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Die Zufalle des Herzens

Die Zufalle des Herzens

Titel: Die Zufalle des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fay Juliette
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eine Türöffnung hinter der Treppe, eine Gästetoilette, mutmaßte sie. Als er mit einer Kosmetiktücherbox zurückkam, führte er sie ins Wohnzimmer, wo sie sich auf eine braune Ledercouch setzten. Zwei Lampen zu beiden Seiten verströmten ihr Licht in den Raum.
    Sie schnäuzte sich die Nase, verlegen, weil sie wusste, dass er wartete. »Ich bin nicht zum Weinen hergekommen«, sagte sie, während sie sich das Kosmetiktuch in die Tasche stopfte. »Ich bin gekommen, weil … du mir fehlst.«
    »Du fehlst mir auch.«
    »Ja, aber du weißt das. Ich meine, du weißt, was du für mich empfindest. Nicht dass ich dir etwas einreden wollte …«
    »Das tust du nicht«, sagte er. »Marie hat mir heute geradeheraus gesagt, ich solle damit aufhören.«
    »Womit aufhören?«
    »Gereizt zu sein, weil du nicht da bist. Kendra ist eine gute Rezeptionskraft, aber was Gespräche in der Mittagspause angeht, kann sie nicht mit dir mithalten. Und eigentlich auch sonst nicht.«
    »Wie geht es ihr?«
    »Gut«, sagte er knapp, ein deutliches Zeichen, dass er nicht die Absicht hatte, dieses Thema weiterzuverfolgen.
    »Marie ist übrigens eine Wicca«, sagte sie zu ihm.
    »Super.«
    »Hast du das schon gewusst?«
    »Nein, aber jetzt im Moment interessiert Marie mich eigentlich nicht.« Er lehnte sich auf der Couch zurück und verschränkte die Arme.
    Sie betrachtete ihn einen Moment und besann sich ihres ersten Eindrucks von ihm. Eine Vogeltränke: klein und gedrungen, seine grundlegende Güte ein offenes Becken. Sie holte Luft und ließ sie wieder ausströmen. »Gut«, sagte sie. »Ich bin ein bisschen durch den Wind.«
    »Weil …«
    »Weil ich nicht genau weiß, was ich fühle. Ein Teil von mir fühlt sich mit dir so wohl, als würde ich dich schon mein ganzes Leben lang kennen. Und ich vertraue dir. Sehr.«
    »Vielleicht zu sehr«, mutmaßte er.
    »Ja! Und das macht mir höllisch Angst. Du bist ein toller Mensch, aber vollkommen bist du nicht.«
    »Na ja«, sagte er, »ich würde doch meinen, dass ich ein bisschen mehr in der Birne habe als der letzte Kerl, mit dem du zusammen warst.«
    Sie lachte auf. » Das ist mal sicher.«
    Er löste seine verschränkten Arme und erlaubte sich ein Lächeln.
    »Es ist nur so«, sagte sie, »dass man manchmal mit weniger in der Birne leichter klarkommt. Man … bindet sich nicht so stark.«
    »Was sich als nützlich erweist, wenn man verlassen wird.«
    »Wow«, hauchte sie, den Blick auf die Hände gesenkt, als diese Wahrheit sie wie eine Monsterwelle überrollte. »Das ist ganz schon verkorkst.«
    »Wir haben alle unsere kleinen Probleme«, sagte er.
    »Connie meint, das Problem mit mir sei, dass ich zu normal wirke. Ich sollte ›meine Psychose annehmen‹.« Sie zeichnete mit den Fingern Gänsefüßchen in die Luft.
    »Klingt, als hätte Connie dich durchschaut.«
    »Dasselbe sagt sie von dir .«
    »Sie wird mir immer sympathischer.«
    »Connie nennt dich immer noch Santa«, gab Dana zu bedenken.
    Seine Augen verengten sich. »Dieser Aspekt allerdings weniger.«
    Eine Weile saßen sie schweigend da, durch die braune und preiselbeerfarbene Behaglichkeit des Raums vor der bitteren Kälte draußen geschützt. »Das ist ein schönes Haus«, sagte sie. »Ich verstehe, warum du nicht umgezogen bist.«
    Mit einem Nicken signalisierte er Zustimmung und Dank. »Dana«, sagte er. »Warum bist du hier?«
    Du fehlst mir, dachte sie, wusste aber, dass das nicht genügte. »Ich möchte … ich möchte es gerne versuchen.«
    »Wirklich?«
    »Ja.«
    »Nicht nur, weil du etwas unfassbar Trauriges erlebt hast und eine starke Schulter brauchtest, um dich auszuweinen?«
    »Also … um ehrlich zu sein, ich hatte schon die ganze Zeit an dich gedacht, und das hat gewissermaßen nur den Ausschlag gegeben. Der Teil mit der starken Schulter allerdings weniger als der Wunsch, dich nicht zu verlieren.«
    »Was veranlasst dich zu dem Gedanken, du würdest mich verlieren?«
    »Tony«, sagte sie, »du bist ein sehr verständnisvoller Mann und so, aber alles lässt du dir auch nicht gefallen. Das ganze ›Lass uns einfach Freunde sein‹-Ding würdest du nicht mitmachen.«
    Der Hauch eines Lächelns huschte über sein Gesicht. »Klingt, als hättest du mich durchschaut.«
    »Hoffentlich … das wünsche ich mir.«
    Er steckte den Arm unter ihrem durch und ergriff ihre Hand. Sie rutschte an seine Seite, ließ den Kopf auf die Rückenlehne der Couch sinken und spürte, wie ihre Schultermuskeln den Griff um ihren Nacken lockerten.

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