Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Titel: Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justin Cronin
Vom Netzwerk:
Stirn. » Es gibt praktisch keinen, wenn ich es mir überlege.« Er trat hinter das Mädchen, drückte ihr die Pistole an den Hinterkopf und schoss.
    » Guter Gott!«
    » Wissen Sie, was das größte Problem ist, wenn man nie alt wird?«, fragte Guilder seinen Stabschef und wischte den blutbespritzten Lauf mit einem Taschentuch sauber. » Darüber habe ich oft nachgedacht.«
    » Fuck you, Horace.«
    Er richtete die Pistole auf Wilkes’ farbloses Gesicht und zielte auf den Punkt zwischen seinen Augen. » Man vergisst, dass man sterben kann.«
    Und Guilder erschoss ihn.
    Eine Veränderung kam über die Menge. Ihre Angst verwandelte sich in etwas anderes. Ein Murmeln ging durch die Reihen, ein kalkulierendes Flüstern, die anschwellende Energie von Leuten, die wussten, dass sie nichts zu verlieren hatten. Die Sache war flotter gegangen, als Guilder es gern gehabt hätte– er hatte gehofft, er werde etwas Nützliches in Erfahrung bringen, ehe der Hammer fiele–, aber jetzt war der Würfel gefallen.
    » Macht die Wagen auf.«
    Die Planen wurden zurückgerissen. Ein vulkanisches Kreischen brach aus: Das Geheimnis war gelüftet. Guilder ging zügig zu seinem Wagen, stieg ein und befahl dem Fahrer loszufahren. Schlamm und schmutziger Schnee spritzten hinter ihnen auf, als das Orchester hinter ihnen seine tödliche Symphonie entfesselte– eine Melodie aus Schreien und Rufen, schrill und wild und voller Angst, durchbrochen vom synkopischen Rhythmus der Maschinengewehrsalven, der sich schließlich in vereinzeltem Knallen auflöste, als die Kols zwischen den gefallenen Gestalten umhergingen und die letzten zum Schweigen brachten.

56
    Iowa. Die Asche der Knochen.
    Ihr Tank war in der Nähe von Millersburg leer gewesen. Die Nacht hatten sie in einer Kirche ohne Dach zugebracht, und am nächsten Morgen waren sie zu Fuß weitergegangen. Noch siebzig Meilen, sagte Tifty, vielleicht ein bisschen mehr. Nach dem ersten hatten sie noch zwei weitere Knochenfelder gesehen, eine unvorstellbare Zahl von toten Virals. Tausende, vielleicht Millionen. Was hatte das zu bedeuten? Welcher Impuls hatte sie veranlasst, sich ins offene Gelände zu legen und darauf zu warten, dass die Sonne sie holte? Oder waren sie erst gestorben und dann hatte das Morgenlicht ihre Leichen zu Asche werden lassen? Selbst Michael, der Mann der Theorien, wusste darauf keine Antwort.
    Sie wanderten. Stapften durch den Schnee, der ihnen an manchen Stellen bis an die Knie reichte. Ihre Rationen waren dürftig, und sie sahen kein Wild. Sie verzehrten ihre letzten Vorräte– Streifen von Dörrfleisch mit Talg, die eine Fettschicht am Gaumen hinterließen. Der Boden war gefroren, die Luft erstarrt wie angehaltener Atem. Stundenlang spürten sie keinen Wind, und dann heulte er plötzlich los. Das Tageslicht verging im Handumdrehen. Sie trugen schwere Parkas mit pelzgefütterten Kapuzen, Wollmützen, die sie tief in die Stirn zogen, und Handschuhe mit abgeschnittenen Fingerspitzen für den Fall, dass sie ihre Waffen benutzen mussten, auch wenn Peter sich fragte, ob sie das wirklich schaffen würden. Noch nie war ihm so kalt gewesen. Er hatte nicht gewusst, dass solche Kälte existierte. Wie Tifty sich in dieser gottverlassenen Gegend orientieren konnte, wusste er nicht.
    Die achtzehnte Nacht verbrachten sie in einer Reparaturwerkstatt für Autos, in der wundersamerweise ein dickbäuchiger, gusseiserner Holzofen mit einer Specksteinplatte stand. Was konnten sie verbrennen? Als es dunkel wurde, kamen Michael und Hollis aus dem benachbarten Farmhaus zurück und brachten zwei Holzstühle und einen Armvoll Bücher mit. Die »Encyclop æ dia Britannica 1998«. Eine Schande, so etwas zu verbrennen. Es ging ihnen allen gegen den Strich, aber sie brauchten die Wärme: zwei weitere Ausflüge nach nebenan, und sie waren für die Nacht versorgt.
    Als sie erwachten, schien hell die Sonne– zum ersten Mal seit Tagen, doch die Temperatur war sogar noch weiter gesunken. Ein harter Nordwind rüttelte an den Ästen der Bäume. Sie gestatteten sich den Luxus, noch einmal ein Feuer anzuzünden, und dann kauerten sie sich um den Ofen und genossen den letzten Rest Wärme.
    » Wie… eine Mauser.«
    Das kam von Michael. Peter drehte sich zu seinem Freund um. » Was sagst du?«
    Michael fixierte die Glastür des Ofens. » Wie viele, glaubst du, lagen da auf dem Feld?«
    » Ich weiß es nicht.« Peter zuckte die Achseln. » Viele.«
    » Und sie sind alle gleichzeitig gestorben. Nehmen wir mal

Weitere Kostenlose Bücher