Die zweite Nacht
plötzlich war ich dankbar für die Hand auf meinen Lippen, sonst hätte ich möglicherweise selbstvergessen aufgeschrien.
Die Muskeln in meinen Oberschenkeln spannten sich an, meine Finger wurden weiß, so fest presste ich die Hände gegen die Wand und kämpfte währenddessen mit meiner Selbstbeherrschung.
Schließlich ließ ich meine Stirn gegen die Wand sinken, Frederiks Hand zog sich zurück, stattdessen packte er meine Taille. Er stieß noch ein paar Sekunden länger zu, beschleunigte sein Tempo, dann überlief ihn ein Schauer. Seine Lippen auf meine Schulter gepresst, konnte ich sein Stöhnen selbst durch das Shirt auf meiner Haut spüren.
Keine Minute später standen wir uns vollständig bekleidet gegenüber, als wäre gar nichts gewesen. Während ich das Gefühl hatte, dass mein Kopf rot glühte, wies nichts in Frederiks Gesicht daraufhin, dass er mich gerade für einen Quickie überfallen hatte.
Verhalten räusperte ich mich. »Machst du so etwas öfter?«
»Wovon redest du?«, fragte er unschuldig und hielt mir die Tür der Umkleidekabine auf.
Ich bedachte ihn mit einem tödlichen Blick und trat auf den Gang. Trotz des samstäglichen Betriebs war es recht ruhig und tatsächlich schien niemand unser kleines Intermezzo bemerkt zu haben.
»Was hast du eigentlich deinem Kollegen gesagt, wer ich bin?«, wollte ich wissen und hing die Hose zurück an ihren Ursprungsort – sie hatte nicht einmal die richtige Größe gehabt. Im gleichen Moment wappnete ich mich für seine Antwort.
»Eine Freundin, was sonst? Überleg dir lieber, wie du mich vor deiner Familie betiteln willst«, sagte er nur grinsend und steuerte den Ausgang des Ladens an. Vor Schreck war ich wie angewurzelt stehen geblieben. Das war heute wirklich nicht mein Tag, daran hatte ich nämlich noch gar nicht gedacht.
»Helen? Kommst du?«
Ich beeilte mich, ihm zu folgen und verzog dabei das Gesicht.
Er betrachtete mich von der Seite. »Was ist? Hast du daran etwa nicht gedacht?« Er machte sich gnadenlos über mich lustig.
Langsam schüttelte ich den Kopf und zügelte mein Verlangen, zu heulen. Himmel, das war alles zu viel für mich. »Nachbar?«, schlug ich unbeholfen vor.
»Liebhaber?«, stichelte Frederik weiter.
»Idiot?«
»Bester Mann auf der Welt«, hielt er dagegen.
»Groupie!«, stieß ich triumphierend hervor.
Frederik lachte, legte den Arm um meine Schulter und presste mir einen kurzen Kuss auf die Schläfe, bevor er mich wieder losließ.
»Okay, damit hast du dich gerade selbst zum Praktikanten degradiert«, rügte ich ihn.
»Was wären denn meine Aufgaben als Praktikant? Vielleicht gebe ich meinen Job auf.«
Ich warf ihm einen Blick zu, der eindeutig besagte, was ich davon hielt. »Du dürftest neben mir sitzen und mir bei der Arbeit zusehen.«
»Hm, ich weiß nicht. Das klingt irgendwie langweilig. Ah, da vorne, in den Laden will ich.« Er packte meine Hand und zog mich mit sich, als wäre ich zu blöd, alleine zu einem zehn Meter entfernten Geschäft zu laufen.
»Ich glaube, als dein Praktikant sollte es eher meine Aufgabe sein, dich auf deinem Schreibtisch zu vögeln. Erinnere mich daran, das später noch zu tun.«
Erschüttert schnappte ich nach Luft und tat mein Bestes, um sein selbstzufriedenes Grinsen zu ignorieren. Ich marschierte an ihm vorbei und betrat mit gerümpfter Nase den Laden, als er mir tatsächlich auf den Allerwertesten schlug. Doch mein böser Blick prallte einfach an ihm an.
»Stell dich nicht so an«, sagte er und lächelte dann die Verkäuferin an, die für meinen Geschmack etwas zu hilfsbereit um meinen Nachbarn herumschwirrte.
»Siehst du, du hast es überlebt.« Mit diesen Worten warf Frederik sich ausgestreckt auf meine Couch und zwinkerte mir zu.
»Hm«, knurrte ich nur und brachte meine Tüte ins Schlafzimmer. Nachdem er mich die ganze Zeit genervt hatte, dass ich auch etwas kaufen sollte, hatte ich mir, nur um ihn zu ärgern, ein schwarzes T-Shirt und eine schwarze Strickjacke gekauft – exakt die gleichen Sachen, die ich bereits am Leibe trug. Allerdings hatte er nur gelacht.
»Darf ich mich jetzt ausruhen?«, fragte ich und setzte mich kurzerhand in den Sessel, weil Frederik mein gesamtes Sofa in Beschlag nahm.
»Ein bisschen«, grinste er mich an. »Wann sollten wir da sein? Gegen acht, richtig?«
Bei der Erinnerung an die Party vergrub ich stöhnend mein Gesicht in den Händen und nickte.
Frederik verschränkte die Arme hinter dem Kopf und sein Shirt
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