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Die Zuflucht

Die Zuflucht

Titel: Die Zuflucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Aguirre
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auf, um das Traumbild zu verscheuchen. Im Lager war alles still. Zu still: Unsere Ablösung war eingeschlafen.
    In der Entfernung sah ich eine gebückte Gestalt davoneilen. Es roch nur leicht nach Verwesung, bei Weitem nicht so stark, wie ich es bei einem Freak erwartet hätte. Dass er sich unbemerkt in unser Lager geschlichen hatte, war noch nicht einmal das Schlimmste. Was mich am meisten beunruhigte, war der brennende Ast, den er in der Hand hielt.
    » Wach auf!«, brüllte ich und trat dem eingenickten Wachposten in die Rippen.
    Fluchend kam er auf die Beine und schlug nach mir, aber er war noch so benommen, dass ich nicht einmal ausweichen musste.
    » Schau dir das an! Was siehst du?«, schrie ich ihm ins Gesicht.
    Er kniff die Augen zusammen. » Ein Irrlicht, du blöde…«
    Bleich sprang auf und packte ihn am Hals. Der Mann lief bereits bläulich an, als ich Bleich von ihm wegzog. Ich konnte ihn kaum beruhigen, also weckte ich Draufgänger, um Schlimmeres zu verhindern.
    Er war sofort hellwach und spähte über meine Schulter in die Dunkelheit. » Was ist los?«
    Ich fasste zusammen, was passiert war, und er blickte mich fragend an. » Ich soll also glauben, ein Freak hätte sich in unser Lager geschlichen… und Feuer gestohlen?«
    Ich konnte seine Zweifel nachvollziehen. Hätte ich es nicht mit eigenen Augen gesehen, hätte ich die Geschichte auch nicht geglaubt. Ich deutete auf den Wachmann, der eingeschlafen war. » Er hat das Licht gesehen, wie es durch den Wald davongehuscht ist. Frag ihn.«
    Ich merkte verspätet, dass es derselbe Kerl war, der auch gewitzelt hatte, ich sei zu nichts anderem als zum Kochen zu gebrauchen. Sah ganz so aus, als würde er gleich noch mehr Ärger bekommen.
    » Es war ein Irrlicht, nichts weiter.«
    » Kannst du das beschwören?« Draufgänger baute sich vor ihm auf.
    Es folgte eine lange Stille. » Nein.«
    » Du wirst morgen früh die Latrine ausheben, Miles. Du und dein Partner. Wenn dieses Ding tatsächlich ein Freak war, hätte er uns allen die Kehle durchschneiden können.«
    Hätte er, aber er hatte es nicht getan.
    Es war mitten in der Nacht, aber an Schlaf war nicht mehr zu denken. Brennende Sorge fraß an mir, während ich ruhelos auf- und abging. Was in aller Welt wollten sie mit einem brennenden Ast? Vielleicht war er inzwischen schon erloschen, und gar nichts würde passieren.
    Zu gerne hätte ich das geglaubt.
    Aber die letzten Angriffe hatten deutlich gezeigt, dass sie immer gefährlicher wurden. Sie handelten nicht mehr nur aus Instinkt und Hunger. Hier im Wald gab es genug großes Wild, Hirsche und sogar Elche, Fleisch, so viel sie wollten. Beides hatte auch ich mittlerweile bei Oma Oaks gegessen. Es war köstlich, aber den Freaks ging es nicht mehr nur um Nahrung, sondern um etwas anderes.
    Etwas weit Beängstigenderes.

ERKUNDUNG
    Während der nächsten Woche errichteten wir die Befestigungen und stellten die Zelte auf. Die anderen behandelten mich mit einer Mischung aus Zorn und Misstrauen, vor allem Gary Miles, der glaubte, ich hätte ihn wegen nichts und wieder nichts in Verruf gebracht. Die Hälfte der Truppe war der gleichen Meinung, da während der vergangenen Nächte alles ruhig geblieben war. Sie hielten mich für ein hysterisches Weibchen, das nachts von schlechten Träumen geplagt wurde, weil wir unter freiem Himmel schliefen. Ich konnte nicht beschwören, was ich gesehen hatte, aber meine Version war immer noch glaubhafter als die von Miles, der behauptete, es wäre eine übersinnliche Lichterscheinung gewesen, ein Geist, der Menschen nachts in die Irre führte.
    Weit mehr beunruhigte mich die eigenartige Zurückhaltung der Freaks. Immer wieder ging ich in Gedanken durch, was passiert war, und fragte mich, ob ich mich getäuscht hatte. Bei Tage betrachtet sahen die Dinge so anders aus. Freaks schlichen nicht umher, und sie stahlen auch nichts. Andererseits hatten sie bis vor Kurzem auch keine Köpfe auf Pfähle gespießt oder sich getarnt. Diese neue Durchtriebenheit machte sie unberechenbar und damit zu weit gefährlicheren Gegnern.
    Aber ich wusste, was ich gesehen hatte. Es war tatsächlich passiert. Blieb nur noch die Frage, was sie mit dem gestohlenen Feuer vorhatten.
    » Das hier ist langweiliger, als ich gedacht habe«, sagte Pirscher und setzte sich zu mir. Ich schärfte gerade meine Messer und war froh, dass er über seinen Groll hinweg war. Hoffentlich konnten wir endlich wieder Freunde sein.
    » Das liegt am Warten«, erwiderte ich. »

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