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Die Zuflucht

Die Zuflucht

Titel: Die Zuflucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Aguirre
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geben, und diese Zurückweisung zerbrach mein Herz in tausend Stücke. Doch jetzt war nicht die Zeit, meinen Gefühlen nachzuspüren. Ich rief mir ins Bewusstsein, dass es Bleichs Selbstzweifel waren, die zwischen uns standen und ihn bluten ließen wie unsichtbare Messer. Also versuchte ich, ein möglichst neutrales Gesicht aufzusetzen, denn mein Mitleid würde ihm den Rest geben.
    Dann drehte ich mich um. » Ich habe nie etwas anderes behauptet. Ich habe dich nur nicht um deine Hilfe gebeten, weil ich dir nicht zu nahe treten wollte. Was mich angeht… ich möchte dich immer in meiner Nähe haben.«
    Â» Ich will nicht hierbleiben. Im Moment kann ich mich nicht einmal selbst ertragen. Kann ich mit dir kommen?«
    Der Schmerz in seiner Stimme besänftigte mich. » Du hast gesagt, du kannst nicht sein, was ich brauche. Aber du bist der, den ich will. Selbst wenn du dich aufgegeben hast, ich glaube an dich, und ich werde für dich kämpfen.«
    Â» Sag das nicht«, flüsterte er. » Ich bin es nicht wert.«
    Â» Das ist nicht wahr.«
    Am liebsten hätte ich mich in seine Arme geworfen, aber er war schon erschrocken, als ich ihn nur sachte geküsst hatte. Ich musste es langsam angehen, und wenigstens sprach er jetzt wieder mit mir. Wie Tegan gesagt hatte: Es gab keinen Zauber, der mir Bleich zurückbringen würde. Er musste selbst darauf kommen, wie wichtig und wertvoll er für mich war, und ich würde eben warten. Ganz egal, wie lange es dauern mochte.
    Weil mir nichts Besseres einfiel, hauchte ich ihm einen Kuss zu, wie ich es bei den Mädchen in Erlösung gesehen hatte, und er hob tatsächlich die Hand, als würde er ihn auffangen. Hoffnung flatterte in meinem Bauch wie ein frisch geschlüpfter Vogel. Mit einem Lächeln auf den Lippen schritt ich davon und hielt Ausschau nach Carolines Anhängern, für den Fall, dass sie mir unterwegs auflauerten. Kurze Zeit später hatte ich das Haus der Bigwaters erreicht und sah Zach auf der Veranda stehen. Er wartete schon auf mich und führte mich durchs Haus. Also hatte sein Vater ihn eingeweiht.
    Wir gingen eine Treppe hinunter in einen trockenen Lagerraum mit Lehmboden.
    Â» Drei Freunde von mir sind auf dem Weg hierher. Könntest du oben auf sie warten?«, fragte ich.
    Â» Natürlich«, erwiderte er, zögerte aber, sichtlich hin- und hergerissen. » Ich wünschte, ich könnte mitkommen. Wie ich gehört habe, wirst du Tegan mitnehmen, und ich… mag sie sehr.«
    Sein Mut beeindruckte mich, aber er hatte einfach nicht die nötige Erfahrung für die Aufgabe. Als ich sein Angebot höflich ablehnte, senkte er nur enttäuscht den Blick, und das sagte mir noch etwas über seinen Charakter: Er hatte nicht den nötigen Biss, um dort zu überleben, wo wir hingehen würden. Und das Letzte, was ich gebrauchen konnte, war Caroline einen Grund mehr zu geben, mich zu hassen. Außerdem hatte Tegan noch nie von ihm gesprochen und wäre wahrscheinlich wenig begeistert, wenn wir Zach mitnahmen.
    Schließlich kam Elder Bigwater mit dem versprochenen Proviant in den Keller. » Ich habe gehört, du hast ein kleines Team zusammengestellt. Sehr tüchtig von dir, aber ich musste noch ein zweites Mal zum Markt, um alles Nötige zu besorgen.«
    Ich akzeptierte sein Lob, obwohl ich Tegan und Bleich nicht einmal gebeten hatte, mich zu begleiten. Selbst Pirscher hätte ich nicht gefragt, wenn er mich nicht mit diesem Kuss aus der Fassung gebracht hätte. Dennoch erschien es mir ratsam, mich vor dem Stadtvorsteher in einem möglichst guten Licht zu präsentieren.
    Zu meiner großen Erleichterung war er nicht auf ein Gespräch aus. So wie ich die Dinge sah, war bereits alles gesagt: Ich würde den Auftrag erfüllen, den er mir erteilt hatte. Was gab es da noch zu besprechen?
    Kurze Zeit später trafen die anderen ein. Pirscher kam als Erster, dann Bleich und schließlich auch Tegan. Mittlerweile war es Nacht geworden– die ideale Zeit, um uns unbemerkt davonzustehlen. Die Freaks, die die Stadt belagerten, schliefen ein gutes Stück entfernt, außerhalb der Reichweite unserer Gewehre, und falls wir unterwegs irgendwelchen Streunern begegneten, würden wir mit ihnen fertigwerden. Bis die Sonne aufging, sollten wir halbwegs in Sicherheit sein.
    Â» Ich werde euch eine Abschiedsrede ersparen«, sagte Bigwater. » Dass unser aller Schicksal

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