Die Zwerge
weitem, dass Swerd nicht reiten konnte. Er hopste entgegen den Bewegungen des Ponys auf dem Sattel auf und nieder, drückte mit seinen klauenartigen Fingern die Mütze fest auf den Schopf und überließ es dem Tier, den Weg zum vordersten Wall zu finden.
»Wenn er noch schneller galoppiert, entmannt er sich selbst«, schätzte Gandogar. »Wann wirst du ihn frei lassen?«, wollte er von seinem Mentor wissen.
»Wenn er genug für seine Tat gebüßt hat«, erwiderte Bislipur knapp. »Lasst uns weiterziehen.« Er drückte die Fersen in die weichen Flanken seines Ponys; gehorsam trabte es los.
Sie näherten sich der Festung Ogertod, die sie beide nur aus Erzählungen und von Zeichnungen her kannten.
Es mochten Jahrhunderte verstrichen sein, seitdem der Letzte aus dem Stamm Goїmdils bis ans andere Ende des Geborgenen Landes gereist war. Früher hatte sich ihr Volk in regelmäßigen Zyklen getroffen, um ihrem Gott Vraccas zu Ehren gemeinsam ein Fest zu feiern und dem Schmied zu danken, dass er sie erschaffen hatte, aber seit der Steinerne Torweg gegen die Orks, Oger und Albae gefallen war und die Clans des Fünften Stammes vernichtet worden waren, war der Zusammenhalt zerbrochen.
»Es wird höchste Zeit.« Gandogar hob seinen Hintern ein wenig an. Das Sitzfleisch schmerzte vom ewigen Geschaukel.
Keiner von ihnen konnte besonders gut reiten. Schweren Herzens hatten sich die Abgesandten auf die Ponys gesetzt; großen Pferden hätten sie als wahre Zwerge schon gar nicht getraut, und zudem sah es unwürdig aus, wenn man eine Trittleiter zum Aufsteigen benötigte.
Die Ablehnung saß tief. Zwei ihrer Begleiter verweigerten sich dem Reiten gänzlich und hatten sich kleine, wendige Streitwagen gebaut, die am Ende des Zuges rollten.
»Wir freuen uns alle auf das Ende der Reise«, sagte Bislipur knapp und spuckte Sand aus.
Der Anblick des eindrucksvollen Bollwerks aber entschädigte sie ein wenig für die Strapazen. Gandogars Augen schweiften über die kunstvollen Steinmetzarbeiten, welche die Mauern und Türme zierten; schon die Figuren, Verzierungen, Sockel und Säulen des ersten Walls versetzten ihn in Staunen. Wir mögen die besten Edelsteinschleifer sein, aber sie sind wahrlich die besten Steinmetzen.
Das Eingangstor schwang auf und erlaubte dem Tross, in den Hof der ersten Terrasse einzureiten. Swerd stand neben seinem Pony und wartete gehorsam, bis Bislipur ihn mit einer Geste an den Schluss der Gruppe schickte.
Ein Zwerg kam auf sie zu. Ihm sah man sein Alter tatsächlich an, er musste über dreihundert Zyklen alt sein. »Ich begrüße König Gandogar Silberbart vom Stamm des Vierten und sein Gefolge. Ich bin Balendilín Einarm vom Clan der Starkfinger, Berater unseres Großkönigs Gundrabur Weißhaupt vom Stamm des Zweiten. Seid willkommen.«
Seine gedrungene Gestalt steckte in einem Kettenhemd; der Gürtel, der seine Streitaxt hielt, wurde von einer aufwändig gearbeiteten steinernen Schnalle geschlossen. Mehrere Zierspangen aus dem gleichen Material hatte er in die Strähnen seines schwarzgrauen Bartes geflochten; ein langer Zopf baumelte auf seinem Rücken.
Er hob den Kopf. »Folgt mir, geschätzte Brüder. Ich zeige euch den Weg.«
Er wandte sich um und schritt die Steigung hinauf, die auf den Bergeingang zu führte. Dabei konnte jeder sehen, dass dem Berater der linke Arm fehlte.
Der König vermutete, dass er ihn im Kampf gegen die Ungeheuer eingebüßt hatte. Balendilín hatte einen sehr kräftigen Körperbau, was sicherlich durch die Arbeit mit den schweren Steinen kam. Die verbliebene schwielige Hand sah fast wie eine Bärentatze aus; Kraft strotzte aus jedem der fünf Finger und machte seinem Clan alle Ehre.
Als sie mehrere Tore passiert hatten und auf dem vierten Stufenbau angelangt waren, hielt Balendilín an. Nun sahen die Gäste, wie durchdacht die Befestigung errichtet worden war. Der Zwerg deutete auf den Eingang in das Bergmassiv. »Steigt nun ab und überlasst die Ponys unserer Obhut. Sie werden gut behandelt. Wir gehen gleich in die Ratshalle, denn ihr werdet ungeduldig erwartet.«
Balendilín setzte sich an die Spitze des Zuges und führte sie in den Stollen, in den ein großer Drache mit Leichtigkeit hineingepasst hätte. Die Arbeit der Steinmetzen aber raubte den Besuchern der Marmorhallen schier den Atem. Neuneckige graue Säulen von zehn Schritt Umfang und mehr wuchsen wie versteinerte Bäume in die Höhe. Der Raum war so hoch, dass man die Decke nicht sehen konnte; die Säulen ragten
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