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Die zweite Nacht

Die zweite Nacht

Titel: Die zweite Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Rabengut
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wechselte dann einfach das Thema, bevor ich genauer nachfragen konnte. »Da du ja die Autorin unter uns bist, hast du dir doch sicher schon eine Geschichte überlegt, wie wir uns kennengelernt haben.«
    »Wieso?« Langsam, aber sicher fühlte ich mich in seiner Gegenwart sehr begriffsstutzig.
    »Im Ernst?« Er klang belustigt. »Okay, dann lass es mich erzählen: Also, Helen hat bei mir geklingelt, weil sie Probleme mit dem Computer hatte und eine knappe halbe Stunde später lag ich schon in ihrem Bett. Wie hätte ich mich wehren sollen?« Erneut schüttelte er den Kopf und fügte noch hinzu: »Das ist eine Geschichte, die unter Garantie für gute Laune bei deinem Bruder sorgt. Wird dein Vater auch da sein?«
    Ich musste lachen und sah ihn von der Seite an. »Okay, ich verstehe, dass diese Version für keinen von uns beiden sonderlich schmeichelhaft ist.«
    »Stimmt wohl. Du warst immerhin nicht gerade sittlich bekleidet.«
    Tatsächlich färbten sich bei der Erinnerung daran meine Wangen rot. »Ich überlege mir etwas. Wobei das sicherlich nicht einfach wird, immerhin kennt meine Familie mich ziemlich genau.«
    Während ich aus dem Fenster sah, sinnierte ich über die Möglichkeiten, die halbwegs glaubwürdig klangen. »Es ist natürlich von Vorteil, dass du mein Nachbar bist. Das ist das Fünkchen Wahrheit, dass die Geschichte glaubwürdig werden lässt.«
    Frederik nickte und bog in die Straße, die direkt zu dem riesigen Einkaufszentrum führte. Ich ahnte, dass mir ein langer Tag bevorstand. Gleichzeitig war ich dankbar, dass ich mich wenigstens in seiner Gegenwart wohl fühlte und keine Krise bei dem Gedanken daran bekam, Zeit mit ihm zu verbringen – obwohl es außerhalb des Bettes war.
    Schnell konzentrierte ich mich auf seine Fahrweise. Ich hasste es, mit anderen Leuten zu fahren, wenn ich nicht selbst am Steuer saß. Besonders bei meinen Geschwistern flippte ich regelmäßig aus. Elena versuchte alles, um uns im Straßenverkehr umzubringen, während mein Bruder langsamer als jeder Rentner fuhr – grauenvoll. Deswegen fuhr ich in der Regel selbst. Gut, Elenas Ehemann war in meinen Augen ein passabler Fahrer, er durfte mich auch kutschieren.
    Erst jetzt fiel mir auf, dass ich mir bereits viel zu viele Gedanken über Frederiks Vorzüge machte. Unwirsch schüttelte ich den Kopf, doch bevor er darauf eingehen konnte, sagte ich schnell: »Okay, wie wäre es damit, dass Günther ein Paket für mich bei dir abgegeben hat?«
    Frederik warf mir einen fragenden Blick zu. »Wer ist denn bitte Günther?«
    »Na, der DHL-Bote«, sagte ich völlig selbstverständlich.
    »Du zwingst mich in die Knie, Frau. Du bist zu jedem unfreundlich, aber den Paketboten kennst du mit Vornamen?« Frederik klang, als müsste er sich stark zusammenreißen, um nicht loszulachen.
    »Hm.« Ich ignorierte ihn und beobachtete gespannt die Kreuzung vor uns. Nicht ohne Grund hieß diese Ecke »Bahn des Grauens«. Wer auch immer die Straßen hier geplant hatte, hatte auf ganzer Länge versagt. Die Spuren waren unübersichtlich, direkt drei Straßen und die Autobahnauf- und abfahrt liefen an dieser Stelle zusammen. Jetzt würde sich herausstellen, wie gut Frederik wirklich fahren konnte.
    Zwei Minuten später war ich enttäuscht. Ohne mit der Wimper zu zucken war Frederik einem hupenden LKW ausgewichen, der wiederum auf der Flucht vor einem holländischen Volvo mit Wohnwagen als Anhang zu sein schien. Es war unmöglich, Frederik nicht beeindruckend zu finden.
    »Außerdem schwächelt deine Geschichte«, erläuterte er mir. Dann stockte er und murmelte: »Wow, ist das Frevel, dass ich das zu dir gesagt habe, der Bestseller-Autorin?«
    »Keine Sorge, deinen Tod habe ich sorgfältiger geplant«, entgegnete ich zuckersüß. »Wo steckt denn der Fehler?«
    »Okay, erstens gehe ich arbeiten und du schreibst zuhause – es wäre also wenn überhaupt realistischer, dass das Paket bei dir abgegeben wurde. Aber jeder, der dich kennt, weiß, dass du die Tür nicht aufgemacht hättest.«
    Verdammt. Mein Kiefer tat schon weh, so fest presste ich die Lippen aufeinander. Er war gut im Bett, attraktiv, konnte Auto fahren und war auch noch clever! Was für ein Mist.  
    »Gut, da hast du Recht. Aber Günther hatte ein Paket für mich dabei und ich konnte es ihm einfach nicht abschlagen, deins anzunehmen. Als ich es dir gebracht habe, hast du mich als Dank zum Essen eingeladen.« Zufrieden nickte ich.
    »Ist ein Essen nicht etwas übertrieben, nur dafür, dass du

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