Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zwerge

Die Zwerge

Titel: Die Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
Vom Netzwerk:
unvermittelt herumzuwirbeln und sein Geschoss in die Dunkelheit zu schleudern.
    Tatsächlich kreischte etwas in der Finsternis auf; sie hörten schnelles Trappeln, als es sich entfernte. Eine kleine, Tungdil merkwürdig bekannt vorkommende Silhouette huschte durch den Einlass und flüchtete vor dem Zwerg, der bereits seine Beile gezogen hatte und sich auf einen Kampf vorbereitete.
    »Was mag das gewesen sein?«, fragte Tungdil. »Hast du etwas erkannt?«
    »Nein. Da es uns aber nicht angegriffen hat, kann es nichts Schlimmes gewesen sein«, lautete Boëndals Antwort, während sein Bruder mit enttäuschtem Gesicht zurückkehrte.
    »Es war kein Ork«, beschwerte er sich. »Irgendein Viech, das zu schnell rannte, um es zu erledigen.«
    »Wir sehen nach, was sich hinter den kleineren Portalen verbirgt, und kehren dann zurück«, beschloss Tungdil. »Das genügt für heute.«
    »Was soll da schon sein? Schienen vermutlich. Das weiß ich sogar«, erwiderte Boїndil mürrisch, weil sie auf keinen einzigen Widersacher gestoßen waren, an dem er seine Beile wetzen durfte.
    Tungdil legte den Hebel um, der neben der ersten Schiene aus dem Boden ragte, und tatsächlich schwangen die Flügeltüren auf. Dahinter gähnte ein schwarzes Loch, in das die Trasse hineinführte.
    »Ho, das wird ein Ritt«, meinte Ingrimmsch. »Schwärzer als im Hintern eines Trolls. Man sieht die Hand vor Augen kaum.«
    »Du siehst ebenso gut im Dunkeln wie ich«, entgegnete sein Bruder amüsiert, obwohl er einräumte, dass die Finsternis des Stollens selbst seine Augen auf eine harte Probe stellte. Mehr als zehn Schritte konnte er nicht voraussehen. »Die Langen brauchten Fackeln«, fügte er hinzu.
    »Die sollten wir auch mitnehmen und entzünden«, empfahl Tungdil, »sonst gewöhnen wir uns zu sehr an die Dunkelheit und sind geblendet, wenn uns unterwegs auch nur der geringste Lichtstrahl trifft. Eine Spalte im Gebirge reicht aus und wir sind unsere Sehkraft los.«
    Boїndil indes bewies Forscherdrang, indem er einige Schritte in den Tunnel hineinlief, während Tungdil die verstaubte Inschrift las, die neben der Röhre in die Wand gemeißelt war.
    »Das ist die Strecke ins Reich der Ersten«, übersetzte er laut für die anderen mit. Dabei formte sich ein Bild in seinem Kopf, wie es einst in der Halle zugegangen sein mochte.
    Auf diesen Schienen brachen sie zur Reise auf, und dort, wo die Holzwände am Ende stehen, kehrten die Loren von ihrer Fahrt zurück. Die mit Strohsäcken gepolsterten Barrikaden dienten sicherlich dazu, die Karren aufzuhalten, falls die Bremsen versagten.
    Grübelnd schritt er die Gleise ab, bis er am vierten Tor angelangte. »Schaut nur, hier geht es tatsächlich zum Stamm Lorimbur!«, rief er den beiden zu. Waren die Beziehungen früher einmal besser, oder welchen Grund gab es, eine eigene Verbindung zu den Dritten zu unterhalten?
    »Das war bestimmt, um Krieg gegen sie zu führen«, drang es hohl aus der Röhre, in der Ingrimmsch verschwunden war. »Hier ist es verflucht eng. Wenn die Karren drin sind, passt gerade mal ein Zwerg rechts und links neben die Trasse.«
    Tungdil ließ Boїndils Vermutung über einen Krieg gegen die Dritten unbeantwortet. »Komm, wir gehen«, drängte er ihn stattdessen, aus dem Tunnel zurückzukehren.
    »Ho, ich bin am Ende angekommen und hier … hier fällt der Weg fast senkrecht nach unten. Das dürfen wir Goїmgar keinesfalls erzählen, sonst wird er nicht einsteigen wollen.« Sein dunkles Lachen dröhnte dumpf zu ihnen herauf und wurde lauter, als er von seinem Erkundungsgang zurückkehrte. »Schaut mal, wie ich aussehe!« Er hing voller Spinnweben, die getrockneten Überreste von Insekten hatten sich in seinem Bart verfangen. Boëndal fischte die Fäden von seinem Kettenhemd und klaubte sich den Schmutz aus dem Bart.
    »So, wie du aussiehst, wohnen wohl doch noch andere Wesen unter dem Gebirge«, meinte Tungdil und betätigte die Vorrichtung, um den ersten Durchlass zu schließen.
    »Nichts, wovor man Angst haben müsste«, winkte Boїndil ab. »Und wenn die Spinnen größer als ein Zwergenkopf sind, gehören sie mir.«
    Sie stimmten in seine Heiterkeit mit ein. Dann löschten sie das Feuer unter dem Kessel, verriegelten das Tor mit dem Aufsagen der Verse und machten sich auf den Rückmarsch, der sie hunderte von Treppenstufen nach unten führte. Ohne die Sonne gelang es Tungdil nicht abzuschätzen, wie lange sie benötigten, um aus dem bewohnten in den verlassenen Teil des Zwergenreichs zu

Weitere Kostenlose Bücher