Die Zitadelle des Autarchen
gegeben.«
Er senkte die Stimme, bis ich ihn kaum mehr verstehen konnte. »Würdet Ihr in meiner jetzigen Lage nicht dasselbe tun? Nun lasse ich Münzen, kleine Häufchen Aes und Orikalken, am Wasser liegen.« Er wurde wieder lauter: »Das schadet nicht und erinnert mich an die großen Zeiten. Aber ich bin ehrlich, seht Ihr! Das hat er immer von mir verlangt. Und er war auch ehrlich, auf seine Art. Doch wie dem auch sei, erinnert Ihr Euch an den Morgen, bevor wir zum Tor gekommen sind? Ich verteilte die Einkünfte aus der letzten Abendvorstellung, als wir gestört wurden. Es war eine Münze übrig, die Ihr erhalten solltet. Ich steckte sie ein, um sie Euch später zu geben, was ich aber vergaß, und als Ihr dann in der Burg auftauchtet …« Er wagte einen flüchtigen Seitenblick auf mich. »Aber ich will’s Euch nicht länger schuldig bleiben. Hier ist’s.«
Es handelte sich um die gleiche Münze, die ich unter dem Stein hervorgeholt hatte.
»Ihr versteht nun, warum ich sie nicht Eurem Diener geben konnte – sonst hätte man mich bestimmt für verrückt erklärt.«
Ich warf die Münze empor und fing sie wieder auf. Sie fühlte sich an, als wäre sie etwas eingefettet worden. »Um ehrlich zu sein, Doktor, wir tun das nicht.«
»Weil es eine falsche ist, natürlich. Darauf wies ich Euch an jenem Morgen hin. Wie hätte ich sagen können, ich sei gekommen, dem Autarchen eine Schuld zu bezahlen, um dann eine falsche Münze abzuliefern? Sie fürchten Euch sehr und hätten mir den Bauch aufgeschlitzt, um eine echte aufzustöbern! Stimmt es übrigens, daß Ihr einen Sprengstoff besitzt, der zum Explodieren Tage braucht, so daß man damit Leute langsam in Stücke reißen kann?«
Ich betrachtete die beiden Münzen. Sie hatten den gleichen bronzenen Glanz und stammten offenbar aus demselben Prägestock.
Aber dieses kurze Gespräch wurde, wie gesagt, lange nach dem eigentlichen Schluß meiner Geschichte geführt. Ich kehrte auf demselben Weg, den ich gekommen war, zu meinen Gemächern im Fahnenturm zurück und legte, nachdem ich die Tür hinter mir geschlossen hatte, den feuchten Mantel ab. Meister Gurloes sagte immer, daß man kein Hemd tragen könne, sei das Schlimmste, das man als Mitglied der Zunft auf sich nehmen müsse. Obschon er das ironisch meinte, hatte er in gewissem Sinne recht. Ich, der ich mit bloßer Brust durchs Gebirge gewandert war, war schon nach wenigen Tagen in den dicken Autarchengewändern so verweichlicht, daß ich in einer nebligen Herbstnacht fröstelte.
Es gab in allen Gemächern einen Kamin, und jeder war vollgeschichtet mit so altem und trockenem Holz, daß ich befürchtete, es würde zu Staub zerfallen, sollte ich es gegen den Kaminbock schlagen. Ich hatte hier bisher noch kein Feuer gemacht, wollte dies aber nun tun, um mich daran zu wärmen und die Kleider, die Roche mir gebracht hatte, zum Trocknen über eine Stuhllehne zu breiten. Als ich jedoch nach meiner Zunderbüchse suchte, mußte ich feststellen, daß ich sie vor Aufregung zusammen mit der Kerze im Mausoleum gelassen hatte. Da ich mir denken konnte, der Autarch, der vor mir diese Räume bewohnt hatte (ein selbst in meinen Erinnerungen längst vergessener Herrscher), müsse für seine vielen Feuer sicher irgendwo Feuerzeuge bereitliegen haben, machte ich mich daran, die Schubladen der Schränke zu durchsuchen.
Diese waren hauptsächlich mit Schriftstücken gefüllt, die mich unlängst so fasziniert hatten; aber anstatt bei ihnen zu verweilen und sie zu überfliegen, wie ich’s bei meiner ersten Inspektion der Räume getan hatte, hob ich sie nur heraus, um nachzusehen, ob darunter vielleicht Luntenzünder, Flint oder Zunderkolben verborgen wären.
Ich fand nichts; allerdings entdeckte ich in der größten Schublade des größten Kabinetts, unter einer Filigrangriffelschachtel versteckt, eine kleine Pistole.
Mir waren solche Waffen schon zu Gesicht gekommen – das erste Mal, als ich von Vodalus jene falsche Münze erhalten hatte, die ich mir soeben zurückgeholt hatte. Freilich hatte ich noch keine in der Hand gehalten, was etwas ganz anderes war, wie sich nun zeigte, als sie nur in der Hand von jemand anders zu sehen. Als Dorcas und ich nordwärts gen Thrax ritten, waren wir einmal mit einem Haufen Kesselflicker und Straßenhändler gezogen. Wir besaßen noch den Großteil des Geldes, das Dr. Talos bei unserem Zusammentreffen im Wald nördlich des Hauses Absolut verteilt hatte; aber wir waren uns nicht sicher, wie weit
Weitere Kostenlose Bücher