Die Zweite Legion: Das Geheimnis von Askir 2 (German Edition)
tausend Kleinigkeiten zu dienen. Aber gemaßregelt zu werden, wenn man sich Sorgen machte …
»Was ist geschehen?«
»Nichts. Janos übernahm das Seil, und ich beendete meine Arbeit.«
»Und Varosch?«
»Schaut mich die ganze Zeit nur an.«
Ich lächelte. »Darf er das nicht?«
»Soll er doch schauen! Mir ist es einerlei … Nein, das ist nicht wahr. Er … er bringt mich aus der Fassung.«
Ich lachte.
Ich hörte, wie Zokora den Becher abstellte und sich erheben wollte. »Haltet ein.«
»Ich habe nicht die Absicht, dich zu amüsieren.«
»Zokora, wartet.«
Sie setzte sich wieder.
»Was haltet Ihr von Varosch?«
»Was soll diese Fragerei? Für einen Mann ist er in Ordnung. Wenn man bedenkt, dass er ein Mensch ist …«
»Mögt Ihr ihn?«
»Er ist tapfer. Loyal. Sorgfältig. Gut im Bett. Riecht gut.«
»Ja. Mögt Ihr ihn?«
»Ich sehe ihn gern.«
»Zokora, habt Ihr je geliebt?«
»Liebe ist Oberflächengeschwätz. Ich gehe.« Sie erhob sich. Neben mir hörte ich Sieglinde leise lachen.
»Glaubt Ihr es auch?«, fragte sie mich mit belustigter Stimme.
»Was?«
»Dass sie sich in ihn verliebt hat?«
»Vielleicht. Ich weiß nur nicht, ob es Probleme lindern oder schaffen wird. Wenn es so ist, dann wird Zokora Schwierigkeiten haben, damit umzugehen.«
»Er liebt sie jedenfalls. Das ist leicht zu sehen.« Sieglinde klang traurig.
»Havald!«, hörte ich Leandras Stimme über den Wind hinweg. »Komm mal her. Wir haben etwas gefunden!« Poppet führte mich zum Anfang der Seilstrecke. Es war nicht weit von unserem Lager, nur wenige Meter, und von dort waren es kaum zehn Schritte zu dem Turm, dessen Tür wir öffnen wollten. Es mochte nicht weit sein, aber ich legte die Strecke krabbelnd zurück, immer eine Hand an dem gespannten Seil.
Die anderen hatten schon zur Tür hinunter eine Art Rampe in das Eis geschlagen. Eine Hand wurde mir gereicht und half mir auf. Der Wind war heftig geworden, und ich bereute schon, den Unterstand verlassen zu haben.
»Hier«, sagte Leandra und führte meine Hand nach unten. Ich spürte etwas Kaltes, Glattes. Es war gebogen und endete in einer scharfen Spitze. Ich berührte Seelenreißer. Das, was dort im Eis lag, war für ihn kaum sichtbar, nur ein schwacher Umriss. Eis war Dunkelheit für ihn und mich. Ich konnte nichts erkennen.
Ich ließ meine Hand wandern, meine Finger fühlten … Federn? Dann ein gefrorenes Auge.
Ich zog die Hand zurück. »Was ist das?«
»Wir müssen unsere Ansicht über Legenden überdenken«, sagte Janos. »Es ist ein Greif.«
Ein Greif? Eine Mischung aus einem Adler und einem Löwen? Nun, es war ein Adlerschnabel, und er war groß, bestimmt drei Hand lang. Ein Biss mit einem solchen Schnabel würde schmerzlich sein.
»Ich habe noch nie davon gehört, dass jemand einen Greifen gesehen hat«, sagte Varosch. »Die meisten anderen Wesen … ja. Ständig erzählt jemand davon, hier einen Belrig und dort eine Schreckenskatze gesehen zu haben. Aber Greifen … Ich kenne sie nur von Wappen.«
»Wie kommt er hierher?«
»Er starb an einer Speerwunde.« Jemand drückte mir raues Holz in die Hand. Es war ein grober Speer mit einer Spitze aus Stein. Feuerstein, und sie war immer noch scharf genug, um sich damit zu rasieren.
»Barbaren? Hier oben?«, fragte ich überrascht.
»Das glaube ich nicht«, meinte Leandra. »Man sieht viele Wunden, er muss lange geblutet haben. Ich glaube, er flog mit letzter Kraft hier hinauf. Da ist noch etwas. Er ist gesattelt.«
»Er ist was?«, fragte ich ungläubig.
»Er ist gesattelt. Ein leichter Sattel, sorgfältig an ihn angepasst«, sagte Leandra leise. »Havald. Er sieht genauso aus wie mein Wappentier.«
Leandra de Girancourt führte einen Greifen als ihr Wappen. Ich erinnerte mich, wie sie damals in den Gasthof gekommen war und der Greif in den Ringen ihres Kettenmantels geschimmert hatte.
»Da fragt man sich, ob es noch anderes gibt. Trolle zum Beispiel. Oder Basilisken«, sagte Janos nachdenklich.
»Ich glaube, ich will weder das eine noch das andere kennenlernen. Wie groß ist der Greif?«
»Schwer zu sagen, der größte Teil von ihm ist im Eis gefangen. Aber bestimmt größer als ein Pferd«, antwortete Varosch. Er klang etwas bedrückt.
»Schade, dass du ihn nicht sehen kannst, Havald«, sagte Leandra. »Er ist wunderschön. Sein Gefieder ist strahlend weiß und von tiefstem schimmernden Blau. Havald … Er hat goldene Augen. Kannst du dir vorstellen, wie er im Flug ausgesehen haben
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