Die Zufalle des Herzens
Ihnen beiden ein tolles Thanksgiving. Hat mich sehr gefreut, Sie kennenzulernen!« Dann hechtete sie praktisch zu ihrem Schreibtisch hinüber. Es gab nicht mehr zu tun, als die Patientenkarte, die Marie ihr gegeben hatte, einzuordnen, ihren Computer herunterzufahren und den Anrufbeantworter anzustellen. Als sie dann zur Tür ging, machte sie sich nicht einmal die Mühe, ihren Mantel zuzuknöpfen, den Schal stopfte sie in die Handtasche. Marie kam gleich hinter ihr.
»Passt nicht, oder?«, sagte Marie, als sie ins fahle spätnachmittägliche Licht hinaustraten.
»Wie bitte?«
»Tony und die französische Kieferorthopädin. Die Sophie Marceau des Zahnarzt-Filmsets.«
»Ich hab gar nicht richtig â¦Â« Dieser unerwartete Wortschwall von der sonst chronisch schweigsamen Marie hatte sie ganz durcheinandergebracht. »Ich hab sie nur einen Moment lang gesehen.«
»Trotzdem ist es Ihnen klar. Da fehlt das Gleichgewicht.« Marie ging zu ihrem Auto. Von Nettigkeiten zum Abschied hielt sie nichts. Wie von Nettigkeiten überhaupt.
Als Dana nach Hause kam, stand Alders Käfer, ramponiert wie ein heimkehrender Kriegsveteran, hinter dem VW -Bus ihrer Mutter in der Einfahrt. Connie und Alder traf sie Pistazien schälend und essend am Küchentisch an. Jet saà auf dem Tresen, lieà ihre Chuck Taylors gegen die Schranktüren darunter knallen und aà Haferkleie- und Leinsamenmüsli aus der Packung.
»He, SüÃe«, sagte Dana zu Jet, während sie ihr das Knie tätschelte. Sie nahm der jungen Frau die Schachtel aus der Hand, schüttete ein bisschen Müsli in eine Schüssel und gab sie ihr.
»Meine Mom ist in der Reha«, sagte Jet zwischen zwei Mundvoll Müsliflocken.
»Was?«
»Ja, sie hat auf einen Platz gewartet, und jetzt ist endlich einer frei.«
»Mensch, das ist ja super, oder?«
»Das können Sie laut sagen«, nuschelte Jet.
»Kann Jet mit uns Thanksgiving feiern?«, fragte Alder. »Eigentlich soll sie bei dem Cousin ihrer Mutter bleiben, aber der fährt nach Buffalo und feiert da mit den Verwandten seiner Frau.«
»Natürlich kann sie das.« Damit drehte sich Dana zu ihrer Nichte um und bemerkte deren Haar â kurz und hochstehend, in ihrer ursprünglichen Lebkuchenfarbe, die nur an den Spitzen noch von einem dunkleren Ton verdeckt war. »Du hastâs gemacht, Alder!«
»Ja, allmählich hatâs genervt. Die Spitzen waren ganz gesplisst.« Als ob das der Grund gewesen wäre. Typisch Alder! Dana musste sie in den Arm nehmen. Sie setzte sich zu ihnen an den Tisch, um eine Einkaufsliste für das Thanksgiving-Essen zusammenzustellen. Ein Truthahn stand nicht darauf.
»Wir machen einen Auberginenauflauf mit Parmesan«, sagte Connie. »Und Tofu.«
»Prima«, sagte Dana, denn es machte ihr wirklich nichts aus. An Thanksgiving würden sie zu viert sein. Nicht dieselben vier wie letztes Jahr â Morgan, Grady und Kenneth würden ihren Truthahn zusammen mit Tina und Goofy in der Liberty Tavern im Magic Kingdom essen.
Trotzdem , dachte sie. Es ist eine gute Besetzung . Und dafür war sie dankbar.
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N eben dem Tofu und den Auberginen kaufte Dana einen Truthahn für die McPhersons, auÃerdem Zutaten für alle anderen feiertagsgeeigneten Beilagen, die ihr einfielen. Gerne hätte sie gewusst, was die McPhersons normalerweise an Thanksgiving aÃen. Mochten sie ihre SüÃkartoffeln mit Marshmallows überkrustet, wie sie selbst es ihr Leben lang getan hatte? Oder würden sie das als völlig abartig empfinden? Fast hätte sie zum Telefon gegriffen, wollte aber letztlich nicht stören.
Sie stand früh auf, um den Truthahn in den Ofen zu schieben, was einen Anschein von Normalität vermittelte. Es war genau das, was sie immer an Thanksgiving gemacht hatte. Sie ertappte sich sogar dabei, so zu tun, als wären es Morgan und Grady, die anstelle von Alder und Jet länger schliefen.
Dann kam Connie herunter. »Jetzt brauchst du nur noch eine Zigarette, die dir von den Lippen baumelt, und Haarklammern auf dem Kopf, dann bist du Mom«, sagte sie, während sie sich auf einen Küchenstuhl fallen lieÃ.
»Das nehme ich mal als Kompliment.«
»Dieser Truthahn stinkt. Wie kannst du den Gestank von brutzelndem Fleisch ertragen?«
»Ich kannâs einfach, Connie«, sagte Dana, die Bratenspritze in der Hand. »Und der
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