Die Zufalle des Herzens
sagt mal alle Cheese !«, meinte Dana. Doch der ältere Junge und Laura fingen an, sich zu kabbeln, und der Jüngste streckte die Hand nach unten aus und packte ein ganzes Büschel von Lauras Haaren. Ein Ausdruck der Verzweiflung legte sich auf Mary Ellens Gesicht, während sie sie zu beruhigen versuchte.
Es könnte das letzte Bild von ihnen allen zusammen sein , dachte Dana und zermarterte sich das Gehirn, wie sie helfen könnte.
»Hey«, brüllte Jet etwas lauter als notwendig, doch es erregte die Aufmerksamkeit der Kinder. »Sagt âºBarbecue mit Affengedärmâ¹!«
Die Kinder brachen in Gekicher aus, und Dermott, der seiner Frau den Arm um die Taille gelegt hatte, zog sie kurz an sich. Ihr Kinn hob sich beim Lachen. Da Alder den Auslöseknopf heruntergedrückt hielt, gab der Fotoapparat immer wieder sein automatisches Klicken von sich.
Als die drei wieder nach Hause kamen, holte Connie gerade die Auberginen aus dem Ofen, und obwohl der Tofu obendrauf in unnatürlich gleichmäÃiger Weise gebräunt war, roch es wunderbar. »Das warâs!«, sagte sie. »Alles andere steht schon auf dem Tisch.« Für einen Moment stellte sie die Auflaufform auf dem Ofen ab, und Alder umarmte sie.
»Wow!«, rief Jet aus dem Esszimmer. »Was zum Teufel â¦!«
»Was ist denn los?« Dana eilte, dicht gefolgt von Connie und Alder, zu ihr hin.
»Dieses orangefarbene Zeug ist ja komplett mit Marshmallows bedeckt. Was für ein verdorbenes Hirn hat sich das denn ausgedacht?«
Am Nachmittag war das Essen längst vorbei, aber die vier saÃen immer noch, auf ihren Stühlen herumlümmelnd, am Tisch. Sie schlürften koffeinfreien Kaffee, bis er lauwarm wurde und die Sahne sich obendrauf absetzte. Connie und Dana lachten über Feiertagsessen in früheren Jahren, als die Kinder noch klein waren und unkontrollierbaren Impulsen gehorchten wie dem, die Sauciere umzukippen, auf den Stühlen zu stehen, ihr Essen wie Play-Doh zu formen oder sich während des Nachtischs die Windeln runterzuziehen. Jet, die mit den Beinen über einer Armlehne seitlich auf ihrem Stuhl saà und nach und nach die letzten SüÃkartoffelreste aus der Auflaufform fischte, war für ihre Verhältnisse ungewöhnlich still. Mit verstohlener Aufmerksamkeit hörte sie zu, als könnte sie diese Geschichten irgendwie in ihre eigene Geschichte aufnehmen.
Es klingelte an der Tür, und jede suchte in den Gesichtern der anderen nach einem Hinweis. Als es erneut klingelte, erhob sich Dana, um aufzumachen. Auf der Veranda stand ein junger Mann in Khakihose und einem leicht zerknitterten Button-Down-Hemd mit einem braunen Fleck auf der Brusttasche. Er hatte dunkles, ungekämmtes Haar, und als er sie durch das Fenster neben der Tür kommen sah, strich er sich die Fransen aus der Stirn.
»Ãh, hallo â¦Â«, sagte er, als Dana die Tür öffnete. »Ist Alder hier? Ach ja, Happy Thanksgiving!«, fügte er rasch hinzu. »Ich hoffe, ich ⦠Sind Sie ⦠noch beim Essen?«
Zuerst dachte Dana, er könnte ein Mitglied des Wilderness Clubs sein â vielleicht ein Junge, der sich unter dem Eindruck wohliger Feiertagsgefühle traute, sich an ihre Nichte heranzumachen. Allerdings kam die Stimme ihr irgendwie bekannt vor.
»Ihnen auch, Happy Thanksgiving!«, sagte sie, ihm die Tür aufhaltend. »Wir sind gerade fertig â kommen Sie doch rein.« Sie folgte ihm durch die Diele, und erst, als sie ins Esszimmer gingen, fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Am liebsten hätte sie ihn an seinem fleckigen Hemd gepackt und schnurstracks wieder nach drauÃen befördert. Nein! , hätte sie ihm gerne gesagt. Keinen Schritt weiter!
Doch da stand er schon im Türbogen zum Esszimmer, und sämtliche Geräusche verstummten. Dann sagte Jet: »Wer ist das denn?«, und Connie sagte: »Ethan, du kleiner Pisser«, und Ethan sagte: »Alder, bitte . Können wir bitte einfach irgendwo hingehen und reden?«
Alder hielt die Augen starr auf Ethan gerichtet. »Warum sollte ich je mit dir allein sein wollen?«
Sein Blick sprang zu den anderen Frauen, dann wieder zu Alder. »Bitte« , flüsterte er.
Alder verschränkte die Arme. Sie warf Connie und Jet einen Blick zu. »Ist es okay, wenn ihr geht?«, fragte sie. »Dana kann bleiben.« Es war das allerkleinste Zugeständnis, das sie ihm machen konnte â
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