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Die Zuflucht

Die Zuflucht

Titel: Die Zuflucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Aguirre
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bedeuteten.
    Â» Auf Patrouille«, erwiderte er. » Morgen werden wir auf den Feldern Posten beziehen, also wirst du dir einen anderen Gehilfen suchen müssen.«
    Â» Den Teufel werde ich!«, schimpfte Jensen und stapfte auf uns zu. Er war ein hässlicher Kerl, hatte eine schmächtige Statur und noch weniger Manieren. Er verströmte einen unangenehmen Geruch, stechend und irgendwie vergoren. » Willst du wieder den Riemen spüren?«
    Als ich mir vorstellte, er könnte Bleich ausgepeitscht haben, sah ich rot. Gleichzeitig fragte ich mich, warum er nie davon erzählt hatte. Vertraute er mir nicht?
    Â» Stadtvorsteher Bigwater hat den Befehl gegeben«, warf ich ein. » Ich glaube nicht, dass Sie etwas in der Sache mitzureden haben.«
    Der Tierpfleger bedachte uns mit noch mehr Schimpfworten, und ich nahm Bleichs Hand. » Hol deine Sachen und komm mit zu mir. Du wirst hier keine einzige Nacht mehr verbringen.«

GNADENFRIST
    Das Haus der Oaks roch vertraut und heimelig. Es war ein eigenartiger Gedanke, jetzt, da ich schon am nächsten Tag zu den Feldern aufbrechen und eine ganze Weile nicht mehr zurückkommen würde, aber der Duft von frisch gebackenem Brot war für mich gleichbedeutend geworden mit Sicherheit.
    Oma Oaks kam aus der Küche und trocknete sich die Hände an der Schürze ab. Ich hatte sie nicht gefragt, ob ich Bleich einladen durfte– und er hatte alle seine Sachen dabei. Verwirrung spiegelte sich auf ihrem Gesicht.
    Â» Was hat das zu bedeuten?«
    Da Bleich nicht darüber sprechen wollte, übernahm ich das Reden. » Er muss die Nacht über bei uns bleiben. Mr. Jensen hat gedroht, ihn auszupeitschen, und das nicht zum ersten Mal, glaube ich.«
    Sie neigte ungläubig den Kopf, und ihre Lippen wurden zu einem dünnen weißen Strich. » Meinst du, nicht zum ersten Mal damit gedroht, oder dass er es bereits getan hat?«
    Die Frage schien ihr wichtig zu sein. Nicht immer ließen Menschen ihren Worten Taten folgen, auch wenn Mr. Jensen mir nicht zu dieser Kategorie zu gehören schien.
    Â» Heb dein Hemd«, sagte ich zu Bleich. Falls ich unrecht hatte, würde es sich gleich herausstellen. Der wütende Blick, den er mir daraufhin zuwarf, sagte mir, dass es stimmte.
    Auf dem Bauch war nichts zu sehen. Dann drehte er sich um. Sein wunderschöner, muskulöser Rücken war überzogen mit den Spuren, die die Monate bei Mr. Jensen hinterlassen hatten. Rote Striemen spannten sich über die Haut, manche davon vernarbt, andere frisch verschorft, und darum herum sah ich grüne und blaue Blutergüsse. Sein Pflegevater musste ihn geschlagen haben, seit Bleich bei ihm eingezogen war. An Oma Oaks’ Gesicht erkannte ich, dass sie wünschte, sie hätte ihn hierbehalten, auch wenn es gegen die geltenden Anstandsregeln verstieß. Erlösung hatte Bleich bei Weitem nicht so liebevoll aufgenommen wie mich.
    Â» Damit wird Arlo Jensen nicht ungeschoren davonkommen«, knurrte sie zornig. » Edmund!«
    Bleich wollte seine Schande verbergen, und je mehr Zeugen es gab, desto schlimmer wurde es für ihn. Aber wenn wir nichts unternahmen, würde dieser widerliche Wurm für sein Verbrechen nicht mal bestraft werden.
    Als Edmund die Narben sah, lief er feuerrot an.
    Â» Ich werde mich sofort darum kümmern«, knurrte er mit geballten Fäusten und stapfte zur Tür hinaus.
    Oma Oaks nahm Bleich sanft bei der Hand und führte ihn in die Küche. » Das Essen ist fast fertig, aber zuerst muss ich mich um deinen Rücken kümmern.«
    Als sie Bleich bei der bloßen Vorstellung zusammenzucken sah, schien meine Pflegemutter sofort zu verstehen, dass er nicht leicht Vertrauen fasste. Sie holte das Verbandszeug und legte mir eine Hand auf die Schulter. » Ich gehe jetzt den Tisch decken. Vielleicht ist es besser, wenn du seine Wunden versorgst.«
    Â» Was meinst du?«, fragte ich Bleich.
    Â» Mir wär’s lieber, wenn du es machst.« Seine Stimme klang, als würde er es vorziehen, wenn wir ihn einfach in Ruhe ließen. Aber davon würden die Verletzungen nicht heilen.
    Â» In Ordnung«, erwiderte ich. » Zieh dein Oberteil aus.«
    Meine Hände zitterten leicht, als er sich vor mich setzte. Salbe auf Kampfwunden zu schmieren machte mir nichts aus, aber das hier war etwas anderes. Ein Mensch hatte sie ihm zugefügt und kein Freak. Ein Mensch, der weder verrückt noch krank

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