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Die Zufalle des Herzens

Die Zufalle des Herzens

Titel: Die Zufalle des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fay Juliette
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sich, und seine Finger begannen, den Rand seiner Jackenärmel zu umklammern. Er beugte sich kurz zu Tina hinüber, die Dana über die Schulter einen flüchtigen Blick zuwarf und sich dann wegdrehte. Jenseits des Zauns bedachte Jack Roburtin die Mannschaft mit seinen üblichen aufmunternden Worten vor dem Spiel.
    »Und ich will da draußen keinen beim Strümpfestricken erwischen!«, brüllte er sie an. »Habt ihr das kapiert? Jetzt will ich ein lautes JA hören!«
    Ja! , dachte Dana. Kein Strümpfestricken . Und dann war sie nur noch wenige Schritte von ihnen entfernt, und Kenneth stellte sie einander vor, als hätten sie und Tina bis dahin nichts voneinander gewusst, als wäre ihnen nicht vollkommen klar, wer die andere war. »Nett, Sie kennenzulernen«, sagte Dana.
    »Ja, das finde ich auch«, sagte Tina, während sie die Hand ausstreckte, sich dann eines Besseren besann und sie zurückzog. Doch da hatte Dana bereits reagiert, indem sie ebenfalls die Hand ausstreckte, und nun musste Tina sie schütteln. Sie wurde rot und fleckig im Gesicht. Ihr langes braunes Haar war fein und dünn, wie das eines Kindes. Tina hatte graue Augen und eine Stupsnase. Sie war klein, fünf oder zehn Zentimeter kleiner als Dana, mit schmalen Schultern. Von ihrer Figur konnte Dana nicht viel sehen, denn sie hatte einen wadenlangen, babyblauen Daunenmantel an.
    Hinter ihnen brüllte Coach Ro: »Zwei Runden, Laufschritt!«
    »Grady hat mir alles über seine Mannschaft erzählt«, sagte Tina, deren Augenlider nervös flatterten. »Er ist total stolz auf sie.«
    Dana nahm wahr, dass jemand näher kam, konnte den Blick aber nicht von Tina wenden. Dabei spielt es nicht einmal eine Rolle, ob sie genau so gut aussehen wie wir, hatte Nora gesagt. Sie sind einfach nur neu. Und das sind wir nicht.
    »Na du, Schöne.« Jack Roburtin stand auf der anderen Seite des Zauns. Er streckte eine kräftige Hand hinüber, um sie auf ihrer Schulter landen zu lassen. Dana fand, er sah aus wie ein eitler Pfau, der mangels farbenprächtigen Gefieders seine Brustmuskeln spielen ließ. Er drehte sich zu Kenneth um und grinste eingebildet. »Jetzt, wo mein Glücksbringer da ist, gewinnen wir auf jeden Fall.«
    Dana hätte fast laut losgelacht, und für den Bruchteil einer Sekunde wünschte sie sich sehnlichst, jemand anderes wäre da, um zu bezeugen, dass diese bizarre Szene sich tatsächlich abspielte – Tina mit ihrem bauschigen Mantel und ihrer Stupsnase; Kenneth, der sich vor lauter Unbehagen an seinen Jackenärmeln festklammerte; Jack mit seinem karikaturartigen Gehabe. Das ist kein Witz , sagte sie sich, während sie sich das Lachen verbiss. Diese Menschen sind real.
    »Ich geh dann jetzt rauf auf die Tribüne«, sagte sie zu ihnen. Dann, zu Tina gewandt: »Wir sehen uns bestimmt noch.« Und mit einem Lächeln zu Jack: »Viel Glück, Coach.«
    »Besten Dank!« Er zwinkerte ihr vertraulich zu und schickte hinterher: »Ich ruf dich heute Abend an.«
    »Klingt gut.« Und dann machte sie sich auf den Weg zu Morgan und Alder.
    Während sie auf sie zukam, beäugten die Mädchen sie, als wäre sie ein exotischer Vogel, der jeden Moment in den Wolken verschwinden könnte. Sie setzte sich zwischen die beiden. Nachdem Morgan sie einen Moment lang betrachtet hatte, legte Dana den Arm um sie und drückte sie leicht.
    »Beeindruckend«, murmelte Alder.
    »Danke«, flüsterte Dana und wandte ihre Aufmerksamkeit dem Spiel zu.

- 26 -
    A ls Dana am Freitag zur Arbeit fuhr, regnete es Sturzbäche, und die Tropfen, die auf das Dach ihres Autos trommelten, hörten sich an wie Gewehrfeuer. Doch sie fühlte sich so ruhig und hoffnungsvoll wie schon seit Monaten nicht mehr.
    Die Woche war praktisch ohne größeren Zwischenfall verlaufen. Gradys Überheblichkeit wegen seines spielentscheidenden Laufs in die Endzone am Sonntag hatte sich ein bisschen gelegt und zeigte sich am Montagmorgen nur noch in einem leicht stolzierenden Gang, nachdem er vor der Schule aus ihrem Minivan gehüpft war. Ein Junge, den Dana nicht kannte, schrie: »Stelly!« und rannte so schnell auf ihn zu, dass sie beim Aufprall beide ins Gras fielen. Während sie sich hochrappelten, versetzte Grady ihm einen freudigen Klaps auf die Brust, bevor die beiden, sich ständig anrempelnd, in Richtung Schulhof loszogen.
    Am Dienstagabend hatte Kenneth angerufen, um zu sagen, dass er am Mittwoch mit einem frühen Feierabend rechne und deshalb kommen und bei den Kindern sein könne, wenn sie länger arbeite. Er ging, kurz

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