Die Zweite Legion: Das Geheimnis von Askir 2 (German Edition)
etwas von dem zu erfahren, was um mich herum vorging. Zokora war die Nächste am Seil, die Zeit, welche sie brauchte, erschien mir sehr kurz.
Dann wurde mir bewusst, dass ich es geschafft hatte: Ich befand mich auf den Zinnen der legendären Donnerfeste.
Während ich dastand und auf die anderen wartete, verfluchte ich meine Blindheit. Seit Jahrhunderten waren wir die Ersten, die diese Feste betraten. Ich hätte mich gern umgesehen.
Eine Hand berührte mich an der Schulter. Es war Poppet. »Ihr steht mit den Rücken zu den Zinnen, etwa in der Mitte eines Wehrgangs. Dieser ist um die fünfzehn Schritt tief und um die sechzig Schritt breit. Der Wehrgang endet rechts und links von uns jeweils an einem Turm, beide etwa fünfzehn Schritt breit und tief, fünf Mannslängen hoch. An beiden Türmen ist eine Tür zu sehen. Blicke ich geradeaus, kann ich sehen, dass es hinter der Mauer, auf die wir schauen, einen Hof geben muss. Die Donnerfeste ist auf den Kamm des Berges gebaut, als würde sie ihn satteln. So wie wir stehen, scheint es, als weiche links und rechts von uns der Berg zurück. Er bildet vor uns ein V-förmiges Tal, in dessen Spitze sich die Feste befindet.«
»Ein Tal?«
»Ja, Ser Havald.«
»Ist irgendetwas in dem Tal zu erkennen?«
»Nein. Wir befinden uns auf der Westseite der Feste, dazu müsste man sich wohl auf die Zinnen im Osten begeben.«
»Gibt es sonst noch etwas zu sehen?«
»Ja. Eis und Schnee haben den Wehrgang fast vollständig ausgefüllt. Ihr befindet Euch an einer Stelle, wo der Wind wohl den Schnee stets davontrug. Das, was ich Euch beschrieb, ist unter dem Schnee fast nicht zu erkennen, an manchen Stellen ist das Eis höher als die Zinnen.«
Wir würden uns einen Weg graben müssen.
Als alle oben waren, wurde es an dieser Stelle etwas eng.
»Wir müssen Haken in das Eis schlagen und Seile befestigen«, erklärte mir Leandra. Als sie oben ankam, begrüßte sie mich mit einem leichten Kuss und drückte meine Hand. Ich war dankbar für die Geste. »Tun wir es nicht, besteht die Gefahr, dass jemand über die Zinnen rutscht, wenn er das Gleichgewicht verliert.«
»Dann sollte derjenige, der die Haken setzt, angebunden sein.«
»Ich werde das tun«, hörte ich Zokoras Stimme. »Ich rutsche nicht ab. Aber es gibt Windböen.«
Das war kaum zu verleugnen. Immer wieder heulte der Wind auf und stach mir mit tausend eisigen Nadeln ins Gesicht. Ich hörte das feine Geräusch, wenn Eis an Eis rieb.
»Wie lange wird es dauern, bis wir eine der Türen offen haben?«, fragte ich.
»Stunden. Wahrscheinlich bis in die Nacht hinein«, antwortete Varosch. »Ich brauche hier mehr Seil!«
»Varosch. Wenn du noch fester zuziehst, bekomme ich keine Luft«, erklang Zokoras Stimme.
Ich ergriff die Führung. »Wir schlagen hier ein Lager auf. Poppet, Sieglinde, helft mir, hier unsere große Plane zu spannen. Janos …«
»Ich werde mit Varosch zusammen Zokora sichern. Wenn der Weg zu dem einen Turm gesichert ist, werde ich graben«, antwortete er.
Sieglinde gesellte sich zu Poppet und mir, und wir fingen an, hier in der Ecke ein Lager zu errichten. Ab und an berührte ich Seelenreißer, um mich zu orientieren, aber meistens verzichtete ich darauf. Ich war froh, mich etwas nützlich zu machen. Es gab Eis unter unseren Füßen, mehr als genug Eis. Ich konnte einen Hammer schwingen, dieses Eis zersplittern und dennoch einigermaßen sicher sein, dass ich mich nicht verletzte. Die Arbeit hielt uns warm, und wir schufen uns Raum.
Bald hatten wir einen niedrigen Unterstand geschaffen. Sieglinde erhitzte eine Suppe, und auch wenn es nicht wirklich warm war, so strahlte die Ölschale wenigstens etwas Behaglichkeit aus. Zokora war die Erste, die zu uns in den Unterstand kroch.
»Habt Ihr den Weg gesichert?«, fragte ich.
»Ja. Ich habe Hunger.«
Ich hörte, wie Sieglinde ihr einen Becher mit der Suppe füllte. Über den Wind hinweg vernahm ich das Geräusch von Äxten im Eis.
»Wie geht es voran?«
»Gut.«
»Zokora. Was ist?«
Stille.
»Nichts.«
Ich wartete. Sie sagte nichts.
»Zokora.«
»Ja.«
»Sagt es mir.«
»Havald! Ich sagte dir, es ist nichts! Ich bin vorhin gestrauchelt. Bevor Varosch mich halten konnte, fiel ich über die Zinnen. Er zog mich wieder hoch, und als ich weiterarbeiten wollte, wollte er mich das nicht tun lassen. Ich musste ihn zurechtweisen.«
Varosch war ein ruhiger Mann, verlässlich und loyal. Aber auch er hatte seinen Stolz. Es schien ihm nichts auszumachen, ihr in
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