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Die Zweierbeziehung

Die Zweierbeziehung

Titel: Die Zweierbeziehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürg Willi
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abgrenzen zu können.
    Ich glaube, dass die gesunde Ehe folgende Grenzziehungen beachten muss:
    Die Beziehung der Ehepartner zueinander muss klar unterschieden sein von jeder anderen Partnerbeziehung. Die Dyade muss gegen außen klar abgegrenzt sein, die Partner müssen sich als Paar fühlen, müssen füreinander eigenen Raum und eigene Zeit beanspruchen und ein eheliches Eigenleben haben.
Innerhalb des Paares müssen die Partner aber klar voneinander unterschieden bleiben und klare Grenzen zwischen sich respektieren.
    Die intradyadischen und extradyadischen Grenzen müssen für die Partner wie auch für Außenstehende sichtbar, aber trotzdem nicht starr und undurchlässig sein.
    Heute wird mit diesen Abgrenzungsprinzipien in großem Maße experimentiert, sodass die Aufstellung derartiger Regeln zu Widerspruch reizen wird. In der therapeutischen Praxis begegne ich oft Paaren, die sich in uneingeschränktem Freiheitsstreben überfordern und bei denen der Verweis auf diese Prinzipien zu einer Entkrampfung und Entspannung der Beziehung führt. Ich glaube, dass die gesunde Ehe unter Angst und Stress gerät, wenn diese Prinzipien nicht mehr respektiert werden, wobei gesellschaftlich gesehen die Tendenz besteht, vom Leitbild des einen Extrems in das Leitbild des anderen zu verfallen. Während Jahrzehnten wurde in der westlichen Industriegesellschaft dem romantischen Ideal «Liebe als exklusive Zweisamkeit» nachgestrebt. Die damit verbundene Überlastung der Ehe führte zur Enttäuschung. Die heutige Kritik an der Ehe kann zum Teil als Folge des Scheiterns dieser idealistischen Eheperiode angesehen werden. Um sich vor Enttäuschungen zu schützen, möchte man sich gar nicht mehr in eine Ehe einlassen. Nach wie vor ist es aber eine der größten Schwierigkeiten in Paarbeziehungen, die Trennung in der Liebe zu akzeptieren, den Partner in seiner Andersartigkeit zu respektieren und sich selbst nicht für ihn aufzugeben. Dieses Getrenntsein in der Liebe enttäuscht die Sehnsucht, mit
einem
Menschen wenigstens die verlorene Mutter-Kind-Symbiose, die Urharmonie und das ungetrennte Einssein wiederzufinden. Viele Ehekrisen bestehen in untauglichen Versuchen, durch irgendwelche Arrangements dieses Ziel doch noch zu erreichen. Viele Ehestreitigkeiten können als Trotz gegen das Getrenntbleiben verstanden werden. Wenn der Partner einem schon diese Enttäuschung bereitet, so soll er mindestens dafür leiden. Große Gefahren kann auch die Mystifizierung der Ehe mit sich bringen, wenn die Paarbeziehung damit jeglicher sozialen Kontrolle entzogen wird, was pathologische Beziehungsformen besonders begünstigt.
    Es besteht aber auch die Gefahr zum anderen Extrem, nämlich zur unbedachten außerehelichen Intimität. Die Ehe wird als Gefängnis angesehen, aus dem es auszubrechen gilt. Man ist ängstlich darum bemüht, sich nicht zu sehr an einen Partner zu binden. Man stellt aneinander möglichst keine Erwartungen, sondern sucht zu einem wesentlichen Teil die Bedürfnisse außerhalb der Ehe zu befriedigen. Das an sich begrüßenswerte Bestreben, die Ehe von zu hohen Erwartungen zu entlasten, führt zur Konfusion, wenn in der Ehe nur eine neben anderen gleichwertigen Beziehungen gesehen wird. Meiner Meinung nach ist es von sekundärer Bedeutung, wie intim außereheliche Kontakte sein können, solange für alle Beteiligten klar bleibt, dass die Beziehung zum Ehepartner etwas grundsätzlich anderes ist als jede andere Partnerbeziehung. Dieses Erfordernis wird heute allerdings infrage gestellt, sowohl von politischen Ideologen, die darin einen Ausdruck kapitalistischen Herrschafts- und Besitzanspruches sehen, wie vor allem auch von Verkündern einer neuen Partnerideologie von Freiheit und Ungebundenheit in der Liebe mittels Partnertausch, Swinging, Gruppensex usw.
    Jene Psychologen, meint D ENFELD , die im Partnertausch einmal «die größte Errungenschaft für die Ehe seit der Erfindung des Himmelbettes» gesehen hätten, seien wohl «mehr mit missionarischem Eifer als mit wissenschaftlicher Genauigkeit» an das Problem herangegangen (zit. nach
Der Spiegel
Nr. 31/1974).
    M INUCHIN und andere maßgebliche amerikanische Familientherapeuten halten die Wiederherstellung klarer Grenzen der familiären Subsysteme für eines der wesentlichsten Ziele der Familientherapie. Ein Kennzeichen kranker Familien seien diffuse Grenzen zwischen Eltern und Kindern oder der rigide Ausschluss gewisser Familienmitglieder. Das, was die Familientherapeuten an kranken

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