Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zufalle des Herzens

Die Zufalle des Herzens

Titel: Die Zufalle des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fay Juliette
Vom Netzwerk:
Geschichte.
    »Das ist noch gar nichts«, sagte er, mit einer Hand gestikulierend. Ihr war noch gar nicht aufgefallen, dass er mit den Händen sprach. Die meisten ihrer bisherigen Unterhaltungen hatten mit seinen Fingern in ihrem Mund stattgefunden.
    »Ich denke also, ich rufe eine meiner Töchter an und bitte sie, mir den Ersatzschlüssel zu bringen«, fuhr er fort. »Vielleicht schaffte sie es ja, herzukommen, bevor diese Frau es merkte. Ich greife in die Anzugtasche nach meinem Handy, und in dem Moment wird mir klar, dass ich eine Seite meines Sakkos in der Autotür eingeklemmt habe. Ich fange also an zu ziehen und zu zerren« – das zeigte er ihr pantomimisch – »und reiße so fest, dass die Naht meines besten Anzugsakkos aufplatzt, bis rauf zur Achsel!«
    Dana fing an zu lachen. »Oh nein!«
    »Und warum lässt sich das Sakko nicht einfach herausziehen?«, fuhr Dr. Sakimoto fort, die gefalteten Hände wie zum flehentlichen Gebet hochgereckt. »Weil das Handy auf der anderen Seite der Tür in der Tasche steckt! Aber warten Sie, es wird noch besser …
    Sie kommt also raus, und ich habe mich inzwischen aus dem Sakko rausgeruckelt und stehe in der Eiseskälte mit meiner Seidenkrawatte, die im Wind flattert. Und versuche, ganz locker damit umzugehen, nach dem Motto, das kann schon mal passieren. Wenn sie mir einen Drahtbügel holt, könnte ich damit vielleicht den Knopf hochziehen. Keine Sorge, das mit der Reservierung klappt schon noch.
    Das Einzige , was dann tatsächlich geklappt hat, war, dass der Knopf rasch hochsprang. Ich stand weiterhin ohne Sakko da. Oben herum hatte ich nichts an als mein Hemd und die Krawatte, was im Winter albern aussah und außerdem auch zu lässig war. Um nach Hause zu fahren und ein anderes Sakko zu holen, reicht die Zeit nicht, und so besteht sie darauf – wohlgemerkt, sie besteht darauf –, dass ich eins von den Sakkos ihres verstorbenen Mannes anziehe.«
    »Ihr Mann war tot?«
    »Ja, seit drei Jahren, und sie hatte immer noch seine ganze Garderobe.« Er warf ihr einen Blick zu, der sagte: Und wir wissen beide, was das bedeutet … »Also ziehe ich dieses schreckliche, alte Sakko an, das zu lang und zu eng ist und offensichtlich noch nicht in der Reinigung war, seit es zuletzt getragen wurde. Ich sah aus wie ein kleiner Junge, der sich mit dem Anzug seines Vaters verkleidet, dessen Ärmel wild herumflattern. Ein einziger Albtraum.
    Und um alles noch schlimmer zu machen, geht sie mit dem Sakko auf einen kleinen Erinnerungstrip! Redet wie ein Wasserfall über all die Male, die er es anhatte, und wo sie damals waren und wie viel Spaß sie hatten. Ein Glas Wein war nicht genug, nicht an diesem Abend, ausgeschlossen. Also habe ich noch eins bestellt, und der Kellner stellt es vor mich hin, und ich strecke die Hand danach aus … aber der Ärmel ist zu lang, und ich vergesse, ihn hochzuschieben, wie ich es den ganzen Abend wie ein Fünfjähriger getan habe, und dann stoße ich das Glas um!« Seine Hände fingen an, sich in Kreisen auf seine Brust zuzubewegen. »Wie in Zeitlupe sehe ich es auf mich zukommen, und ich weiß, dass ich eine Nanosekunde später mit Rotwein überschüttet sein werde. Und alles, was ich denken kann, ist: ›Nein, das kann nicht wahr sein. Das ist einfach unglaublich.‹ Oder können Sie das glauben, wenigstens nachträglich?«
    »Nein!«, hauchte Dana. »Und Sie haben sich das auch noch selbst eingebrockt!«
    »Ja!«, sagte er, den Finger auf sie richtend. »Danke – das ist das Allerwichtigste. Hätte der Kellner es gemacht, wäre das zwar schlimm gewesen, aber nicht meine Schuld. So war es meine Schuld. Alles meine Schuld!«
    »Sie hat sich aufgeregt, oder?«, fragte Dana.
    »Sie fing an zu weinen – lauthals. Ich musste dem Kellner Bares hinwerfen und sie praktisch hinaustragen. Dann habe ich sie nach Hause gebracht und selbstverständlich gesagt, ich würde das Sakko reinigen lassen.« Seine Stimme sprang ins Falsett um. »›Nein‹, sagt sie, ›jetzt ist es nicht mehr seins. Werfen Sie es einfach weg.‹«
    »Oh, Dr. Sakimoto, das ist so ungefähr die schlimmste Geschichte über ein Rendezvous, die ich je gehört habe!«
    »Nennen Sie mich bitte Tony«, sagte er mit einem zufriedenen Grinsen. »Jetzt, wo Sie meinen peinlichsten Moment kennen, ist es komisch, so formell zu sein.« Er faltete die Hände. »Gut, erzählen Sie mir jetzt, wie Sie sich diesen Zahn kaputt gemacht haben. Oder soll ich einfach den Mund halten und an die Arbeit gehen?«
    Dana

Weitere Kostenlose Bücher