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Die Zwerge

Die Zwerge

Titel: Die Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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und bedauerte sehr, seinen Besucher enttäuschen zu müssen. Lustlos stocherte der Zwerg in dem Getreidebrei herum. Er schmeckte zwar gut, doch infolge der Nachricht war ihm der Appetit vergangen.
    Insgeheim klammerte Tungdil sich an die Hoffnung, dass der einfache Dörfler nicht imstande sei, eine Landkarte zu lesen; vermutlich war der Wirt in seinem ganzen Leben nicht weiter als zehn oder zwanzig Meilen von Gutenauen weg gewesen.
    Dummerweise fand er die Siedlung auch nicht auf seinem Plan eingezeichnet. Mit ein wenig Glück wusste einer der Söldner, wo sie zu finden war und wo der vermaledeite Berg lag.
    Die Boten des Magi-Rates hätten ihm bestimmt behilflich sein können, aber sie waren schon lange verschwunden, als er erwacht war. Sie hatten dem Wirt einige Goldmünzen gegeben, um für den Schaden am Fenster aufzukommen, und sich eilig auf den Weg zu Lot-Ionan gemacht. Den Pfeil hatten sie mitgenommen.
    Auch Tungdil wollte nicht länger warten. »Vraccas sei mit dir«, grüßte er den Wirt, warf sich sein Gepäck und den Sack mit den Artefakten über den Rücken und verließ die Herberge.
    Die Torwachen hatten gewechselt; die stoppelbärtigen, rauen Gesichter waren ihm fremd, aber seine Vorahnung trog ihn nicht: Die käuflichen Krieger hatten von seinem Ziel schon gehört und wussten vor allem, wo sich das Dorf ungefähr befand. Kurz nach Mittag brach er auf und folgte der schmalen Straße in Richtung Norden, wie es die Söldner ihm empfahlen.
    »Und wenn du Orks triffst, sag ihnen, wo sie die Schädel ihrer Freunde finden«, rief einer der Männer von den Palisaden herab und klopfte mit seinem Speer gegen das mückenumschwirrte, faulende Haupt eines Ungeheuers.
    Das Lachen der Söldner begleitete ihn noch eine Weile, während sein Weg an den Feldern vorbeiführte, die er am vergangenen Abend in weiter Entfernung gesehen hatte.
    Gutenauen machte seinem Namen alle Ehre. Tungdil konnte sich leicht vorstellen, wie sich die Ähren im Sommer im Wind wiegten, die reifen Äpfel im Herbst an den Bäumen hingen und die Menschen die Nüsse von den Sträuchern klaubten. Idoslân gefiel ihm, wenn man davon absah, dass es nicht unter der Erde lag, wo er sich wesentlich wohler gefühlt hätte.
    Glücklicherweise habe ich einen Weg unter meinen Füßen. Mit Unwohlsein dachte er daran, dass er sicherlich auch querfeldein laufen müsste. Wie schaffen es die Spitzohren, sich zwischen all dem Grün nicht zu verlaufen? Angeblich, so sagten ihm die Bücher, weilten die Elben tief in den Forsten und Hainen Âlandurs, um im Einklang mit der Natur, der Kunst und der Schönheit zu leben. Ihr Streben nach geistiger Vollendung hatte die eingebildeten Wesen jedoch nicht vor dem Besuch ihrer grausamen Verwandten, der Albae, bewahrt.
    Der Alb sah aus, wie ich mir einen Elben vorstelle, erinnerte Tungdil sich an die nächtliche Begegnung.
    Lesinteїl, das Reich der Elben im Norden, war schon vor langer Zeit gefallen. Zwei Drittel des elbischen Âlandur gehörten dem Toten Land, und die Spitzohren der Goldenen Ebene waren bereits Geschichte. Deren Land hörte nun auf den Namen Dsôn Balsur, von wo aus die Albae ihre Späher immer wieder in das Umland von Gauragar sandten.
    Der dortige Menschenkönig Bruron verfügte über nichts, was sie aufzuhalten vermochte. Gewöhnliche Soldaten standen den Albae in allen erdenklichen Fertigkeiten nach und starben im Falle eines Kampfes schneller, als sie begriffen, wen sie vor sich hatten.
    Tungdil überschlug die Strecke zwischen dem Stollen Lot-Ionans und dem südöstlichsten Zipfel Dsôn Balsurs und kam auf vierhundert Meilen; diese Entfernung war selbst für die Albae mehr als wagemutig.
    Es sei denn, das Tote Land ist in den letzten Monaten unbemerkt nach Süden vorgerückt und die Albae sind mit der unheimlichen Macht gewandert, dachte er. Das bedeutete eine Gefahr für das Zauberreich von Nudin dem Wissbegierigen und erklärte dem Zwerg, warum sich die Boten des Rates der Magi zu Lot-Ionan aufgemacht hatten.
    Während seines Marsches spähte Tungdil ständig umher, damit er auftauchende Orks auch nicht übersah und am Ende noch mitten in ihre Horde hineinliefe. Vor unübersichtlichen Wegbiegungen war er besonders aufmerksam und lauschte, ob er das Klirren von Kettenhemden und Waffen oder das schrille Grunzen der Unholde vernahm. Doch sowohl Kampf als auch Flucht vor einer Übermacht blieben ihm erspart. Vier Stunden nach Einbruch der Nacht erreichte er die bunt bemalten Grenzpfosten, die den

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