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Die Zwerge

Die Zwerge

Titel: Die Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Dunst und schlüpfte zu ihm unter die Decke, wo es angenehm warm wurde. »Das erste Reich der Elben ist mein. Âlandur wird als Nächstes von mir in Besitz genommen, ohne dass ihr etwas dagegen ausrichten könnt. Meine Schutzmacht wird sich immer weiter nach Süden ausdehnen, doch die Zeit reicht nicht.«
    »Wenn du uns beschützen möchtest, warum nimmst du dir die Länder mit Gewalt?«, hielt Nudin dagegen.
    »Niemand, der Freiheit besitzt, gibt sie gern ab, auch wenn es nur einen Wimpernschlag im Gefüge der Geschichte währt. Könige, Völker, sie sind wie kleine Kinder, und ich bin die Mutter, die sie vor Schlimmem bewahren möchte.« Der Nebel formte wieder die Umrisse eines Gesichts. »Kinder verstehen nicht, warum eine Mutter sie hochhebt, um zu verhindern, dass ein Hund sie beißt. Sie wehren sich dagegen, bevormundet zu werden, strampeln und wollen spielen, obwohl der Hund nur darauf wartet, seine Fänge in sie zu schlagen. Sie wissen es nicht besser«, sagte er. »Erst nachdem die Mutter den Hund verjagt hat, lässt sie ihren Nachwuchs zurück auf die Erde und nach eigenem Willen entscheiden. Jahre später, wenn aus dem Kind ein Erwachsener geworden ist und er sich an jenen Tag erinnert, wird er verstehen, warum die Mutter so handelte, und wird froh über die auferzwungene Fürsorge sein, die ihm zuteil wurde.«
    Nudin leuchtete die Erklärung ein; er verdrängte die mahnende Stimme in seinem Innern, die ihn vor den samtenen, honigsüßen Worten warnte. »Warum erklärst du es den Mächtigen nicht, wie du es mir erklärt hast? Und warum hast du Orks, Albae und alle anderen widerlichen Kreaturen gewählt, vor denen sich die Menschen fürchten und denen die Elben und Zwerge mit abgrundtiefem Hass begegnen?«
    Der Nebel umgab ihn nun vollständig, hüllte ihn ein und raubte ihm die Sicht. Er fühlte sich von tausend Händen gestreichelt und liebkost. »Die Zeit läuft gegen das Geborgene Land, ich konnte mir die Verbündeten nicht lange aussuchen und nahm, was ich bekommen konnte. Meine Diener erzielen rasche Erfolge, und auf diese Weise kann ich deine Heimat schützen.«
    »Hast du diesem Schrecken schon öfter gegenübergestanden?«, fragte er schläfrig, abgelenkt.
    »Unzählige Male, aber bislang errang ich keinen Sieg gegen ihn. Das Grauen ist stark, schnell und wendig, und nur wenn der Vorsprung groß genug ist, gelingt die Rettung.« Die Liebkosungen wurden zärtlicher. »Gib mir eine Gestalt, Nudin. Lass mich in dich und erfahre ein Wissen, wie es kein Sterblicher jemals vor dir besaß. Zögere nicht länger«, wisperte es von allen Seiten. »Wenn wir den gemeinsamen Feind geschlagen haben, verlasse ich deinen Körper. Und du kannst mich jederzeit aus deinem Leib werfen, solltest du es wünschen.«
    »Woher weiß ich, dass dein Wissen so groß ist, wie du behauptest?«
    »Warte, ich zeige es dir.« Der Dunst verdichtete sich rings um seine Schläfen, das schwarze, silberne und rote Blitzen steigerte sich.
    Die Augen des Magus weiteten sich, als ihm die Seele des Toten Landes in seinem Traum einen Eindruck davon vermittelte, was bald alles ihm gehören könnte.
    Unbekannte Schriftzeichen schwebten vor ihm, er hörte fremde Sprachen und erkannte Teile von Zauberformeln, er sah die Bilder von schönen und erschreckenden Landschaften, die jenseits der Gebirge liegen mussten, Städte und Paläste, deren Konstruktion er niemals für möglich gehalten hätte.
    Sein neugieriger Verstand sog all die Eindrücke gierig auf, schrie nach mehr und bekam mehr. Die Bilderflut schien niemals enden zu wollen, und er schwamm darin, badete in Wissen und trank es, bis der Nebel dem ein Ende setzte.
    »Nein, mach weiter!«, forderte Nudin begehrlich.
    »Lässt du mich in dich einziehen?«
    »Ich …«
    Runen blitzten auf und verblassten, aus weiter Ferne hörte er das Echo von nie vernommenen Sprachen, eine Ebene von atemberaubender Schönheit verdunkelte sich und verschwamm, die turmhohen Stapel Bücher gerieten ins Wanken, die Einbände, welche die Formeln und Zaubersprüche verhießen, wurden brüchig und zerfielen zu Staub.
    »Willst du als Allwissender das Geborgene Land retten? Hilf der Mutter, das Kind vor dem reißenden Hund zu bewahren, Nudin«, flüsterte der Nebel und brach den letzten Widerstand des Magus.
    »Ja«, antwortete er heiser und starrte in den Nebel. »Ja, ich will dir beistehen.« Zusätzlich zu den Versprechungen war ihm ein weiterer Gedanke gekommen. Da die Macht in ihm lebte, so lautete seine

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