuppel bestenfalls kauern konnte. Nach hinten weitete er sich dann auf immerhin vier Schritte aus und bot sogar Allon genügend Kopffreiheit zum Stehen. Für die Menschen gab es Teppiche und Lederpolster, die je nach Bedarf zum Sitzen oder Schlafen verschoben wurden. Diese Einrichtung diente weniger der Bequemlichkeit. Selbst der härteste Seebär hätte sich auf Narimoths rauer Haut binnen Kurzem wund gescheuert.
    Überhaupt war das Leben auf dem Schwaller nichts für zartbesaitete Naturen. Sogar so alltägliche Dinge wie die Verrichtung der Notdurft verlangten Überwindung. Wer sich erleichtern musste, bekam eine Sicherungsleine um den Leib geschlungen und wurde hinausgeschickt. Dann blieben ihm noch einhundert Atemzüge. Selten nutzte jemand diese Zeit ganz aus, schon weil ihm jeder durch die Kristallkuppel zusehen konnte.
    Abgesehen von der Enge richtete sich Taramis schnell auf die ungewohnte Umgebung ein. Entbehrungen waren ihm nicht fremd. Schließlich hatte er jahrelang unter Kriegern gelebt. Die Seeleute pflegten einen noch derberen Umgangston. Für ihren Humor wären sie in manchem Hafen an den Pranger gestellt worden. Umso mehr erstaunte es Taramis, wie gut sich Ischáh inmitten dieser Männerwelt behauptete. Sie genoss einen Respekt, der andernorts einer Frau kaum zugebilligt wurde und sich auch allein mit der Achtung gegenüber ihrem toten Mann nicht erklären ließ.
    Graziös setzte sich die Ganesin im Rücken ihres Steuermanns auf ein rundes Kissen. Für Taramis hatte sie den Platz dahinter freigehalten. Er zwängte sich an den beiden vorbei und sank in den Schneidersitz. Neugierig spähte er durch die kristallklare Scheibe der Kapsel in den Ozean hinaus.
    Die Dreiecksflossen Narimoths bewegten sich wie mächtige Vogelschwingen langsam auf und ab. Es schien, als nehme er direkt Kurs auf Belimáh, den luftleeren Weltraum. Die Bahn der Kirrieinsel verlief nahe der Aura, der schützenden Hülle von Berith. Nirgendwo funkelte der Sternenhimmel klarer als hier draußen am Rand der Äußeren Region. Mit einem Mal geschah etwas Merkwürdiges.
    Man hätte meinen können, das glitzernde Firmament sei nur ein Spiegelbild auf der Oberfläche eines Teiches, in den gerade ein Stein gefallen war – jäh verschoben sich die Gestirne. Nicht von ungefähr nannte man die Qicks ja auch Chamäleonquallen. Sie hatten das Gefunkel mit den Mosaiksteinen ihrer Körper zusammengesetzt, ein riesiges Trugbild zur Täuschung von Feinden und Beutetieren.
    Vor Taramis’ Augen öffnete sich ein

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