Die Zwei Schwerter, Band 2: Die Rückkehr der Elben (German Edition)
Zweck waren ferner schon den ganzen Tag über klobige Steine hinter die Zinnen geschafft worden. Allerdings erwies sich das Sammeln der Wurfgeschosse als schwierig, denn es gab in der Umgebung nur wenig Fels, und zudem durfte man die Schützen auf dem Steg hinter der Brustwehr nicht völlig ihres Platzes berauben.
Die übrigen Streitkräfte, die mit Speeren und Schwertern bewaffnet waren oder gar über Pferde verfügten, harrten auf dem freien Platz vor dem Zeltlager aus, um bei Bedarf sogleich dierückwärtige Seite des Tores zu besetzen. Einige kräftige Männer waren eigens dazu eingeteilt, die schwergängigen Kurbeln, mit dern Hilfe man die Torflügel über in riesigen Winden laufende Ketten öffnen konnte, zu bedienen, denn während der Schlacht konnte ein Ausfall jederzeit sehr kurzfristig und überraschend befohlen werden.
Die hereinbrechende Nacht erwies sich zunächst als ungewöhnlich kühl, was überwiegend einem zügigen Wind, der vom Onda Marën herüber blies, zuzuschreiben war. Die Sterne prangten derweil leuchtend klar am verdunkelten Himmel, denn keine Wolke schickte sich bislang an, ihren Glanz zu trüben. Der Mond stand hoch dazwischen als eine weiße Scheibe, von deren rechtem Rand ein Stück fehlte, denn erst in einigen Tagen wurde im Westen Arthiliens die nächste Vollmondnacht erwartet.
Das Zwielicht, das über der geschwärzten Landschaft lag, zeigte der Besatzung des Walls immerhin im Ungefähren, was unweit südlich von ihnen im Lager der Feinde vor sich ging, und der flackernde Schein der zahlreichen dortigen Feuerstellen sorgte für eine zusätzliche Beleuchtung. Ganz offenkundig kümmerten sich die Belagerer nicht darum, dass sie sich und ihr Tun auf diese Weise für ihre Widersacher gut erkennbar machten.
Eine rege Geschäftigkeit herrschte am Saum des Waldes in den Reihen der Durotarer. Die Vermutung, dass sie sich aus dem Holz der Bäume Geräte zur Belagerung erschufen und sich für den nahen Ansturm rüsteten, lag sehr nahe. Das Ultimatum des Schwarzen Gebieters war längst abgelaufen, sodass zu erwarten war, dass der Angriff nicht mehr lange auf sich warten ließ. Denn wann sonst als bei Nacht, wo den Bogenschützen die Sicht verschleiert war, sollte eine Erstürmung der hohen Mauern größere Aussichten auf Erfolg haben?
Alle der Lemurier, die aufgeboten waren, um ihr Land zu verteidigen, wachten und befanden sich in voller Bewaffnung und Rüstzeug auf ihren Posten. Das Warten nagte schwer an den Männern, und bald hofften viele von ihnen, der Feind möge sich endlich regen und ihre nur schwer ertragbare Untätigkeit beenden. Denn damit, dass ein Gefecht stattfinden würde in dieser Nacht, hatten sie sich ohnehin längst abgefunden.
Gleichwohl ließ der Angriff für eine weitere Zeitspanne auf sich warten. Die Stunde nach Mitternacht kam und ging vorüber, ohne dass sich etwas auf Seiten der Orks regte oder auch nur ein ungewohnter Laut die Stille trübte. Die einzige Änderung, die eingetreten war, bestand darin, dass die Angehörigen der Horde Durotars die Mehrheit der in ihrem Lager brennenden Feuer gelöscht hatten. Infolgedessen war aus der Ferne kaum noch zu gewahren, was sie derzeit unternahmen.
„Es ist ärgerlich, dass die Mauern keine Ausfallpforte haben“, sagte Beregil. Er stand auf einem Platz auf dem Wehrgang neben Obron, einem der Heeresmeister seiner Streitkräfte. Dieser hatte die Fünfzig noch längst nicht erreicht, obgleich sein Haupt weitgehend kahl unter seinem mit einem blauen Federbusch gezierten Helm war. Der Offizier war kräftiger gebaut als der Oberkommandierende und galt zuweilen als Heißsporn, obschon seine Zuverlässigkeit und Loyalität über jeden Zweifel erhaben waren. „Wir könnten die Feinde mit einem unerwarteten Ausfall von berittenen Bogenschützen überraschen oder wenigstens Späher nach außerhalb schicken, die uns etwas über das berichten würden, was dort draußen vor sich geht. So aber bleibt uns nichts anderes übrig als zu warten, während unsere Männer immer ungeduldiger und ermatteter werden.“
„Daran haben unsere Vorfahren bei dem Bau der Anlage wahrlich nicht gedacht. Aber womöglich erwogen sie auch niemals, dass wir uns hinter dem Stein verbergen und irgendwelchen Aggressoren nicht auf offenem Felde gegenübertreten. Ohnehin ist der Wall viel zu lang, um ihn an jeder Stelle zu besetzen, und zudem ist er nicht massiv genug, um einem beharrlichen Anrennen lange Zeit zu widerstehen. Ich will damit nicht sagen, dass
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