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Die Zwei Schwerter, Band 3: Der Marsch der Zwerge (German Edition)

Die Zwei Schwerter, Band 3: Der Marsch der Zwerge (German Edition)

Titel: Die Zwei Schwerter, Band 3: Der Marsch der Zwerge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger de Grandpair
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und von denen manche runde, andere sternförmige Blüten besaßen, sprossen aus dem saftigen, nicht welkenden Gras, das ihre Füße wie ein weicher Teppich trug, und zeichneten ein Farbenmeer von einer unermesslichen Vielfalt. Die Hänge der sanften, welligen Hügel, zu denen sich das Gelände rechts und links von ihnen aufgefaltet hatte, waren von einem Licht bestäubt, das zu beschreiben in der Gemeinsamen Sprache nicht möglich war, denn es entsprach nicht dem üblichen fahlen Morgenrot, sondern war so fein beschaffen, als sei trotz des milden Klimas Schnee gefallen. Auch der allmählich in den Winter übergehende Herbst schien vor den Toren dieses Landes Halt gemacht zu haben, denn der Zustand der Natur entsprach viel eher den herzbeglückenden Tagen zwischen Frühling und Sommer, deren wohlige Wärme von einem lauen Wind zuweilen angenehm gemildert wird.
    Es gab hier keine Farben und Formen, die man in Rhodrim oder Lemuria oder in anderen Bereichen des westlichen Arthiliens nicht kannte. Und dennoch war es Ulven und Marcius, als würden sie vieles, was ihre Sinne an diesem Ort einfingen, das erste Mal wahrnehmen, so jung und frisch und von einer ursprünglichen Reinheit erstrahlte all dies, was sich ihnen zwischen den Rändern ihres Gesichtsfeldes zeigte.
    Die beiden hatten das Gefühl, entrückt zu sein in eine Wirklichkeit, die gerade erst entschlüpft und ebenso kindhaft wie unschuldig war. Gleichzeitig erschien ihnen jene Zeit, in der sie gestrandet waren, unendlich älter, ehrwürdiger und wissender zu sein als diejenige Gegenwart, die sie bisher als einzige gekannt hatten. Rhodrim schien in diesem Augenblick so weit entfernt zu sein, wie es ein Ort nur sein konnte. Wenn sie an ihre alte Heimat dennoch dachten, glaubten sie, aus einer enormen Welt, die immer schon dagewesen war und die für immer Bestand haben würde, wie durch ein hohes, offenes Fenster auf eine unscheinbare Theaterbühne zu schauen.Dort tummelten sich all ihre Freunde und Landsleute, die nicht ändern konnten, dass der Schauplatz ihres Lebens und Wirkens zwangsläufig vergänglich war, spätestens dann nämlich, wenn das Stück, in dem sie spielten, irgendwann enden würde.
    Aím Tinnod war eine Erfahrung jenseits alles Bekannten und auf der anderen Seite einer Grenze, die ebenso unsichtbar wie belangreich war. Die Heimstatt des Elbenvolkes war für Ulven und Marcius noch weitaus bemerkenswerter als es ihre Besuche in Arth Cafan, am Ladordën Sa Celibo Ledas, im Uilas Rila, in den Leuchthainen oder an irgendeinem anderen Ort in Arthilien oder Orgard, den sie in ihrem bisherigen Leben geschaut hatten, gewesen waren. Und schon nun wussten sie, dass es ihnen schwer fallen würde, diese verzauberte Welt wieder zu verlassen, und dass, selbst wenn sie dies täten, ein Teil von ihnen wie auf einer ewigen Wanderschaft für immer hier verweilen würde.
    Von oben herab vernahmen die Wanderer einen Gesang, der so erquickend war wie sanft fallender Regen am Abend eines heißen Sommertages und so durchdringend, als ob er bis an die fernen Ränder Mundas seufzte. Zusätzlich hing der weiche Schall von Flöten in der Luft und malte einen Klangteppich, der von den großartigsten Künstlern, die man sich denken konnte, mit feinstem Geschick gewebt zu sein schien. Die süßen Laute des mehrstimmigen Elbenliedes sanken hernieder wie klare Edelsteine aus Wort und Melodie und verhießen nichts anderes als Wohlgefühl, Geborgenheit und grenzenlose Zuversicht.
    Eldorin lächelte, und sein Gesicht wirkte so aufgeklart und sorgenfrei wie die Menschen, seitdem sie ihn kennen gelernt hatten, es noch nicht bei ihm geschaut hatten. Offenkundig war seine Freude über das Wiedersehen seiner Heimat so groß, dass er all die Nöte und Kümmernisse, die in seiner Verantwortung lagen, für einige Momente vergaß.
    Er stieß einen Ruf aus, der wie das Pfeifen eines Vogels klang und sogleich von vielen ähnlichen Lauten beantwortet wurde. Kurz darauf schüttelten die nahen Bäume ihre Äste, so als ob sie Wesen seien, die mit ihren Armen und Händen zu winken vermochten. Daraufhin wurden zwischen dem daran hängenden, raschelnden Laub und den sich im Windzug wiegenden Früchten Gestalten sichtbar, die überwiegend auf hölzernen Plattformen saßen, ebenfalls Gesten des Grußes machten und dabei freudig lachten. Bei allem Frieden, der hier herrschte, war doch nicht zu verkennen, dass die Wachsamkeit und Wehrhaftigkeit des Elbenvolkes nicht zu unterschätzen waren, wie sich

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