Die Zuflucht
Ihr seid beide sehr freundlich zu mir. Ich möchte nicht, dass ich der Grund bin, weshalb ihr unglücklich seid, aberâ¦Â«
» Du kannst niemand anders sein, als du bist«, unterbrach mich Oma Oaks. » Und das bedeutet, dass du tun musst, was du für richtig hältst. Ich verstehe dich, Kind, von ganzem Herzen.«
» Ich werde dich vermissen. Ohne dich wird es recht einsam werden bei uns zu Hause«, brummte Edmund, und ich wusste, er meinte es ehrlich. » Und heute Nacht werde ich dir ein Paar anständige Stiefel machen, welche, die zum Kämpfen taugen.«
» Danke.«
Er warf Pirscher und Bleich einen kurzen Blick zu. » Mir scheint, deine Freunde könnten auch welche gebrauchen. Ich kann nicht versprechen, dass sie bis zum Morgen fertig sind, aber ich werde einen Boten zu den Feldern schicken und sie euch nachbringen lassen.«
Ich hatte meine Zweifel, ob er angesichts der momentanen Gefahr einen Freiwilligen für die Aufgabe finden würde, wollte ihn aber nicht entmutigen. Also schaute ich nur stumm zu, wie er sich hinkniete und die FüÃe der beiden vermaÃ. Vor allem Pirscher schien verdutzt über die Geste, und ich fragte mich, ob dies das erste Mal war, dass jemand freiwillig etwas für ihn tat. Sofort musste ich an die Kluft zwischen uns denken und bereute, dass ich nicht für ihn da sein konnte, ohne Bleich zu verärgern. Ich verstand einfach nicht, warum das so sein musste, aber junge Männer schienen einen Revierinstinkt zu haben wie Raubtiere.
» Ich werde dem Schmied erklären müssen, dass ich ihm eine Zeit lang nicht mehr zur Verfügung stehe«, sagte Pirscher, nachdem Edmund die MaÃe abgenommen hatte.
» Und ich gehe besser mal zu Mr. Jensen«, brummte Bleich verdrossen.
» Macht es euch etwas aus, wenn ich ihn begleite?«, fragte ich meine Pflegeeltern in dem verspäteten Versuch, sie doch noch in meine Entscheidungen einzubeziehen.
» Aber komm danach gleich nach Hause«, erwiderte Oma Oaks. » Ich werde etwas ganz Besonderes für dich kochen. Der Himmel allein weiÃ, wann du das nächste Mal etwas Anständiges zu essen bekommst.«
Essen dürfte meine geringste Sorge sein, wenn wir drauÃen auf den Feldern waren, aber ich wusste, Oma Oaks wollte mich unterstützen, wo sie nur konnte. Und vielleicht half mir ein köstliches Abendessen sogar dabei, mich daran zu erinnern, wofür ich kämpfte. Kocher und Schaffer standen nicht weniger hoch in meiner Wertschätzung als andere. Jeder hatte seine Aufgabe zu erfüllen, und jede Aufgabe war wichtig.
Bleich nahm meine Hand, und wir gingen zu den Ställen. Er fühlte sich warm an, und der Griff seiner Finger gab mir Sicherheit in einer Welt, die aus den Fugen geraten war. Seine Schönheit tat mir beinahe weh, aber es war der süÃeste Schmerz, den ich je gekannt hatte, süÃer sogar als die Schnitte von meinem Namensgebungstag. Denn dieser Schmerz wärmte mir das Herz, und am liebsten hätte ich ihn geküsst, auch wenn die gesamte Stadt zuschaute.
» Ich habe mich noch gar nicht bei dir bedankt, dass du dich mit mir freiwillig gemeldet hast«, sagte ich.
» Du brauchst mir nicht für das zu danken, was mir mein Herz gebietet, Zwei. Ich werde so lange an deiner Seite bleiben, wie du mich lässt.«
Ich fand seinen Kommentar seltsam. Ich hatte ihn nie zurückgewiesen, selbst dann nicht, als ich noch glaubte, er sei verrückt. Vielleicht hatte es mit den vielen Verlusten zu tun, die Bleich erlitten hatte. Tief in seinem Innern glaubte er wahrscheinlich, nichts könnte ewig Bestand haben. Nicht einmal wir beide. Dass ich ihn eines Tages verlassen würde, wie seine Zeuger es getan hatten, oder er würde fortgeschickt aus Gründen, die wir uns noch nicht einmal vorstellen konnten. In diesem Moment fasste ich den felsenfesten Entschluss, ihn nie im Stich zu lassen. Ich würde bei ihm bleiben und ihm beweisen, dass es Dinge gab, die für immer warenâ dass das Band zwischen uns auf ewig Bestand haben würde.
Wir hatten die Ställe noch nicht einmal erreicht, da schlug uns schon eine wütende Stimme entgegen: » Wo zum Teufel warst du die ganze Zeit? Der Pferdedung schaufelt sich nicht von alleine weg.«
Die Worte Teufel und Pferdedung kannte ich nicht, aber an Bleichs wütendem Gesichtsausdruck sah ich, dass er sie schon öfter gehört hatte und sie wohl nichts Gutes
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