Die Zwei Schwerter, Band 3: Der Marsch der Zwerge (German Edition)
dahinzogen. Dies gab ihnen die Gewissheit, dass sie ihr Ziel in der Tat bald erreicht haben würden. Der Zwerg, der sich in dieser Gegend bestens auskannte, wurde immer frohgelaunter und gab Blitzhuf, über dessen Unbequemlichkeit er sich überraschenderweise schon den ganzen Tag über nicht mehr beschwerte, pausenlos Anweisungen bezüglich der weiteren Wegstrecke.
„Schon als junge Zwergenkinder haben wir in diesem Wald gespielt, wenn wir besonderen Mut beweisen und unsere unterirdischen Hallen einmal verlassen wollten. Wir stellten uns vor, dass Elben und Oger und tückische Raubtiere dort hausen und jagten uns gegenseitig Schrecken ein mit reichlich Ausdauer und Witz. Das war ein Spaß!“
Als sie unter dem Dach, das die weit ausladenden Kronen der Piniengehölze bildeten, schließlich hinaustraten, fielen gewaltige, unumgängliche Schatten auf sie. Wie mächtige, von Engeln als Schutzwall errichtete Bauwerke ragten die Berge einer neben oder hinter dem anderen empor. Sie hatten den Fuß des Goldenen Gebirges endlich erreicht. Dies bedeutete, dass die Zeit des harten und weiten Galopps vorüber war und sie nun einen nicht minder beschwerlichen Aufstieg vor sich hatten.
Der Blick der beiden Gefährten schweifte nach oben und fand einen besonders schön geformten Bergriesen mit welligen Flanken und einem blauen Antlitz vor dem glasklaren Horizont. Er, den die Zwerge aufgrund seiner scheinbar von einem geduldigen Künstler aufgetragenen Farbeden
Lômbur-Âchbad
, den
Blauen Berg,
nannten, war die höchste Erhebung des zweitgrößten Gebirges des nördlichen Kontinents. Eine besondere Bedeutung kam ihm jedoch vor allem daher zu, da sich in seinem Massiv der Haupteingang nach Gâlad-Kalûm, dem großen Reich Zwergenauen, befand. Ferner lag in beträchtlicher Höhe, nicht weit unterhalb seiner mit einem zarten Weiß getünchten Schultern, eine von außen unerreichbare natürliche Terrasse, die den wachsamen Zwergen als Ausguck nach Westen und Wehrposten diente. Jene Plattform grenzte an
Hêled-Kalûm
, die
Große Halle
, den – wie der Name sagte – größten und wichtigsten der zahlreichen in den Fels eingelassenen Säle des Reiches.
Das Gebirge zu ihrer Rechten nicht mehr aus den Augen lassend, ritten sie ein letztes Stück nach Norden, bis sich nach Osten hin eine große, freie Fläche vor ihnen öffnete. Wie eine riesige Trinkschale breitete sich jenes Tal zwischen den Armen des Blauen Berges und der benachbarten Höhen aus und endete in einer schattigen, winkligen Schlucht. Ansonsten war es durchgehend von Gras bewachsen, welches angesichts der steinigen Umgebung so unwirklich wie ein eigens ausgelegter Teppich wirkte. Die Wiese war ferner nur mäßig malerisch und einladend, da sie ähnlich dürr und dunkel aussah wie nach einem Schwelbrand, der soeben gewütet und ein Meer aus Verwüstung, Asche und Ruß zurückgelassen hatte. Auffällig war ein schmaler, schnell fließender Wildbach, der aus einer nicht auszumachenden Höhlung im Fels nach draußen rieselte und zwischen schroffen Klippen und Findlingen hindurch auf die Talsohle glitt. Dort durchschnitt er die Ebene in zwei Teile und verschwand irgendwo weiter nördlich in den unwegsamen Mulden und Schneisen dieser Landschaft.
Die Ufer des eingeschlossenen Graslandes erstreckten sich in alle Richtungen bis zu den niedrigen Vorbergen hinauf, die sich am Fuß des Gebirges scharten. Nicht weit entfernt der Stelle, an welcher der kleine Fluss von den schattigen Hängen des Blauen Berges ins Tageslicht trat, führte ein schmaler, holpriger Gebirgspfad die ersten Höhen hinauf. Dieser war auch der Weg, den die beiden Reisenden zu beschreiten hatten, um in das jenseits der beinahe senkrecht nach oben ragenden Felswände liegende Reich zu gelangen. An ein Reiten war von nun an nicht mehr zu denken, doch genügten der Verlauf des Pfades und die Beschaffenheit des Untergrunds immerhin, um Blitzhuf mit sich zu nehmen, wie Dwari versicherte. Nach dem Passieren des Eingangstores würde man sicher eine geeignete Bleibe für das brave Tier finden, so meinte er weiter, und damit würde dieses das erste Pferd sein, welches die Heimat der Kirin Dor betrat.
Der Aufstieg begann damit, dass sich der Pfad an den Säumen einer fast senkrechten Felswand entlangschlängelte und sich anschließend einen Weg durch eine Wildnis von rauen Findlingen und kantigen Felszacken bahnte. Verlief er zunächst mit einer nur geringen Neigung, so kletterte er an der südwestlichen Flanke des
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