Die Zuflucht
meinem Kleid, aber aus dieser Entfernung konnte ich mit ihnen nichts ausrichten.
Einige der Monster schafften es bis an die Umpfählung, aber glücklicherweise hatten sie keine Fackeln dabei. Bald, dachte ich. Bald werden sie dahinterkommen.
Harry beugte sich über die Balustrade und schoss senkrecht nach unten. Die Schädeldecke eines Freaks platzte auf, und sein Gehirn spritzte gegen das Holz. Es roch nach Tod. Der Gestank war so entsetzlich, dass ich mich beinahe übergeben hätte.
» Du solltest jetzt gehen«, sagte Harry.
Ich konnte es ohnehin nicht ertragen, einfach danebenzustehen und nichts zu unternehmen, also gehorchte ich. Ich hatte immer noch Milesâ Gewehr, wollte mir aber nicht noch mehr Ãrger mit Mrs. Bigwater einhandeln. Andererseits wären die Wachen unter den gegebenen Umständen vielleicht froh um jede Hilfe, egal von wem. Ich würde Oma Oaks um Rat fragen.
Glücklich, wieder eine Aufgabe zu haben, rannte ich nach Hause. Ich konnte meine Jägerinnenkluft anlegen und mir einmal mehr einen Platz in der Gemeinschaft von Erlösung verdienen. Bestimmt würde ich immer besser mit dem Gewehr werden, je mehr Ãbung ich bekam, und im Moment bot sich von der Mauer aus jede Menge Gelegenheit dazu. Vor allem die Fackelträger wollte ich von dort oben erledigen.
Mit fliegendem Kleid stürmte ich durch die Vordertür, und Oma Oaks lieà erschrocken den Rock fallen, dessen Saum sie gerade flickte. » Bist du verletzt?«
» Nein, Maâam. Ich brauche nur mein Gewehr«, antwortete ich.
Sie starrte mich an, als hätte ich gerade gesagt, ich wolle mich mit Edmund fortpflanzen. » Wozu?«
» Ich werde auf der Mauer gebraucht. Glaubst du, jemand könnte was dagegen haben?« Eigentlich war das eine vollkommen unsinnige Frage. Ich war eine Frau, ich konnte schieÃen, und ich wollte helfen. Was sprach also dagegen? Andererseits wollte ich die Bürger von Erlösung nicht noch mehr gegen mich und meine Pflegeeltern aufbringen.
Oma Oaks überlegte lange, bevor sie antwortete. » Wenn du darauf achtest, nicht zu viel Aufmerksamkeit zu erregen, dürfte es keine Probleme geben«, sagte sie schlieÃlich.
Ich hatte auch nicht vorgehabt, durch die ganze Stadt zu laufen und überall zu verkünden: Seht her, ich bin ein Mädchen, das am liebsten Hosen trägt und mit dem Gewehr wild um sich schieÃt. Aber ich wusste, was sie meinte.
» Ich werde vorsichtig sein«, sagte ich und rannte die Treppe hinauf.
Als Erstes verstaute ich die Ledermappe mit Draufgängers Vermächtnis. Dann zog ich mich um und suchte das Gewehr. Jemand hatte es entladen und unter meinem Bett verstaut. Die Patronen fand ich in einer Schublade. Ich streifte meine Jägerinnenkluft über, und als ich in Edmunds Stiefel schlüpfte, dachte ich daran, wie stolz er gewesen war, als er sie mir überreichte. Er hatte sie eigens für mich gemacht, sie passten perfekt, und das Leder war während des Sommers wunderbar weich geworden. Ich zog die Schleife aus meinem Haar und ersetzte sie durch ein einfaches Band.
Ich war wieder eine Jägerin.
Oma Oaks küsste mich zum Abschied, und ich schlich mich vorsichtig durch die NebenstraÃen, damit mich möglichst wenige sahen. Tatsächlich schien niemand etwas zu bemerken. Anscheinend hielten die Leute mich für einen Jungen, aber das war mir nur recht.
Harry Carter war nach wie vor auf seinem Posten, als ich zurückkam. Diesmal kletterte ich sofort nach oben, ohne auf eine Erlaubnis zu warten, und er fragte mich erst gar nicht, was ich hier wollte. Das Gewehr über meiner Schulter war Antwort genug.
Er sah entsetzlich müde aus. Sie waren nicht genug, um die gesamte Mauer ständig zu bewachen, und die wenigen Soldaten, die wir hatten, waren in viel zu langen Schichten im Einsatz.
» Im Moment haben sie sich zurückgezogen«, erklärte er, während ich mein Gewehr überprüfte. » Aber sie werden bald wiederkommen. Es dürften genug Ziele für dich übrig bleiben.«
Wir mussten nicht lange warten. Als es so weit war, hob ich das Gewehr und zielte auf den Rumpf, wie Draufgänger es mir beigebracht hatte. Der Freak wurde herumgerissen und stürzte. Meiner . Ein weiterer Abschuss auf meiner Liste. Niemand läutete mir die Glocke, denn es waren viel zu viele Tote, und der Lärm wäre unerträglich gewesen. Die Schüsse und das Gebrüll der Freaks
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