Die Zwerge
Zweifel keimten bei ihm auf, ob er diese Gruppe von Widersachern zusammenhalten konnte. Vraccas, gib mir Kraft. »Bin ich denn nur von Zwergenkindern umgeben?! Man könnte meinen, ich wäre der Älteste von uns«, wies er sie zurecht. »Wir treten an, um das Geborgene Land zu retten. Das ist schließlich kein Ausflug, um eine Goldmine oder einen Salzstollen zu betrachten.«
»Ich dachte, wir setzen unser Leben aufs Spiel, um dir auf den Thron zu helfen«, warf Goїmgar spitz ein. Bavragor drehte den Humpen bedauernd um, fing die letzten Tropfen mit der Hand auf und leckte sie aus der Kuhle.
Tungdil lächelte den Diamantschleifer an. »Nein, Goїmgar. Du hast es falsch verstanden. Ich will die Waffe gegen Nôd’onn schmieden, damit wir überhaupt eine Gelegenheit haben, etwas gegen das Böse zu unternehmen. Ohne Feuerklinge wird niemand den Magus aufhalten.« Er verschwieg absichtlich, dass er einen Abschnitt der Schrift nicht übersetzen konnte.
»Und auf diese Weise wirst du die Clans der Ersten überzeugen wollen, dass ihr bester Schmied uns ins Graue Gebirge begleiten soll?«, fragte der Steinmetz. »Vermutlich haben sie nicht mal etwas von dem Magus und dem Toten Land gehört.«
Tungdils Augen wanderten zwischen Bavragor und Goїmgar hin und her. »Warum macht ihr Schwierigkeiten, obwohl wir noch nicht einmal aufgebrochen sind?«, fragte er sie offen.
Bavragor rieb sich den Bart. »An mir soll es nicht liegen. Aber ich sage dir, wir brauchen mehr als den Segen von Vraccas, um mit der Axt in die Festung zurückzukehren.«
»Dann geh davon aus, dass wir mehr als das bekommen«, erwiderte Tungdil. »Ich habe auf dem Weg zur Versammlung so viele Abenteuer erlebt und überlebt, dass ich nicht einen Augenblick an unserer Sache zweifle. Für unser Volk und das Geborgene Land, Bavragor, nicht für mich.« Aber für Lot-Ionan, Frala, Sunja und Ikana, fügte er in Gedanken hinzu. »Und Gold finden wir sicherlich auch noch.«
»Darauf würde ich gern anstoßen.« Bavragor erhob sich. »Aber zuerst muss ich Bier holen.«
Tungdil wandte sich Schimmerbart zu. »Glaubst du mir, was ich sage, Goїmgar?«
»Ja. Für das Land«, erhielt er lahm zur Antwort, was ihn keinesfalls überzeugte. Goїmgar wich seinen Blicken aus und schaute stattdessen auf die Regale, die bis an die Zimmerdecke reichten.
Bavragor kehrte bald darauf mit einem gewaltigen Humpen zurück, den er unterwegs schon wieder zur Hälfte geleert hatte. »Ich trinke auf die Hoffnungen unseres neuen Königs«, sprach er laut und ließ offen, ob er nun Tungdil oder Gandogar meinte. »Mögen sie in Erfüllung gehen!« Das Bier rann seine Kehle hinab.
»Er lässt es einfach laufen«, staunte Ingrimmsch. »Er muss einen See in sich haben, in den das Zeug hineinläuft.«
Hammerfaust wischte den Schaum aus seinem schwarzen Bart. »Der Becher ist schon wieder leer«, wollte er sich entschuldigen.
»Bleib«, befahl ihm Tungdil freundlich, aber bestimmt. »Du kannst trinken, wenn wir unser Vorhaben besprochen haben.« Missmutig hockte Bavragor sich nieder; der leere Humpen landete achtlos auf dem Boden des Bücherhorts. »Wir gehen zuerst nach Süden, ins Rote Gebirge, um die Ersten von der drohenden Gefahr zu unterrichten, falls sie noch nicht davon gehört haben. Wir überzeugen sie, ihren besten Schmied mit uns zu schicken, und reisen durch die Tunnel ins Graue Gebirge.« Er nahm eine zweite Karte und breitete sie vor den vier Zwergen aus. »Das ist eine alte Karte aus dem 5329sten Sonnenzyklus des Fünften Reichs, die uns die Hauptwege aufzeigt.«
»Da ist ja der Flammensee«, meinte Boëndal, der sich intensiv mit den vergilbten Skizzen beschäftigte. »Darin finden wir sicherlich den Drachen, von dem die alten Schriften sprachen.«
»Und dann?«, kam es verzagt aus dem Mund Goїmgars.
Tungdil lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Ich habe nicht vor, gegen den Drachen anzutreten. Es reicht, wenn wir an sein Feuer gelangen. Boїndil wird ihn so lange ärgern und auf seinem Schwanz herumtanzen, bis er nach uns speit. Dann sind wir zur Stelle und fangen die Flammen mithilfe von Fackeln ein, um die Esse zu entzünden.«
»Muss ich ihn nur ärgern, oder darf ich ihn auch erledigen?«, erkundigte sich Ingrimmsch voller Vorfreude, was ihm einen schrägen Blick Goїmgars einbrachte.
»Wenn du ihn wirklich umbringen willst, lass ihn aber zuerst Feuer spucken«, gab ihm sein Bruder die Anweisung. »Er nützt uns nichts mehr, wenn er alle viere von sich streckt
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