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Die Zufalle des Herzens

Die Zufalle des Herzens

Titel: Die Zufalle des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fay Juliette
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sagte sie zu Tony, als er, die Jacke übergestreift, an ihren Schreibtisch trat. »Bei drei oder vier Nummern habe ich eine Nachricht hinterlassen.«
    »Kein Problem«, sagte er. »Ich hatte sowieso vor, nach dem Mittagessen noch mal herzukommen. Dann bringe ich aus meinem Kofferraum eine Campinglaterne mit und erledige endlich mal den Papierkram, der mich schon seit Wochen verfolgt.«
    »Gehen Sie wohin zum Essen?«
    »Ja, haben Sie Lust, mich zu begleiten? Ich hatte mir gedacht, ich esse drüben im Keeney’s einen Burger. Im Ernst, warum kommen Sie nicht mit?« Er lächelte sie aufmunternd an, doch dahinter konnte sie die Abgespanntheit sehen und eine Art von Melancholie. Irgendetwas stimmte nicht. Vielleicht brauchte er Gesellschaft.
    Während sie ihm im Auto durch die sturmgepeitschten Straßen zum Nipmuc Pond folgte, dachte sie noch einmal darüber nach. Sie sollte kein Geld ausgeben, wo sie doch neben sich auf dem Beifahrersitz einen Joghurt, einen Apfel und eine kleine Tüte Karotten liegen hatte, was völlig ausreichte. Zu spät, um abzuspringen , sagte sie sich. Außerdem klang Burger so gut.
    »Das geht übrigens auf mich«, sagte Tony, als sie sich für einen Tisch an der Fensterfront entschieden.
    »Auf keinen Fall!«
    »Auf jeden Fall«, beharrte er. »Schließlich habe ich Sie hierhergeschleppt, um ein fettiges Kneipengericht zu essen. Ich mache es sowieso als Spesen geltend. Wir sagen einfach, es ist« – er blinzelte zu den Dachsparren hinauf – »es ist Ihr Zwei-Wochen-Rückblick.«
    »Ach, wirklich.« Sie griente. »Und wie mache ich mich?«
    »Hervorragend.« Er erwiderte das Lächeln. Dann sah er auf die Speisekarte und fragte: »Was nehmen Sie?«
    Ihre Burger kamen, und sie plauderten freundschaftlich, eine Unterhaltung, die sich um Kinder und Patienten und Arbeit drehte. »Nebenbei bemerkt«, sagte er, »versuchen Sie nicht, sich mit Marie anzufreunden.«
    »Warum nicht?«
    »In ihrem Job ist sie nicht die wahre Marie. Verstehen Sie mich nicht falsch – sie ist eine ausgezeichnete Zahnhygienikerin. Gründlich, tüchtig, alles bestens. Ich bin aber davon überzeugt, dass sie eigentlich ganz anders lebt und die Arbeit etwas darstellt, was sie tun muss, damit sie anschließend wieder dorthin zurückkehren kann. Sie wird keinen engen Kontakt mit Ihnen suchen, und deshalb dürfen Sie es nicht als Versagen Ihrerseits betrachten.«
    Das warf so einen Haufen Fragen auf, dass Dana gar nicht wusste, womit sie anfangen sollte. Was für ein anderes Leben? Warum kann sie nicht Freunde bei der Arbeit und trotzdem ihr anderes Leben haben? Was jedoch herauskam, war: »Was veranlasst Sie zu der Annahme, ich würde es als persönliches Versagen betrachten?«
    In dem erfolglosen Versuch, sich ein Lächeln zu verkneifen, ließ er den Blick hinaus auf die vom Regen angenagte Oberfläche des Nipmuc Pond wandern. »Kommen Sie«, sagte er, während er sie wieder ansah. »Sie möchten gerne von allen geliebt werden.«
    »Nein, möchte ich nicht.« Das war schlicht und einfach falsch, sodass sie hinterherschickte: »Und was ist daran verkehrt?«
    »Nichts«, antwortete er. »Mit jemandem wie Marie funktioniert es nur einfach nicht, das ist alles.«
    Dana sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an, und er lachte kurz auf. »Tja«, sagte sie, »jetzt sind Sie wohl wieder besser gelaunt. Auch wenn es auf meine Kosten geht.«
    Sein Lächeln schwand, und er sagte: »Heute war ich ein ziemlicher Stinkstiefel, was?«
    »Nicht direkt … Es sah nur so aus, als hätten Sie etwas auf dem Herzen.«
    Er gab ein leises Grummeln der Zustimmung von sich. »Ich habe gestern Abend einen Anruf von Abby bekommen.«
    »Ihrer Tochter, die Medizin studiert?«
    »Ja. An der Vanderbilt. Elend weit weg in Nashville.« Er warf die Pommes frites, die er in der Hand hielt, auf den Teller zurück. »Warum habe ich sie nur so weit weggehen lassen, dass ich ein verdammtes Flugticket brauche, um sie zu besuchen?«
    »Was ist passiert? Geht es ihr gut?«
    Tony beschrieb den Anruf, den er am späten Abend bekommen hatte. Da hatte Abby zusammengesunken auf der Toilette im Zimmer eines Komapatienten gesessen und ihrem Vater weinend zugeflüstert, dass sie es nicht eine Minute länger aushalte. Es sei zu hart und zu demoralisierend, und wenn sie noch ein einziges Mal bei einem älteren Patienten mit Verstopfung eine manuelle Ausräumung durchführen müsste, würde sie sich mit einer Bettpfanne den Schädel einschlagen. »Sie ist überzeugt davon, dass

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