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Die Zuflucht

Die Zuflucht

Titel: Die Zuflucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Aguirre
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Gewehre waren eine gute Distanzwaffe, aber die Schützen konnten sie nicht alle erledigen. Bald würden die ersten Monster uns erreichen. Ich hoffte nur, die anderen Patrouillenmitglieder waren im Nahkampf ebenso gut wie im Schießen.
    Bleich und ich stellten uns Rücken an Rücken, wie wir es schon so oft getan hatten. Die Angst sang ihr schauerlich süßes Lied und beflügelte mich. Ich hatte meine Messer in den Händen und meinen Partner hinter mir. Ich fürchtete nichts mehr, nicht einmal den Tod. Ich stürzte mich in den Kampf und sah aus dem Augenwinkel, wie ein paar der anderen Wachen zusammenzuckten, als sie mein Lachen hörten. Schlagen, abwehren, zustoßen. Das war es, wozu ich geboren war: um diese Monster zu besiegen und sie von meinen Leuten fernzuhalten. Ich war kein Kind mehr. Ich war eine Jägerin.
    Ihr faulig stinkendes Blut spritzte auf mich, während sie unter meinen Klingen zusammenbrachen. Es war ein Geruch wie von verschimmelten Pilzen, der tagelang nicht mehr wegging, egal wie sehr man schrubbte. Ich hatte es beinahe vergessen nach all den Wochen innerhalb der Mauern von Erlösung.
    Bleich vergrub sein Messer im Hals eines Freaks, und noch bevor er es wieder herausziehen konnte, war schon der nächste über ihm. Mit blutverschmierten Zähnen schnappte er nach seinem Arm. Fleischfetzen hingen ihm aus dem Maul– die Überreste eines Patrouillenmitglieds, das mit dem Messer weit weniger gut hatte umgehen können als mit dem Gewehr, aber daran durfte ich jetzt nicht denken.
    Draufgänger benutzte Altes Mädchen wie eine Keule und schlug jedem Freak, der den Wagen zu nahe kam, damit den Schädel ein.
    Pirscher genoss den Kampf in vollen Zügen. Er schien ihn regelrecht zu brauchen. In jeden seiner Hiebe legte er all seinen Zorn, und die Leichen türmten sich vor ihm auf.
    Ich hatte keine Zeit, die anderen lange zu beobachten, denn ich brauchte all meine Konzentration, um nicht selbst überrannt zu werden. Als endlich das letzte Monster tot am Boden lag, brannten die Muskeln in meinen Armen von der ungewohnten Beanspruchung. Auch wenn ich alles getan hatte, um es nicht so weit kommen zu lassen, war ich weich geworden, und das machte mich wütend. Ich musste härter trainieren. Mehr kämpfen.
    Keuchend betrachtete ich das Massaker. So viele Tote. Zwei Pflanzer waren in Panik ausgebrochen und hatten versucht zu fliehen. In Stücke gerissen lagen sie nicht weit von den Wagen entfernt. Wir hatten vier Wachen verloren. Den entsetzten Gesichtern der anderen nach zu urteilen war dies kein normaler Angriff gewesen.
    » Lasst sie liegen«, sagte Draufgänger leise. » Wenn wir die Samen nicht endlich in die Erde bringen, sind sie umsonst gestorben.«
    In düsterer Stimmung marschierten wir weiter zu den Feldern, und ich fragte mich, welche Gefahren der Frühling noch für uns bereithielt. Hätte ich es gewusst, hätte ich mich vielleicht anders entschieden.
    Oder auch nicht.
    Ich war zur Jägerin geboren, nicht um mich zu verstecken.

UNNATÜRLICH
    Die Pflanzer, die überlebt hatten, erholten sich zwar so weit, dass sie sich an die Arbeit machen konnten, aber die Stimmung war entsetzlich. Was mit blutigen Händen gesät wurde, konnte nur bittere Früchte hervorbringen, dachte ich, blieb jedoch still. Wahrscheinlich hätten mich nur wieder alle ausgelacht.
    Aber als sie mich kämpfen sahen, lachte keiner.
    Ein paar der Wachen fragten mich, wie ich trainierte, während wir das Feld bewachten. Frank, den ich besiegt hatte, um in Draufgängers Patrouille aufgenommen zu werden, schien besonders interessiert. » Ist es schwer, die Messer so beherrschen zu lernen?«
    » Es braucht Zeit«, antwortete ich.
    » Ist es gefährlich?«
    » Man übt nicht mit scharfen Messern, wenn man anfängt.«
    » Würde es dir was ausmachen, wenn du mir ab und zu ein paar Techniken zeigst?«
    » Nicht wenn es dir nichts ausmacht, dir von einem Mädchen was beibringen zu lassen.«
    Die anderen lachten, aber Frank zuckte nur die Achseln. Danach wurden alle wieder still, und wir warteten auf Anweisungen. Normalerweise teilten sich die Leute auf und bepflanzten mehrere Felder gleichzeitig, aber Draufgänger hatte Bedenken. Nachdem wir auf so viele Freaks getroffen waren, hielt er es für sicherer, unsere Kräfte zu konzentrieren und die Felder einzeln zu bepflanzen. Ich konnte ihm nur zustimmen. Etwas später– er lehnte allein an einem der Wagen, Altes Mädchen quer über seinen Armen– ging ich zu ihm.
    » Wie läuft es normalerweise

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