Die zweite Nacht
rutschte dabei ein wenig hoch, entblößte einen schmalen Streifen Haut. Das allein reichte aus, um mich schon wieder nervös zu machen.
»Gibt es dort etwas zu essen?«
»Bestimmt, Daniel fährt total auf diesen Kram ab.«
Frederik dachte kurz nach. »Dein Bruder, richtig?«
»Ja, er wird sicherlich gekocht haben. Irgendwie hat er Mo, seine Freundin, dazu bekommen, zu ihm zu ziehen. Natürlich direkt ein Grund zu feiern.« Verächtlich schüttelte ich den Kopf. »Dabei hatte ich sie für so eine kluge Frau gehalten.«
Er lachte nur und schloss die Augen. »Gut, dann lass mich noch einmal zusammenfassen: Du hast für niemanden ein Herz, außer für Günther, den Paketboten und deswegen konntest du ihm nicht abschlagen, ein Paket für mich anzunehmen. Als du es mir rübergebracht hast, war ich so von dir hingerissen, dass ich dich zum Essen eingeladen habe.«
»Genau«, bestätigte ich und ließ die Beine über die Armlehne des Sessels hängen.
»Aber warum hast du Ja gesagt?«, erkundigte er sich nun.
»Wieso sollte ich Nein sagen?«, antwortete ich mit einer Gegenfrage.
»Weil du bist wie du nun einmal bist?«, klärte er mich überaus belustigt auf und ich konnte nicht einmal dagegen argumentieren.
»Wenn mich jemand fragen sollte, werde ich improvisieren. Bis dahin bleibst du einfach ein selbstgefälliger Blödmann.«
»Ich liebe es, wenn du mich beschimpfst«, murmelte er und klang verdächtig müde dabei.
»Jetzt halt doch endlich mal die Klappe.« Dabei kuschelte ich mich in den Sessel und spürte, dass meine Lider schwer wurden. Einkaufen war verflucht anstrengend.
Obwohl ich mir größte Mühe gab, konnte ich in Frederiks Gegenwart einfach nicht schlafen. Natürlich redete ich mir lieber ein, dass das an dem unbequemen Sessel lag und nicht an der Tatsache, dass ich befürchtete, meinen Schutzwall aufzugeben, wenn ich einfach friedlich einschlief.
Kritisch beäugte ich den Mann, der solche Skrupel offensichtlich gar nicht kannte und zufrieden auf meiner Couch schlummerte. Er sah wirklich niedlich aus, wenn er schlief. Unwillig schüttelte ich den Kopf. Wie sollte ich mir denn jetzt die Zeit vertreiben? Die Chance, dass Frederik mich heute noch aus seinen Klauen lassen würde, erschien mir eher gering und irgendetwas sagte mir, dass er ungehalten reagieren würde, wenn ich ihn jetzt wecken und in seine Wohnung schicken würde.
Ich schielte zum Schreibtisch. Wenn ich mich ranhielt, würde ich sicherlich zwei- bis dreitausend Wörter zu Papier bringen, bevor wir zur Einweihungsparty mussten. In der obersten Schublade meines Schreibtischs lagen außerdem meine Kopfhörer – eins der wichtigsten Utensilien, die ich zum Schreiben brauchte. Sie waren unverschämt teuer gewesen, dafür aber schallisoliert und so leicht, dass ich sie Stunden tragen konnte. Elena hatte sich schon oft genug beschwert, dass ich mit ihnen ebenso gut auf einem anderen Planeten hätte sitzen können, so wenig, wie ich damit mitbekam.
Die Entscheidung war schnell gefällt und ich war froh, dass Frederik sich nicht einmal bewegte, als ich leise aufstand und zum Schreibtisch schlich. Ich würde mich lediglich bemühen müssen, nicht zu laut mit den Tasten zu klappern. Mit einem Seufzen verdrehte ich die Augen. Es war sehr lange her, dass ich beim Schreiben auf einen Mann Rücksicht genommen hatte und es war nicht gerade gut ausgegangen.
Als Hände mich an den Schultern berührten, zuckte ich so stark zusammen, dass ich aus Versehen eine ganze Zeile aus wild gemischten Buchstaben in das Dokument tippte. Mit klopfendem Herzen riss ich mir die Kopfhörer hinunter und drehte mich mit dem Stuhl herum.
Mein böser Blick wurde noch vorwurfsvoller, als ich Frederiks belustigte Miene sah. Ich wandte mich wieder zum Bildschirm und wollte wenigstens eine Sicherungskopie speichern, bevor ich den Computer ausschaltete.
Frederik stützte sich dicht neben mir auf die Tischplatte und sah interessiert auf den Bildschirm.
Sofort minimierte ich das Fenster, in dem ich gearbeitet hatte. »Lass das. Ich mag es nicht, wenn jemand die Sachen liest, an denen ich gerade arbeite.«
»Hm. Frisch mal mein Gedächtnis auf. Wolltest du mir nicht eine Praktikantenstelle anbieten?«, neckte er mich und seine Stimme klang äußerst verführerisch. Mein Unterleib reagierte mit einem Prickeln, mein Kopf mit Entsetzen. Ich hatte das, als er es heute Vormittag gesagt hatte, als Witz abgetan.
Doch schon umfasste er meinen Oberarm und zog mich aus
Weitere Kostenlose Bücher