Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zuflucht

Die Zuflucht

Titel: Die Zuflucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Aguirre
Vom Netzwerk:
Siedlungen macht . Ich verdrängte den Gedanken. Auch wenn sie nicht mehr rein instinktgesteuerte Kreaturen waren wie früher, so schlau waren sie auch wieder nicht.
    Draufgänger meinte, wir hätten sie ausreichend dezimiert, sodass wir für den Rest des Sommers Ruhe vor den Freaks haben sollten. Ich hatte sie schon so oft das Verhalten ändern sehen, dass mir der Schluss etwas voreilig schien, aber ich wollte unserem Patrouillenführer nicht widersprechen. Er hatte weit mehr Erfahrung auf dem Gebiet, also begnügte ich mich damit, Befehle zu befolgen. Unten hatte ich auch nichts anderes getan, und zumindest schien Draufgänger ein fähiger Anführer zu sein.
    Trotzdem würde ich meine Messer ständig bereithalten.
    Bleich trat neben mich und nahm stumm meine Hand. In der Öffentlichkeit war mir diese Geste zwar unangenehm, aber ich ließ ihn gewähren und wurde auch prompt mit einem strahlenden Lächeln von Bleich belohnt. Davon konnte ich nie genug bekommen, denn Unten hatte ich ihn kaum je so gesehen. Bleich war berüchtigt gewesen für seine kalte, abweisende Art.
    Pirscher ging vorbei, ohne uns auch nur eines Blickes zu würdigen, und gesellte sich zu den anderen Wachen. Mittlerweile schien er bei ihnen voll akzeptiert zu sein. Ich schaffte es zwar, ihm nicht hinterherzuschauen, aber seine Worte gingen mir nicht mehr aus dem Kopf. Du wirst nicht glücklich mit ihm werden, Taube. Er ist viel weicher als du und ich. Irgendwann wirst du ihn zerbrechen .
    Werde ich nicht, schwor ich mir. Auch ich war weicher, als eine Jägerin eigentlich sein durfte. Das hatte sich mehr als einmal gezeigt, und es machte uns zu einem perfekten Gespann.
    Als der Tross sich in Richtung der Stadttore in Bewegung setzte, schob ich meine Zweifel beiseite und reihte mich zwischen den anderen ein. Diesmal waren keine Wagen dabei, nur die Pflanzer, die geschützt in unserer Mitte gingen. Was sie an Werkzeugen brauchten, trugen sie auf dem Rücken: Schaufeln, Spaten, Hacken und Eimer, in denen sie Wasser aus dem gleich hinter den Feldern gelegenen See holten. In den vergangenen Wochen hatte es nicht genug geregnet für die jungen Setzlinge, deshalb mussten wir die Felder nicht nur jäten, sondern auch bewässern. Jäten und bewässern. Wieder zwei Dinge, die ich noch nicht gekannt hatte, aber ich konnte ihre Bedeutung aus dem Zusammenhang erschließen.
    Eine angespannte Wachsamkeit lag über der ganzen Gruppe. Kein Wunder nach dem, was beim letzten Mal passiert war. Ich lockerte meine Messer, und Bleich warf mir einen anerkennenden Blick zu. Er schüttelte unmerklich den Kopf, um mir zu bedeuten, dass auch er anderer Meinung war als Draufgänger. Die Probleme waren noch lange nicht vorüber.
    Stattdessen beschlich mich das Gefühl, dass sie gerade erst angefangen hatten.
    Wir erreichten das erste Feld, ohne unterwegs auf einen einzigen Freak zu stoßen, und es wurde sofort klar, weshalb: Sie hatten alles zerstört. Die zerbrechlichen kleinen Pflanzen lagen herausgerissen auf der Erde, und ihre zarten Wurzeln vertrockneten an der Luft. Sie starben. Die fein säuberlich angelegten Furchen hatten die Freaks so lange mit ihren Klauen bearbeitet, bis nichts mehr übrig war, das darauf hindeutete, dass dies einst ein Ort der Hoffnung und Erneuerung gewesen war.
    Und sie hatten uns eine unmissverständliche Warnung hinterlassen: Sechs Mann waren bei dem Überfall gestorben, zwei Pflanzer und vier Wachen, und jetzt steckten ihre Köpfe auf angespitzten Holzpfählen.
    Eigentlich waren es nur mehr oder weniger gerade Äste, aber der Gedanke an die Intelligenz, die notwendig war, um auf so eine Idee zu kommen, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Die Schädel waren halb abgenagt, hier und da schimmerte der blanke Knochen hervor. Die Gehirne hatten sie herausgenommen, wahrscheinlich um sie zu essen, und am Hinterkopf gähnte ein dunkles Loch.
    Die Pflanzer schrien auf, als sie die grässlichen Pfähle sahen. Einige sanken auf die Knie, andere erbrachen ihr Frühstück, manche weinten verzweifelt. Die Wachen hatten sich besser im Griff und blickten nur entsetzt zu Boden. Auch sie ertrugen den Anblick nicht länger als ein paar Momente. Ich hingegen schaute mir das Mahnmal genau an, dieses neue Gesicht eines altbekannten Feindes.
    Als Warnung war es eine regelrechte Meisterleistung. Sie versetzte uns nicht nur in Angst und Schrecken, sondern sagte uns auch, dass es ganz in der Nähe noch mehr Freaks geben musste. Sie beobachteten uns, lauerten auf

Weitere Kostenlose Bücher