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Die Zwei Schwerter, Band 3: Der Marsch der Zwerge (German Edition)

Die Zwei Schwerter, Band 3: Der Marsch der Zwerge (German Edition)

Titel: Die Zwei Schwerter, Band 3: Der Marsch der Zwerge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger de Grandpair
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auf diese Weise zeigte. Fraglos würde den scharfen Blicken der Wachposten kein Eindringling entgehen, und da ihre lautlose Leichtfüßigkeit einmalig und nahezu unübertrefflich war, würde es wahrscheinlich um jeden, der sich Aím Tinnod in kriegerischer Absicht näherte, übel bestellt sein.
    Sie bogen nun auf einen Weg, der zwischen Linden- und Maulbeerbäumen hindurch einen Hang hinabführte. Von dessen abgeschrägter Seite aus sahen sie, dass sich unter ihnen ein kleines Tal erstreckte, welches beinahe rundförmig war und an dessen Säumen viele Baumriesen eine dichte Hecke wie eine grüne Mauer bildeten. Der Pfad, der dorthin führte, bestand aus einem breiten Streifen weißer Kieselsteine, der eingefasst wurde von einer weiten Wiese, die alle Blumenarten, die es überhaupt nur gab, zu beherbergen schien. Das Tal wirkte folglich wie ein fahlgoldenes Meer, das sanft im Winde wogt und in dessen Fluten unzählige Leuchtpünktchen freudig erglühen.
    Besonders deutlich traten in den Augen der beiden Menschen, die jenen herzerfrischenden Anblick das erste Mal in ihrem Leben gewahrten, zwei Dinge hervor. Zum einen war dies ein See, der im nordöstlichen Bereich der gräsernen Ebene glitzerte wie ein Spiegel aus feinstem Kristall. Zum anderen verweilten sie mit ihrem Blick für eine lange Zeit auf einem steinernen Objekt, welches sich exakt in der Mitte der freien Fläche aus dem Erdboden erhob. Jener Fels wirkte schmal aufgrund seiner schlanken Gestalt, obgleich sein Umfang in Wahrheit nicht ebengering war, und ragte wie ein gewaltiger Dorn oder der Finger einer riesenhaften, versteinerten Wesenheit in die Lüfte. Es war ein Menhir, ein Felsendorn, welcher das Herz Aím Tinnods markierte und für die Elben eine gewisse Bedeutung haben musste.
    Die sechs wanderten das Gefälle hinab und schickten sich anschließend an, die leuchtendgrüne Ebene zu überqueren. Als Ulven und Marcius die zahllosen Blumen, die Veilchen, Primeln, Hortensien, Magnolien, Hyazinthen, den Klatschmohn und all die anderen sahen, erinnerten sie sich daran, dass außerhalb dieses Waldes gerade der Winter über die Welt kam. Dieser Platz hingegen war davon ungetrübt. So wie alles, was man ihnen in der verborgenen Heimat der Elben bislang gezeigt hatte, war er vollkommen und von einer geradezu beklemmenden Schönheit, so als ob ihn ein fremdartiger Zauber durchtränkte.
    Als die aus Elben und Menschen bestehende Gemeinschaft nahezu die Hälfte der Fläche beschritten hatte, kamen ihnen vom gegenüberliegenden, nördlichen Ende des Tales eine größere Anzahl von Personen entgegen. Deren federnden, ungezwungenen Schritte und durcheinanderwogenden Rufe und Gelächter verrieten Freude und Neugierde, und es dauerte nur eine kurze Zeit, da hatten sie alle in der Nähe des Menhirs Aufstellung genommen. Lächelnd, doch ansonsten still standen sie fortan so unbewegt wie Statuen in einer feierlichen Reihe und erwarteten das Nahen der Ankömmlinge. Alle hatten sie gemein, dass die Anmut ihrer Gesichter von ihrem schönen, gepflegten Haarwuchs noch untermalt und bekräftigt wurde und dass ihre Haut ungewöhnlich anschmiegsam und glatt wirkte. Im Gegensatz zu Menschen oder gar Zwergen nämlich haben Elben keinen Bartwuchs.
    „Belindaye azur, Eldorin, meia kalim lavenyo, ture Lindare! Et belindaye ves ontelma, ya aorem paramiël glerina et aorem surefa undômal Tuore!“ * , sprach eine weibliche Gestalt mit einer bedächtigen, seidigen Stimme, die von solch atemberaubender Klarheit und Schönheit zeugte, dass eine jede ihrer Silben selbst die vortrefflichsten Gedichte und Lieder der Menschen augenblicklich vergessen machte. Gleichwohl verriet der Klang, welchem sich die Elbin bei ihren Worten bediente, eine gewisse Bestimmtheit und Strenge, was vermuten ließ, dass sie bei all der Zartheit, die ihr Äußeres offenbarte, hart und unnachgiebig in ihrem Urteil sein konnte, wenn sie dies denn für erforderlich hielt.
    Erenya, die jüngere Schwester Eldorins, war in einiger Hinsicht das Abbild ihrer Mutter Ganúviel, auch wenn das lange, weiche Haar, das ihr hell schimmerndes Antlitz rahmte, braun wie das Fell eines Rehkitzes und nicht blond war und die Höhe ihrer Statur vergleichsweise geringer ausfiel. Ebenso wie die einstige Hohe Herrin der Lindar, die in der Schlacht am Nordforst gegen Moron und die Oger gefallen war, jedoch war der Anblick, den sie gab, überaus lieblich und bemerkenswert, denn sie wies trotz ihrer Zierlichkeit eine üppige Weiblichkeit

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