Die Zukunftsmacher
Dach trug.
Sie stiegen Treppen hinauf und traten durch eine Tür. Um einen Tisch herum saßen sechs Jupitermenschen, die über etwas diskutierten. Vor jedem von ihnen stand eine Utana-Flasche, in jedem blaulippigen Mund steckte eine Oama-Zigarette. Häßliche Gesichter wandten sich Kerac zu. Er stellte auf Grund der Abzeichen an ihren aufgeblähten Uniformen fest, daß hier die höchsten Beamten der lokalen Regierung versammelt waren. Sie gehörten zu denen, die für die Zerstörung des Mars mitverantwortlich waren.
Der Mann am Kopfende der Tafel sprang auf. »Brondar«, sagte er scharf, »du unterbrichst eine Konferenz. Was ist los?«
Brondar schob Kerac weiter in den Raum hinein. Er winkte mit einer großen Pratze der Versammlung zu und sagte: »Er ist nicht entflohen, Grannd. Er wird, wie ich es dir versprochen habe, Musik für dich machen. Und du wirst mich gut dafür bezahlen, daß ich ihn gefunden habe.«
Grannd, ein kleiner Jupitermensch, ging rasch zu Kerac und examinierte ihn gründlich von Kopf bis Fuß.
»Du bist also der Marsmensch.« Es war eine reine Feststellung. »Ich habe von dir gehört, als du im Exil auf dem Jupiter warst. Dort hast du getan, was dir paßte. Hier, wo es nicht so viele Gesetze gibt, sondern viele ungeschriebene Regeln, wirst du tun, was uns paßt. Man sagt, du seist gut. Ich, Grannd, werde das Urteil fällen. Spiele!«
Kerac schaute Grannd an. Er wußte, daß er der Leiter der Programmstation war, von der aus alle Lautsprecheranlagen bespielt wurden.
Wenn er es nun geschickt anstellte, dann würden die Jupitermenschen zu ihrem eigenen Untergang Beihilfe leisten.
Die nächsten Minuten würden die Entscheidung bringen. Die nächste Stunde würde über Erfolg oder Mißerfolg seines Plans entscheiden. Er fühlte sich etwas ängstlich, weil seine große Chance so überraschend schnell gekommen war.
Kerac setzte sich. Er machte den Eindruck, als ob er abgestumpft sei. Dann hob er die Flöte an die Lippen und begann zu spielen.
Die Musik war so süß und traurig, daß der Oama-Rauch aufhörte, durch die Luft zu ziehen, und in der Luft erstarrte.
Die Jupiter-Beamten, die schlitzäugig über ihrer Utana-Flasche hingen und Oama-Zigaretten rauchten, fanden sich wie in einen Schraubstock gespannt. Diese Musik war reine Hypnose. Jeder Ton, der das Ohr erreichte, erhöhte den Wunsch nach mehr. Es war der melancholische Gesang der Kam-Vögel, trauriger und getragener als er je gehört worden war.
Als Kerac fertig war, spielte er sein Lied noch einmal, weil die Stille, die folgte, unerträglich für die Nerven war. Er spielte diesmal ein wenig schneller. Der Raum war von Schweigen erfüllt. Sogar Brondar war beeindruckt und sagte nichts.
Als Kerac das zweite Lied beendet hatte, wurde nicht applaudiert. Es gibt wunderbare Dinge im Universum, die man nicht mit Lärm, sondern mit einem anbetungsvollen Schweigen ehrt. Es wäre genauso unmöglich, mitten in einer Kirchenmesse »bravo« zu rufen oder in die Hände zu klatschen, wenn man einen Spiralnebel zu Gesicht bekommt.
Das Schweigen hielt an.
Brondar rutschte unbehaglich herum. Es schien, als hätte er zum erstenmal in seinem Leben Schönheit bewundert und als fühlte er jetzt deswegen Reue. Schließlich fluchte er und zündete sich eine Oama-Zigarette an.
Die fünf hohen Beamten erwachten aus ihrer Trance, murmelten vor sich hin, rauchten und nahmen tiefe Züge aus ihren Utana-Flaschen.
Auch Grannd schlürfte Utana. Er dachte nach. Dann schaute er die anderen an. Sie nickten. Er wandte sich zu Kerac.
»Du wirst es noch einmal spielen, damit ich eine Bandaufnahme davon machen kann.«
Kerac unterdrückte ein zufriedenes Lächeln. Grannd sprach weiter.
»Es war sehr gut. Du solltest dich geschmeichelt fühlen, daß ich, Grannd, dich gelobt habe.« Seine Redeweise war so kurz wie sein Körper. Der Mann strahlte Selbstgefälligkeit aus. Er erwartete offensichtlich unverzüglichen Dank.
Kerac gab vor, in Gedanken versunken zu sein. Er ließ sich absichtlich Zeit. Es sollte nicht so aussehen, als wäre er erpicht darauf, zu kooperieren.
»Ich weiß nicht so recht«, sagte er langsam. »Ich habe es bisher nie zugelassen, daß eine Aufnahme gemacht wird.«
Grannds Augen funkelten böse. »Aber jetzt wirst du es tun. Für mich. Jetzt sofort.«
»Warum?«
»Warum?« Grannd blies die blauen Backen auf. »Ich, Grannd, werde deine Musik Jupiter übermitteln. Außerdem werde ich deine Melodien über Lautsprecher auf dem ganzen Mars
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