Die Zuckerbäckerin
schnauften und jammerten erschöpfte Frauen in ihrem Schlaf. Einigen von ihnen waren schon beim gemeinsamen Abendbrot die Augen zugefallen. Zu sechst lagen sie hier oben in dieser kleinen Kammer, in der es im Sommer wahrscheinlich unerträglich heià war. Eleonore spürte, daà Sonia ebenfalls noch wach lag. Doch obwohl sie genug zu bereden gehabt hätten, schwiegen beide. Zuviel war an diesem einen Tag geschehen, als daà man es in Worte fassen konnte.
Nach einer Weile lachte Sonia leise auf und versetzte Eleonore einen Stoà in die Seite. »So red halt was, du taube NuÃ! Hat dir mein Auftritt etwa für immer die Sprache verschlagen?« Abermals lachte sie in sich hinein, ein gurrendes, zufriedenes Rollen, das tief aus ihrer Kehle kam.
»Blödsinn! Ich kann unser Glück nur noch gar nicht fassen«, flüsterte Eleonore zurück.
»Glück nennst du das? Pah! Daà wir heutâ nacht nicht hinter Gittern auf dem Hohenasperg sitzen, hast du nurmeinem Geschick zu verdanken und nicht irgendeinem Glück!« Eleonore spürte Sonias verächtlichen Atem im Gesicht.
»Daà du uns aber auch in diese miÃliche Lage gebracht hast, scheinst du wohl ganz vergessen zu haben! Wie kannst du davon Geschick reden?«
»Manchmal muà man eben etwas aufs Spiel setzen, aber das scheint das Fräulein Hasenfuà nicht wahrhaben zu wollen.« Sonia klang nun richtig wohlgelaunt. »Schau uns doch an: Besser könnte es uns gar nicht gehen. Wir haben ein Dach überm Kopf, du hast endlich deine ersehnte Arbeit â obwohl das ein Umstand ist, der mir überhaupt nicht schmeckt â und zu guter Letzt: Ordentlich zu essen werden wir wohl auch bekommen.« Befriedigt dachte sie an ihr erstes Mahl in der Hofküche, das aus einem Teller dicker Fleischsuppe mit Brot aus weiÃem Mehl bestanden hatte.
Darauf konnte Eleonore nichts entgegnen. Sonia hatte recht: Besser hätte es ihnen wirklich nicht ergehen können. Die Frau des Thronfolgers war auf Sonias Geschichte hereingefallen und hatte die vom Schicksal so gebeutelten Schwestern aus lauter Mitleid mitgenommen. Solch ein Glück widerfuhr einem wohl nur einmal im Leben.
»In der Küche arbeiten â wo wir noch nie eine Küche von innen gesehen haben! Wer weiÃ, was die von uns verlangen ⦠Wir wissen doch gar nicht, welche Geschicklichkeiten dabei gefragt sind! Und auÃerdem: Wenn sie doch noch herausbekommen, daà deine Geschichte nicht stimmt?«
»Pah! Was du dir für Gedanken machst! Sie werden uns schon sagen, was wir tun sollen. AuÃerdem habe ich nicht vor, mich totzuschaffen, das kann ich dir jetzt schon sagen! Vielmehr â¦Â«
»Was soll das heiÃen, du willst dich nicht totschaffen«, unterbrach Eleonore Sonias Redeschwall erneut. »Was hast du um Himmels willen schon wieder vor?«
»Gar nichts, Schwesterlein, gar nichts. Und sei leise,sonst wacht die alte Hexe neben dir auf«, zischte Sonia zurück.
Eleonore wuÃte sofort, wer gemeint war. Die Frau mit der Geldkatze. Ihren boshaften Blicken und stichelnden Bemerkungen nach zu schlieÃen, schien sie das groÃmütige Herz ihrer Herrin nicht zu teilen. Jedenfalls hatte sie beim gemeinsamen Abendessen des Küchenpersonals unentwegt über die Verderbtheit der beiden Schwestern gegeifert und gezetert, bis ihnen am Ende alle am Tisch feindselige Blicke zuwarfen. Sowohl Eleonore als auch Sonia hatten ihren Redeschwall mit gesenkten Köpfen über sich ergehen lassen, doch Eleonore wuÃte, daà es nicht lange dauern würde, bis ihre Schwester sich dem Weib widersetzen würde. Aber darüber konnte sie sich heute nacht nicht auch noch den Kopfzerbrechen. Auch an den Rothaarigen, den sie seit dem Vorfall auf dem Markt nicht mehr gesehen hatte, wollte sie nicht denken.
»Sag einmal, wie bist du eigentlich gerade auf diese Geschichte gekommen? Mir wäre in dem Moment bestimmt kein einziger Satz über die Lippen gekommen, geschweige denn ein ganzes Märchen.« So ungern sie es auch zugab: Sie muÃte immer noch über Sonias Erfindungsgabe staunen.
»Das war kein Märchen«, erwiderte diese genüÃlich. »Erinnerst du dich an den Alten, an dessen Lagerfeuer wir vor ein paar Tagen genächtigt haben?« Als Eleonore bejahte, fuhr sie fort: »Der hat mir von dem Ãberfall auf den Wagen der Korbmacher erzählt. Während du wieder einmal tief
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