Die Zuflucht
daran zu verschwenden, hatte ich bereits meine Messer in der Hand. Pirscher, Bleich und ich stellten uns direkt vor den schmalen Durchgang, während die Pflanzer nach drinnen flohen und die anderen Wachen mit ihren Gewehren feuerten, was das Zeug hielt. Es war das reinste Inferno. Schüsse bellten, die Freaks heulten und knurrten, blutiger Schaum spritzte aus ihren Mäulern.
» Verriegeln!«, brüllte Draufgänger.
Wieder zogen die Wachposten an den Seilen, und die Torflügel bewegten sich ächzend aufeinander zu. In der Hektik riss einer der Männer zu stark an seinem Seil, der Mechanismus gab nach, und mit einem schrecklichen Scheppern brach ein Metallteil heraus. Das Tor stand immer noch einen halben Meter weit offen, die Wachen fluchten und rannten los, um Werkzeug zu holen.
Die Pflanzer stolperten schreiend auf den schmalen Spalt zu. Für sie bedeutete die hölzerne Mauer Sicherheit, aber ich wusste, die einzige Zuflucht lag in der eigenen Stärke. Daran hatte ich Unten geglaubt, und daran glaubte ich auch jetzt, als die Freaks heranstürmten. Sie waren angestachelt von der Aussicht, es durch das Tor zu schaffen– und auf ein Festmahl, wie sie noch nie eines gehabt hatten.
Sie haben uns eine Falle gestellt, und es sind so viele.
Drei der Monster stürzten sich gleichzeitig auf mich. Ich verschmolz mit meinen Messern, war nur noch Reflex und Instinkt. Blitzschnell wich ich Zähnen und Klauen aus, denn ich wusste aus eigener Erfahrung, wie grässlich sie einen Menschen zurichten konnten und wie leicht sich die Wunden infizierten. Die Klinge in meiner linken Hand durchtrennte eine Kehle, ich duckte mich und fuhr herum, stieß das andere Messer in den Bauch des zweiten Freaks.
Er jaulte und presste sich die Hände auf die Wunde. Die anderen hielten inne und beobachteten, wie er starb, und das kostete sie weitere Leben. Viel schlimmer war, dass sie anscheinend so etwas wie Mitgefühl entwickelt hatten: Ihre Artgenossen waren ihnen nicht länger egal. Die hier waren nicht wie die Freaks, gegen die wir in den Tunneln gekämpft hatten. Für sie hatte nichts anderes gezählt als Fleisch.
Angst kochte in mir hoch und pulsierte in meinen Adern, selbst während ich kämpfte. Wenn ich das Gefühl nicht in den Griff bekam, würde es über mich hinwegrollen, und ich würde die Flucht ergreifen. Und wenn ich das tat, würden andere meinem Beispiel folgen. Die Schlacht wäre verloren. Aber die Freaks griffen unvermindert an, also mussten sie sterben– sie oder ich. Es gab keinen anderen Weg.
Meine Hände wurden wieder ruhig. Keiner kommt an mir vorbei .
Der lautlose Schwur brachte alle anderen Geräusche um mich herum zum Verstummen. Ich spürte keine Furcht mehr, konzentrierte mich nur noch auf die heranstürmenden Freaks. Sie waren stärker als die in den Ruinen, besser genährt. Hier in der Wildnis fanden sie ausreichend Beute, große Vierbeiner mit viel Fleisch, und das brachte mich auf den Gedanken, dass es noch einen anderen Grund geben musste, warum sie uns angriffen. Natürlich waren wir Nahrung für sie, aber ihre wütenden Schreie sagten mir, dass sie uns auch zutiefst hassten. Ein fürchterlicher Gedanke.
Für sie sind wir die Bösen. Wir sind die Bedrohung, die ausgelöscht werden muss.
Die Vorstellung verstörte mich so sehr, dass ein Freak mich mit seinen Klauen erwischte. Sie fuhren quer über meinen Bauch, hinterließen einen klaffenden roten Strich auf meinem Hemd, und ich taumelte zurück, stolperte über die Gefallenen und schlug hart auf den Rücken. Eins meiner Messer fiel zu Boden.
Ich hatte den Tod verdient. Ich hatte versagt, hatte all mein Training vergessen, hatte zugelassen, dass meine Gedanken mich ablenkten. Allein die Schande hätte gereicht, um mich zu töten, falls der Freak es nicht tat.
Nichtsdestotrotz schlug ich mit dem anderen Messer nach seiner Kniekehle, das Ungeheuer knickte ein, und der Todesstoß verfehlte mich.
In diesem Moment sprangen Pirscher und Bleich von beiden Seiten heran und schlugen den Freak beinahe in zwei Hälften. Sie hatten sich zu mir durchgekämpft, und hinter ihnen lagen jene, die sich ihnen in den Weg gestellt hatten. Die morgendliche Sonne strahlte sie von hinten an, ich sah ihre dunklen Silhouetten vor gleißendem Licht, und jeder der beiden streckte mir eine blutverschmierte Hand entgegen.
Ich nahm sie beide und ließ mich von ihnen auf die Beine ziehen, weg von dem Ort meiner Erniedrigung.
Sie tadelten mich nicht, und Pirscher gab mir wortlos das
Weitere Kostenlose Bücher