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Die Zuckerbäckerin

Die Zuckerbäckerin

Titel: Die Zuckerbäckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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schnauften und jammerten erschöpfte Frauen in ihrem Schlaf. Einigen von ihnen waren schon beim gemeinsamen Abendbrot die Augen zugefallen. Zu sechst lagen sie hier oben in dieser kleinen Kammer, in der es im Sommer wahrscheinlich unerträglich heiß war. Eleonore spürte, daß Sonia ebenfalls noch wach lag. Doch obwohl sie genug zu bereden gehabt hätten, schwiegen beide. Zuviel war an diesem einen Tag geschehen, als daß man es in Worte fassen konnte.
    Nach einer Weile lachte Sonia leise auf und versetzte Eleonore einen Stoß in die Seite. »So red halt was, du taube Nuß! Hat dir mein Auftritt etwa für immer die Sprache verschlagen?« Abermals lachte sie in sich hinein, ein gurrendes, zufriedenes Rollen, das tief aus ihrer Kehle kam.
    Â»Blödsinn! Ich kann unser Glück nur noch gar nicht fassen«, flüsterte Eleonore zurück.
    Â»Glück nennst du das? Pah! Daß wir heut’ nacht nicht hinter Gittern auf dem Hohenasperg sitzen, hast du nurmeinem Geschick zu verdanken und nicht irgendeinem Glück!« Eleonore spürte Sonias verächtlichen Atem im Gesicht.
    Â»Daß du uns aber auch in diese mißliche Lage gebracht hast, scheinst du wohl ganz vergessen zu haben! Wie kannst du davon Geschick reden?«
    Â»Manchmal muß man eben etwas aufs Spiel setzen, aber das scheint das Fräulein Hasenfuß nicht wahrhaben zu wollen.« Sonia klang nun richtig wohlgelaunt. »Schau uns doch an: Besser könnte es uns gar nicht gehen. Wir haben ein Dach überm Kopf, du hast endlich deine ersehnte Arbeit – obwohl das ein Umstand ist, der mir überhaupt nicht schmeckt – und zu guter Letzt: Ordentlich zu essen werden wir wohl auch bekommen.« Befriedigt dachte sie an ihr erstes Mahl in der Hofküche, das aus einem Teller dicker Fleischsuppe mit Brot aus weißem Mehl bestanden hatte.
    Darauf konnte Eleonore nichts entgegnen. Sonia hatte recht: Besser hätte es ihnen wirklich nicht ergehen können. Die Frau des Thronfolgers war auf Sonias Geschichte hereingefallen und hatte die vom Schicksal so gebeutelten Schwestern aus lauter Mitleid mitgenommen. Solch ein Glück widerfuhr einem wohl nur einmal im Leben.
    Â»In der Küche arbeiten – wo wir noch nie eine Küche von innen gesehen haben! Wer weiß, was die von uns verlangen … Wir wissen doch gar nicht, welche Geschicklichkeiten dabei gefragt sind! Und außerdem: Wenn sie doch noch herausbekommen, daß deine Geschichte nicht stimmt?«
    Â»Pah! Was du dir für Gedanken machst! Sie werden uns schon sagen, was wir tun sollen. Außerdem habe ich nicht vor, mich totzuschaffen, das kann ich dir jetzt schon sagen! Vielmehr …«
    Â»Was soll das heißen, du willst dich nicht totschaffen«, unterbrach Eleonore Sonias Redeschwall erneut. »Was hast du um Himmels willen schon wieder vor?«
    Â»Gar nichts, Schwesterlein, gar nichts. Und sei leise,sonst wacht die alte Hexe neben dir auf«, zischte Sonia zurück.
    Eleonore wußte sofort, wer gemeint war. Die Frau mit der Geldkatze. Ihren boshaften Blicken und stichelnden Bemerkungen nach zu schließen, schien sie das großmütige Herz ihrer Herrin nicht zu teilen. Jedenfalls hatte sie beim gemeinsamen Abendessen des Küchenpersonals unentwegt über die Verderbtheit der beiden Schwestern gegeifert und gezetert, bis ihnen am Ende alle am Tisch feindselige Blicke zuwarfen. Sowohl Eleonore als auch Sonia hatten ihren Redeschwall mit gesenkten Köpfen über sich ergehen lassen, doch Eleonore wußte, daß es nicht lange dauern würde, bis ihre Schwester sich dem Weib widersetzen würde. Aber darüber konnte sie sich heute nacht nicht auch noch den Kopfzerbrechen. Auch an den Rothaarigen, den sie seit dem Vorfall auf dem Markt nicht mehr gesehen hatte, wollte sie nicht denken.
    Â»Sag einmal, wie bist du eigentlich gerade auf diese Geschichte gekommen? Mir wäre in dem Moment bestimmt kein einziger Satz über die Lippen gekommen, geschweige denn ein ganzes Märchen.« So ungern sie es auch zugab: Sie mußte immer noch über Sonias Erfindungsgabe staunen.
    Â»Das war kein Märchen«, erwiderte diese genüßlich. »Erinnerst du dich an den Alten, an dessen Lagerfeuer wir vor ein paar Tagen genächtigt haben?« Als Eleonore bejahte, fuhr sie fort: »Der hat mir von dem Überfall auf den Wagen der Korbmacher erzählt. Während du wieder einmal tief

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