Die Zuckerbäckerin
freuen! Wie wunderbar! Hat er dir gleichzeitig mitgeteilt, wer sich dann um die Regierungsgeschäfte kümmern soll? Deren Karren er in seiner wundervollen Art so gründlich in den Dreck gefahren hat, daà selbst der geschickteste Kutscher ihn dort nicht mehr herauszuholen vermag!«
Katharina verzog den Mund. Sie wuÃte, worauf Wilhelm anspielte. Fast tagtäglich berichtete er ihr von den Schwierigkeiten, die es bei der Gestaltung der Verfassung gab: Seit der Landtag im letzten Jahr Friedrichs Gesetzesentwurf, der auf Anschauungen des englischen Philosophen Lockeund denen des Franzosen Montesquieu basierte, abgelehnt hatte, war ein nicht enden wollender Kampf darum entfacht. Es ginge nicht, daà der König die Verfassung dem Volke so einfach diktiere, hieà es immer wieder. Vielmehr müÃten Volk und König zu einem gemeinsamen Vertrag kommen. Doch genau dies wollte nicht gelingen. Wilhelm sah einen GroÃteil der Schuld in der Sturheit seines Vaters gegenüber den Landständen. Katharina hatte jedoch unter ihren Beratern auch schon andere Stimmen gehört, die besagten, daà Friedrich zu erstaunlichem Entgegenkommen bereit sei. Wie dem auch war â Katharina wollte den politischen Streit nicht mit dem privaten vermengen. Sie hob erneut an:
»Jeder weiÃ, daà dein Tag eigentlich 48 Stunden haben müÃte, Wilhelm. Aber glaubst du nicht, daà du wenigstens eine Stunde für Friedrich entbehren könntest?« Sanft legte sie ihre Hand auf seinen Arm, forderte ihn so auf, ihr wieder sein Gesicht zuzuwenden. »Er ist wirklich sehr krank.«
»Was hat er auch stundenlang im strömenden Regen herumzuspazieren! Seine Vorliebe für Ausgrabungen wird ihn selbst noch ins Grab bringen!« Obwohl er sich bemühte, wütend zu klingen, vernahm Katharina eine erste Sorge in Wilhelms Stimme.
»Ich würde mich von ein biÃchen Regen und Wind auch nicht aufhalten lassen, wenn es um etwas geht, was mir lieb und teuer ist«, verteidigte sie ihren Schwiegervater. »Und für deinen Vater gibt es nun einmal im Augenblick nichts Interessanteres als diese alten Mammutknochen, die in Cannstatt gefunden worden sind. Obwohl seine Stimme heiserer klang als ein Reibeisen, hat er mir heute davon vorgeschwärmt!«
Wilhelm blickte auf. »Du warst bei ihm? In deinem Zustand?«
»Das war ich, wenn auch nur für wenige Minuten. Warum auch nicht? Deinen Vater scheint es nicht gestört zuhaben. Vielleicht kannst du dich irgendwann daran gewöhnen, daà eine schwangere Frau weder aus Zucker noch schwerkrank ist â auch wenn alle Welt das glauben mag! Viel Zeit bleibt dir allerdings nicht mehr dazu â¦Â«
»Was soll das nun schon wieder heiÃen?«
Katharina lächelte besänftigend. »Nur, daà es bis zur Niederkunft unseres Sohnes nicht mehr lange dauern wird!«
Wilhelms gerade noch so verkrampften Gesichtszüge entspannten sich sichtlich. »Unser Sohn, wie schön das klingt! Eine Tochter mit der Schönheit ihrer Mutter wäre mir aber auch hochwillkommen!« Unbeholfen und in einer für ihn untypisch zärtlichen Geste strich er über Katharinas riesigen Bauch. Er seufzte. »Ich weià nicht, wie du das immer machst â¦, aber du hast mich wieder einmal überzeugt. Ich werde zu Vater gehen. Vielleicht schon morgen, auf alle Fälle jedoch, sobald mir der Landtag ein paar Stunden Luft zum Atmen gewährt. Bist du nun zufrieden?«
»Es geht doch nicht darum, ob ich zufrieden bin oder nicht.« Wieder ergriff sie seine Hand und suchte seinen Blick. »Worum es geht, ist die Möglichkeit, dich endlich mit ihm auszusöhnen. Wenn er auch nicht immer ein guter Vater gewesen sein mag â er liebt dich, wie man einen Sohn nur lieben kann, glaube mir!« Es stimmte, der alte König hatte wirklich nicht die Gabe, seine Zuneigung offen kundzutun. Im Gegenteil, die Menschen, die er schätzte und liebte, waren sogar ganz besonders seinen Wutausbrüchen und Launen ausgesetzt. Katharina wuÃte von Mathilde, seiner Gattin, daà der Ursprung von Friedrichs unausgeglichenem Wesen in unerträglichen Knochenschmerzen lag. Sie hatte mittlerweile gelernt, Friedrichs oft verletzende Worte nicht persönlich zu nehmen. Daà Wilhelm dies nicht gelang, lag in ihren Augen überwiegend daran, daà er nicht wollte. Gerade polterte er los:
»Friedrich liebt nur sich selbst, das kannst
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