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Die zwei Leben der Alice Pendelbury: Roman (German Edition)

Die zwei Leben der Alice Pendelbury: Roman (German Edition)

Titel: Die zwei Leben der Alice Pendelbury: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Levy
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sie genug davon getrunken, um aus vollem Hals und von Lied zu Lied lauter zu singen, bis schließlich ihr Flurnachbar Mr. Daldry an die Tür klopfte.
    Sam hatte als Einziger den Mut zu öffnen und versprach ihm, der Lärm würde sofort aufhören, übrigens sei es für sie ohnehin an der Zeit, nach Hause zu gehen. Mr. Daldry hatte seine Entschuldigung angenommen, allerdings nicht ohne etwas hochmütig zu erklären, er suche Schlaf und wisse es wirklich zu schätzen, wenn seine Nachbarn dieses Unterfangen nicht vereiteln würden. Es sei nicht die Bestimmung des viktorianischen Hauses, in dem sie wohnten, sich in einen Jazzklub zu verwandeln, und ihre Unterhaltung durch die dünnen Wände zu verfolgen sei schon unangenehm genug. Dann war er in seine nebenan liegende Wohnung zurückgekehrt.
    Alices Freunde hatten Mäntel, Schals und Mützen angezogen, und man hatte sich für den nächsten Morgen um zehn Uhr an der Victoria Station auf dem Bahnsteig verabredet, von dem der Zug nach Brighton abfuhr.
    Als sie allein war, schaffte Alice etwas Ordnung in dem großen Raum, der je nach Tageszeit als Atelier, Wohn-, Ess- oder Schlafzimmer diente. Als sie gerade das Sofa ausklappen wollte, richtete sie sich plötzlich auf und blickte zur Tür. Wie hatte ihr Nachbar die Unverfrorenheit besitzen können, einen so schönen Abend zu unterbrechen, und mit welchem Recht war er bei ihr eingedrungen?
    Sie nahm ihr Tuch von der Garderobe, betrachtete sich in dem Spiegel im Eingang, hängte es zurück, weil es sie alt machte, und ging entschlossen los, um an Mr. Daldrys Tür zu klopfen. Die Hände in die Hüften gestemmt, wartete sie, bis er öffnete.
    »Sagen Sie mir, dass es brennt und dass Sie nur deshalb plötzlich so hysterisch sind, weil Sie mich vor den Flammen retten wollten«, sagte dieser mit verkniffener Miene und seufzte.
    »Erstens ist elf Uhr nicht spät für den Vorabend eines Wochenendes, und zweitens habe ich Ihre Tonleitern oft genug zu ertragen, sodass Sie etwas Lärm akzeptieren könnten, wenn ich ausnahmsweise mal Besuch habe.«
    »Ihre lauten Freunde kommen jeden Freitag zu Ihnen, und Sie haben eine bedauerliche Tendenz, systematisch zu tief ins Glas zu schauen, was nicht ohne Folgen für meinen Schlaf ist. Und zu Ihrer Information, ich besitze kein Klavier, die Tonleitern, über die Sie sich beklagen, müssen also von anderswoher kommen, vielleicht aus der Wohnung der Dame unter Ihnen. Ich bin Maler und kein Musiker, und die Malerei verursacht keinen Lärm. Dieses alte Haus war ruhig, solange ich der alleinige Bewohner des Stockwerks war.«
    »Sie malen? Was malen Sie denn, Mister Daldry?«
    »Stadtlandschaften.«
    »Merkwürdig, ich hätte nicht geglaubt, dass Sie Maler sind, sondern eher …«
    »Was haben Sie geglaubt, Miss Pendelbury?«
    »Ich heiße Alice, Sie sollten meinen Vornamen kennen, nachdem Ihnen keine unserer Unterhaltungen entgeht.«
    »Ich kann nichts dafür, dass die Wände so dünn sind. Darf ich nun, da wir uns offiziell vorgestellt haben, zurück in mein Bett, oder möchten Sie dieses Gespräch im Treppenhaus fortsetzen?«
    Alice musterte ihren Nachbarn eine Weile.
    »Was stimmt bei Ihnen nicht?«, fragte sie dann.
    »Wie bitte?«
    »Warum nehmen Sie eine so distanzierte und feindselige Haltung ein? Nachdem wir Nachbarn sind, könnten wir uns etwas anstrengen, um uns zu verstehen oder zumindest so zu tun als ob.«
    »Ich lebe schon lange hier, Miss Pendelbury, doch seit Sie in diese Wohnung gezogen sind, die ich zu übernehmen hoffte, ist mein Leben gestört und meine Ruhe nur noch eine ferne Erinnerung. Wie oft haben Sie schon bei mir geklopft, weil Ihnen Salz, Mehl oder etwas Margarine fehlte, wenn Sie für Ihre reizenden Freunde gekocht haben, oder aber eine Kerze, wenn der Strom ausgefallen war? Haben Sie sich nie gefragt, ob Ihr häufiges Anklopfen mein Privatleben stört?«
    »Sie wollten in meine Wohnung ziehen?«
    »Ich wollte mein Atelier dort einrichten. Sie sind die Einzige in diesem Haus, die ein Glasdach hat. Aber leider haben Sie mit Ihrem Charme unsere Besitzerin betört, also begnüge ich mich mit dem blassen Licht, das durch die bescheidenen Fenster einfällt.«
    »Ich bin unserer Besitzerin nie begegnet, ich habe die Wohnung über einen Makler angemietet.«
    »Könnten wir es heute Abend dabei bewenden lassen?«
    »Verhalten Sie sich deshalb seit meinem Einzug so kalt, Mister Daldry? Weil ich das Atelier bekommen habe, das Sie beziehen wollten?«
    »Miss Pendelbury, das Einzige,

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