Die Zufalle des Herzens
gewusst, dass sie Kellnerin war.«
»Ja, schon witzig, was man über Leute womöglich alles nicht weiß, obwohl man mit ihnen verwandt ist.«
Morgan musterte Dana, als spekulierte sie gerade über die Geheimnisse, die sie vielleicht eines Tages in Bezug auf ihre eigene Mutter aufdecken würde.
»Hör mal«, sagte Dana. »Erinnerst du dich, wie du mir von der Knallfolie erzählt hast? Dass all die schlimmen Sachen, die passieren, und die gemeinen Dinge, die Leute machen, unsere Blasen zum Platzen bringen?« Dana strich über das weizenfarbene Haar, das sie fächerartig auf dem Kissen ausbreitete. »Ich habe darüber nachgedacht. Du hast recht. Genauso fühlt es sich an. Als würde die Luft aus dir rausgelassen.«
Morgan nickte fast unmerklich.
»Aber dann«, sagte Dana, »hab ich gedacht … es ist nur Folie. Es ist außen. Und es ist wirklich schrecklich, wenn sie zum Platzen gebracht wird, aber wenigstens ist es nicht das Einzige, woraus du gemacht bist.«
»Fühlt sich so an«, murmelte Morgan.
»Ja, ist es aber nicht. Es ist zwar ein Teil von dir, aber es ist nicht der wahre Teil, tief in dir drin.« Sie beobachtete Morgans Augen, in denen die Pupille sich in die gesprenkelte braune Iris hineinweitete, während sie über diese Möglichkeit nachdachte. »Im Übrigen«, fuhr Dana fort, »das Zerplatzen – das ist nur vorübergehend. Die Blasen füllen sich wieder mit Luft.«
»Woher weißt du das?«
»Weil ich es gespürt habe. Vielleicht kommt jemand dir zu Hilfe oder lacht über einen Witz von dir oder gibt dir nur mit einem Blick zu verstehen, dass er auf deiner Seite steht …«
»Aber dann muss man immer warten, dass irgendjemand Lust hat, nett zu einem zu sein«, sagte Morgan bitter. »An manchen Tagen passiert nichts Gutes.«
»Es sei denn, du lässt es passieren.«
»Wie zum Beispiel?«
»Indem du etwas Nettes für jemand anderen tust.« Dana zögerte, unschlüssig, ob sie in die von ihr angestrebte Richtung weitergehen sollte. Du hast Angst, das Offensichtliche auszusprechen , sagte sie sich und kämpfte sich voran. »Wie du weißt, war das ein ziemlich heftiges Jahr für mich. Die Scheidung, wieder arbeiten zu gehen, nicht mehr so viel zu Hause zu sein. Wenn ich aber dieser Familie mit dem kranken Dad ein Essen bringe oder bei der Arbeit ein Problem löse« – sie lächelte verschmitzt – »oder dich dazu bringe, etwas Neues auszuprobieren, und es dir gefällt, auch wenn du es nicht zugeben wirst … dann geht es mir gut. Und das sind Blasen, die kann niemand zum Platzen bringen. Die sind von Dauer.«
Morgan blickte zweifelnd.
»Vertrau mir«, flüsterte Dana, während sie sich hinunterbeugte, um Morgan auf die Stirn zu küssen. »Ich bin fünfundvierzig Jahre alt. In ein paar Dingen kenne ich mich aus.«
Am Montagmorgen machten die Kinder sich auf den Weg zur Schule, während Dana zum ersten Mal seit anderthalb Monaten zu Hause blieb. Das sollte eine Erleichterung sein! , sagte sie sich. War es aber nicht, und zwar nicht nur wegen des Geldes. Sie vermisste die Arbeit. Sie hatte sie gut gemacht. Und sie fragte sich, wie es Tony ging.
Bis die Kinder nach Hause kamen, hatte sie das Haus geputzt, sämtliche Küchenschubladen neu sortiert, eine Ladung Chili für die McPhersons gekocht und drei Laibe Zucchinibrot gebacken. Sie brachte Grady zum Basketball, und erst als Ben Fortin die Tribüne herauf auf sie zukam, fiel ihr seine Mailboxnachricht wieder ein. Da sie nicht unhöflich sein wollte und wusste, dass sie ihm sowieso beim Basketball wieder würde gegenübertreten müssen, hatte sie ihn zurückgerufen. Die Nachricht, die sie hinterlassen hatte, war jedoch so kurz gewesen, dass man daraus nicht im Entferntesten so etwas wie Interesse hatte heraushören können.
Er setzte sich neben sie. »Sie denken jetzt hoffentlich nicht, ich wäre so eine Art streunender Hund, den Sie nicht mehr loswerden, weil Sie ihm einen Dorn aus der Pfote gezogen haben.«
»Ganz und gar nicht«, sagte sie. Und dachte genau das.
»Für einen armen Dad sind Sie ein freundliches Gesicht in einem Meer voller Mommys.« Er grinste. »Tut mir übrigens leid, dass ich mich nicht mehr gemeldet habe. Bei der Arbeit war höllisch viel los. Die Woche ist nur so verflogen. Und die ganze Zeit habe ich gehofft, mich Ihnen offenbaren zu können, bevor irgendjemand anders Sie mir wegschnappt.«
Oh Gott , dachte Dana, jetzt kommt’s .
»Sie sind noch nicht wieder vergeben, oder?«, fragte Ben.
Wieder VERGEBEN ? Was um
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