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Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Titel: Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justin Cronin
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das Labyrinth der Baracken, und ihre schlammverkrusteten Reifen schleuderten schmutzige Schneeklumpen hoch. Die Arbeiter, die aus den Gebäuden kamen und sich zum Morgenappell versammelten, sahen, wie sie vorbeifuhren; mit müden Gesichtern und müden Augen verfolgten sie die Wagen, die an ihnen vorüberflogen. Aber ihre Blicke waren kurz und verstohlen, denn es war besser, nicht hinzuschauen. Etwas Offizielles; mit mir hat es nichts zu tun. Zumindest hoffe ich das.
    Guilder betrachtete die Flachländer verachtungsvoll durch das Beifahrerfenster. Wie sehr er sie verabscheute. Nicht nur die Rebellen, die sich ihm entgegenstellten– nein, sie alle. Sie stapften durch ihr Leben wie das dumme Vieh, das auch immer nur bis zur nächsten Furche schaute, die gepflügt werden musste. Wieder ein Tag in der Molkerei, auf dem Feld, in der Biodieselfabrik. Wieder ein Tag in der Küche, in der Wäscherei, im Schweinestall.
    Aber heute war nicht irgendein Tag.
    Die Wagenkolonne hielt vor Baracke 16. Der Himmel im Osten hatte mittlerweile die gelblich graue Farbe von altem Plastik angenommen. Guilder sah Wilkes an. » Hier ist es?«
    Der Mann neben ihm nickte mit schmalen Lippen.
    Die Kols sprangen von den Wagen und gingen in Position. Guilder und Wilkes stiegen aus und traten vom Wagen weg. Vor ihnen, in fünfzehn gleichmäßig aufgestellten Reihen, standen dreihundert Flachländer fröstelnd in der Kälte. Zwei weitere Lastwagen rollten an und hielten am oberen Ende des Platzes. Ihre Ladeflächen waren mit schweren Planen verhängt.
    » Wozu sind die da?«, fragte Wilkes.
    » Als zusätzliche… Überredung.«
    Guilder trat auf den führenden HR -Officer zu und riss ihm das Megafon aus der Hand. Eine Rückkopplung kreischte, und dann dröhnte seine Stimme über den Platz.
    » Wer kann mir etwas von Bello erzählen?«
    Niemand antwortete.
    » Ich warne euch nur einmal. Wer kann mir etwas von Bello erzählen?«
    Wieder Schweigen.
    Guilder wandte sich an eine Frau in der ersten Reihe. Sie war weder jung noch alt, und ihr Gesicht war so eigenschaftslos, als sei es aus Teig geknetet. Sie hatte einen schmutzigen Schal um den Kopf geschlungen, den sie am Hals zusammenhielt. Ihre Finger steckten in fingerlosen, rußgeschwärzten Handschuhen.
    » Du. Wie heißt du?«
    Mit gesenktem Blick murmelte sie etwas in die Falten ihres Schals.
    » Ich kann dich nicht hören. Sprich lauter.«
    Sie räusperte sich und unterdrückte einen Hustenanfall. Ihre Stimme war ein schleimiges Rasseln. » Patricia.«
    » Wo arbeitest du?«
    » In der Weberei, Sir.«
    » Hast du eine Familie? Kinder?«
    Sie nickte matt.
    » Und? Was heißt das?«
    Ihre Knie zitterten, und alle Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen. » Eine Tochter und zwei Söhne.«
    » Und einen Mann?«
    » Gestorben, Sir. Letzten Winter.«
    » Mein Beileid. Tritt vor.«
    » Ich habe die Hymne gestern gesungen. Das waren die andern, ich schwöre.«
    » Und ich glaube dir, Patricia. Trotzdem. Gentlemen, können Sie ihr bitte behilflich sein?«
    Zwei Kols kamen heran und griffen der Frau unter die Arme. Sofort erschlaffte sie, als sei sie kurz davor, in Ohnmacht zu fallen. Halb trugen, halb schleiften sie sie heran und stießen sie auf die Knie. Sie gab keinen Laut von sich; ihre Unterwerfung war total.
    » Wer sind deine Kinder? Zeig sie mir.«
    » Bitte.« Sie weinte herzzerreißend. » Zwingen Sie mich nicht.«
    Einer der Kols hob den Schlagstock. » Dieser Mann wird dir das Hirn aus dem Schädel prügeln«, sagte Guilder.
    Sie schüttelte den gesenkten Kopf.
    » Also gut«, sagte Guilder.
    Der Schlagstock fuhr herab, und die Frau kippte vornüber in den Schlamm. Von links kam ein schriller Schrei.
    » Holt sie.«
    Ein halbwüchsiges Mädchen mit dem Gesicht ihrer Mutter. Sie fiel auf die Knie, weinend, zitternd, und der Rotz lief ihr aus der Nase. Guilder hob das Megafon.
    » Hat irgendjemand etwas zu sagen?«
    Schweigen. Guilder zog eine Pistole unter seinem Mantel hervor und schob den Schlitten zurück. » Minister Wilkes.« Er hielt ihm die Waffe entgegen. » Erweisen Sie mir bitte die Ehre?«
    » Mein Gott, Horace.« Wilkes war fassungslos. » Was wollen Sie hier beweisen?«
    » Ist das ein Problem?«
    » Wir haben Leute für so etwas. Das war nicht abgemacht.«
    » Was heißt abgemacht? Es gibt keine Abmachung. Abgemacht ist das, was ich sage.«
    Wilkes erstarrte. » Das will ich nicht.«
    » Sie wollen nicht, oder Sie können nicht?«
    » Was ist der Unterschied?«
    Guilder runzelte die

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