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Die Zitadelle des Autarchen

Die Zitadelle des Autarchen

Titel: Die Zitadelle des Autarchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gene Wolfe
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lichterloh, und mit dem Getöse berstender Glocken fielen von der Rückwand des Kamins verkohlte und zerschmolzene Metallbrocken ab. Ein Rinnsal flüssigen Silbers rann aus dem Kamin und versengte den Vorleger und ließ beißenden Rauch aufschießen.
    Ich steckte die Pistole in die Gürteltasche meiner neuen Gildentracht.
     

 
Wieder über den Fluß
     
    Vor Sonnenaufgang standen an meiner Tür Roche, Drotte und Eata. Drotte war der älteste von uns, obgleich sein Gesicht und seine funkelnden Augen ihn jünger als Roche erscheinen ließen. Er war immer noch der Inbegriff von Kraft, aber mir entging nicht, daß ich nun um zwei Fingerbreit größer war als er. Das war sicherlich schon so gewesen, bevor ich die Zitadelle verließ, obwohl es mir erst jetzt auffiel. Eata war nach wie vor der kleinste von uns und noch nicht einmal Geselle – schließlich war ich ja nur einen Sommer lang fort gewesen. Er war recht verdutzt und hatte Mühe zu begreifen, daß ich nun Autarch sei, zumal er mich bis jetzt, da ich abermals in Gildentracht ging, noch nicht wieder gesehen hatte.
    Ich hatte Roche gesagt, sie sollten bewaffnet kommen; er und Drotte trugen ein Schwert von ähnlicher Form wie Terminus Est (jedoch von minderer Güte) und Eata eine Keule, die ich von den Feiern zum Maskentag in Erinnerung hatte. Hätte ich nicht die Kämpfe im Norden erlebt, hätte ich sie für gut gerüstet erachtet; nun schienen mir alle drei, nicht nur Eata, wie Knäblein, die mit Stöcken und Tannenzapfen Krieg spielen. Zum letzten Mal verließen wir die Zitadelle durch die Maueröffnung und eilten über die knöchernen Pfade, die sich durch Zypressen und Gräber wanden. Die Todesrosen, die ich für Thecla nicht zu brechen gewagt hatte, zeigten noch ein paar herbstliche Blüten, und ich ertappte mich beim Gedanken an Morwenna, die einzige Frau, die durch meine Hand gestorben war, und ihre Feindin Eusebia.
    Nachdem wir das Tor der Nekropolis durchschritten und die schmutzigen Straßen der Stadt betreten hatten, wurden meine Gefährten mit einemmal unbeschwert. Ich glaube, sie haben unbewußt befürchtet, von Meister Gurloes in irgendeiner Weise bestraft zu werden, weil sie dem Autarchen behilflich gewesen seien.
    »Hoffentlich geht’s nicht zum Schwimmen an den Fluß«, sagte Drotte. »Mit diesen Säbeln würden wir glatt untergehn.«
    Roche kicherte. »Unsern Eata trägt sein Knüttel.«
    »Wir müssen ein ganzes Stück nordwärts und brauchen ein Schiff. Wenn wir am Ufer entlanggehen, werden wir uns wohl eins mieten können.«
    »Falls an uns jemand vermietet. Und falls man uns nicht festnimmt. Ihr wißt schon, Autarch …«
    »Severian«, gemahnte ich ihn. »Solange ich diese Kleider trage.«
    »… Severian, eigentlich sollen wir diese Dinger nur zum Richtblock tragen, und es wird vieler Worte bedürfen, einem Peltasten klarzumachen, warum wir gleich zu dritt anrücken müssen. Oder sehen sie dir an, wer du bist? Ich seh’s nicht …«
    Diesmal war es Eata, der ihn unterbrach, indem er zum Fluß deutete. »Seht, ein Schiff!«
    Roch brüllte, alle drei winkten, und ich hielt einen der Chrysos, die ich mir vom Kastellan geborgt hatte, in die Höhe, wobei ich ihn hin und her drehte, so daß er ordentlich in der Sonne glänzte, die schon von den Türmen hinter uns hervorlugte. Der Mann am Steuerrad schwenkte seine Mütze, und ein schlanker Jüngling, wie’s schien, sprang nach vorne, um die Breitfock zu fieren.
    Es war ein recht schnittig gebauter Zweimaster mit tiefem Freibord – ein gewiß ideales Gefährt, unversteuertes Ladegut durch die Zollkutter zu schmuggeln, die neuerdings die meinen waren. Der grauhaarige, kauzige Rudergänger erweckte den Eindruck, zu noch viel mehr fähig zu sein, und der schlanke »Jüngling« war ein Mädchen mit heiteren Augen und der besonderen Gabe, unsereins aus diesen schräg anzusehen.
    »Das kann ja heiter werden«, sagte der Rudergänger, als er unsere Tracht erblickte. »Dachte, ihr geht in Trauer, dacht’ ich, bis ihr näher wart. Augen? Noch nie was davon gehört, nicht mehr als der Rabe bei Gericht.«
    »Das sind wir«, sagte ich, als ich an Bord ging. Es bereitete mir eine gewisse alberne Freude festzustellen, daß ich die Seefestigkeit, die ich mir auf der Samru angeeignet hatte, nicht eingebüßt hatte, und zu beobachten, wie Roche und Drotte in die Schoten griffen, als der Lugger unter ihrem Gewicht schaukelte.
    »Was dagegen, daß ich mir den Goldbuben anschau’? Ob er auch was taugt. Geb’

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